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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Wirklichkeit hasse ich es, die Zeit am Hof zu vertrödeln – ich kämpfe viel lieber.«
    Stephen und Geoffrey verließen die Burg.
    »Er ist noch jung«, meinte Stephen. »In ein paar Jahren wird er den Krieg ermüdend finden.«
    Geoffreys Miene verdüsterte sich. »Mir scheint, meine Schlachten haben eben erst begonnen.«
    Auf der offenen Fläche vor der Burg hielten sie an, ohne die Bediensteten, Ritter und Höflinge zu beachten, die um sie herum kamen und gingen.
    »Was ist passiert?«
    »Rufus forderte mich auf herzukommen, wie du weißt. Aber als ich dann hier war, ließ er mich drei Tage lang warten.« Geoffreys blaue Augen blitzten hart. »Es gefällt ihm, mit seinen Untertanen zu spielen; es gefällt ihm, seine Macht zu missbrauchen!«
    »Hast du dich schließlich mit ihm getroffen?«
    »Gerade war ich bei ihm.« Geoffrey blickte Stephen eindringlich an. »Er ist eine halbe Stunde lang über Erzbischof Anselm hergezogen. Es scheint, dass Rufus, nachdem er dem Tode nahe war und sich davon wieder erholte, nun plötzlich Streit mit ihm hat. Ich habe schon vermutet, dass Anselm ein Fanatiker ist, und was er diese Woche getan hat, bestätigt meinen Verdacht.«
    »Darf ich fragen, worüber sie streiten?«
    Geoffrey lachte bitter.
    »Sie streiten über einen kleinen Teil der Zeremonie für die Priesterweihe, einen Teil, den der König als sein Recht bezeichnet, den die Kirche natürlich für sich beansprucht.«
    »Und danach war er mit den Vorwürfen gegen Anselm fertig?«
    »Wie ich mir schon dachte, wollte er genau wissen, wie viele Ritter das Bistum der Krone schuldet.«
    »Hat er gesagt, warum?«
    »Nein, aber er deutete an, dass er seine Vasallen bald in Anspruch nehmen würde.« Geoffrey verzog das Gesicht. »Rufus hat mir gesagt, falls Anselm sich weigern sollte, die Ritter ins Feld zu schicken, erwarte er, dass ich es tue.«
    Stephen blickte Geoffrey betroffen an, während ihm langsam das wahre Ausmaß der prekären Lage seines Bruders klar wurde. Schließlich fragte er: »Sag mir, Geoff. Wem würdest du dich widersetzen? Deinem Erzbischof oder deinem König?«
    Geoffrey richtete die strahlend blauen Augen auf den fernen Horizont, als würde er eine Antwort von Gott erwarten. »Ich weiß es nicht.«
    Stephen schwieg. Er fühlte mit seinem Bruder, dessen Schlachten so groß und endlos waren wie seine eigenen. Geoffrey zögerte.
    »Stephen, er kann jetzt nicht einmal daran denken, in die Normandie zu gehen.«
    Stephen zuckte zusammen. Ein sehr fremdes Gefühl von Furcht überkam ihn und ließ ihn bis auf die Knochen frösteln.
    »Die Beziehungen zu seinem Bruder Robert sind im Moment friedlich. Ich habe das Gefühl, Bruder, dass Rufus trotz deiner Heirat mit der schottischen Prinzessin auf Verrat sinnt. Ich denke, er will vielleicht nach wie vor Carlisle einnehmen.« Geoffrey legte eine Hand auf Stephens Schulter. »Ich weiß, falls er das tun sollte, wird es für dich und Mary nicht leicht«, sagte er mitfühlend.
    Stephen war sprachlos. Die Worte seines Bruders waren eine krasse Untertreibung. Sollte Rufus seine Vasallen zusammenrufen, um gegen Carlisle zu ziehen, dann würde er Folge leisten müssen. Mary hasste ihn schon jetzt. Schon jetzt hatte seine Ehe kaum eine Chance, mehr zu werden als ein Burgfrieden, in dem unter der Oberfläche Feindseligkeit gärte. Wenn England auf Carlisle marschierte, dann würde jegliche Chance auf ein Glück mit Mary mit dem ersten Schwertstreich zerfallen.
    Mary wusste, dass sie nicht feige sein durfte. Rufus' offene Verachtung hatte sie überrascht. Nun, da ihr bekannt war, wie er zu ihr stand, und sie Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken, vermutete sie, es habe mit seiner Abneigung gegen ihren Vater und seiner Vorliebe für Knaben zu tun. Nun war sie gerüstet, und dieses Mal würde sie nicht als die Dumme erscheinen.
    Stephen holte sie ab, um sie zu einem späten Abendessen zu begleiten. Sie tauschten kaum Höflichkeiten aus. Kurz bevor sie den unteren Treppenabsatz erreichten, verließ Mary ein Teil ihres Muts. Sie hörte laute, betrunkene Männerstimmen und ordinäres Gelächter, und alles, was ihr je über die Dekadenz an Rufus' Hof zu Ohren gekommen war, kam ihr schlagartig wieder in den Sinn. Ausschweifungen und Gelage waren hier an der Tagesordnung. Mary fühlte sich entsetzlich alleingelassen.
    Sie merkte nicht, dass sie stehen geblieben war, und erschrak, als Stephen eine Hand an ihre Taille legte. Seinen suchenden Blick erwiderte sie nur kurz und wandte

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