Die Geliebte des Normannen
angefreundet habt, wenn Ihr loyal zu mir steht.« »Ich werde mich nie damit anfreunden, ich werde nie loyal sein!«
Stephen zuckte zusammen.
»Wie ich Euch hasse!«, schrie Mary und schluchzte erneut. »Lieber Gott, wir werden wirklich verheiratet!«
Stephen stutzte und fragte sich, ob sie nun tatsächlich verrückt wurde. »Natürlich werden wir wirklich verheiratet. Das wurde schon vor Tagen beschlossen.«
Sie stöhnte.
Er fühlte sich hilflos, denn er verstand überhaupt nicht, was in ihr vor sich ging.
»Ihr seid verwirrt. Wenn Ihr Euch beruhigt habt ...
Ihr wildes, von Tränen halb ersticktes Lachen unterbrach ihn.
»Natürlich bin ich verwirrt! Wollt Ihr mich dafür tadeln, Sir Normanne? Wie würde es Euch denn gefallen, hier eingesperrt zu werden?«
Er stand reglos, ausdruckslos da. Sie weinte leise, eine ganze Weile lang.
»Ihr seid keine Gefangene, Demoiselle«, sagte er endlich mit harschem Ton. »Ihr seid meine Braut und werdet bald meine Gemahlin sein.«
Er hatte es kaum gesagt, als sie das Gesicht in den Händen verbarg. Ihre Schultern bebten. Dieses Mal war ihr Schluchzen deutlich vernehmbar.
Offenbar steigerte sie sich bei dem Gedanken an die Heirat in diese Hysterie hinein. Er begriff nicht, weshalb diese Krise erst jetzt gekommen war und nicht schon früher, und konnte nur raten, dass die Demütigung ihrer Person vor dem König der Grund dafür war. Stephen stand unbeweglich da, von Schuld zerrissen. Schuld nicht nur wegen der Krise, die er bei ihr ausgelöst hatte, sondern auch, weil er sie gegen ihren Willen zu dieser Heirat zwang – eine Tatsache, die er nicht länger ignorieren konnte. Unterschied er sich überhaupt in irgendeiner Weise von William Rufus?
Nie in seinem Leben war er so entsetzt gewesen wie damals. Aber Rufus hatte ihm weder Ehrbarkeit noch Macht noch eine Heirat angeboten, erinnerte er sich. Rufus hatte ihn benutzen, missbrauchen wollen. Dennoch erschreckten ihn die Parallelen.
Aber er war hilflos, ein Gefangener seiner Lust und seines Ehrgeizes. Er konnte und wollte sie nicht freigeben.
»Ihr seid keine Gefangene«, wiederholte er, aber ob er damit sie oder sich selbst überzeugen wollte, wagte er sich nicht zu fragen. »Ihr werdet meine Gemahlin sein. Alles, was mir gehört, wird auch Euch gehören.«
Sie ließ die Hände sinken, ihr Gesicht war tränenüberströmt, ihre Augen funkelten vor Zorn.
»Ihr habt nichts, was ich haben möchte!«
Sie hatte ihn so gereizt, wie nur eine Frau einen Mann reizen konnte.
»Zwingt mich nicht zu beweisen, wie falsch Eure Behauptung ist.« Er beugte sich über sie. »Im Bett seid Ihr nicht so unwillig.«
Sie würgte.
»Nicht im Bett, nein. Ihr seid ein Teufel, der mich dort verhext hat. Ansonsten aber widersetze ich mich, das werdet Ihr nie vergessen können!«
Er konnte nicht von ihr ablassen, so sehr er es auch wollte; ihr Hass hielt ihn fest.
»Unwillig, treulos, das spielt kaum eine Rolle«, erklärte er düster. Es gab kein Zurück. »Wir werden heiraten, so wie es Euer Vater und ich geplant haben.«
»Sprecht nicht von Malcolm«, schrie sie.
Diese Bemerkung gab Stephen einen Hinweis auf den Grund ihrer unbegreiflichen Wut. Er war entsetzt.
»Mary, seid Ihr zornig auf Malcolm?«
»Ich hasse Euch!«, schrie sie.
Plötzlich stürzte sie auf ihn zu. Stephen fing sie ab und stolperte dabei rückwärts. Sie schlug mit den Fäusten auf ihn ein, er fiel auf das Bett und versuchte, sie trotz ihrer wilden Schläge zu umarmen. Wütend darüber, dass sie ihm nichts anhaben konnte, zerkratzte sie ihm das Gesicht. Stephen hatte keine andere Wahl, als sie auf das Bett zu werfen. Mary rollte sich zu einer Kugel zusammen und blieb stöhnend liegen.
Er vergaß die kleine Schramme. Wie konnte er nicht zu ihr gehen, trotz der Hassgefühle, die sie für ihn hegte? Er setzte sich neben sie, nahm sie in die Arme und strich ihr über das Haar, während sie sich an seiner Brust ausweinte. Wie konnte er sie trösten? Gott verdamme Malcolm Canmore und ihn!
Sobald Mary merkte, dass er sie festhielt, versteifte sie sich erst und sprang dann auf wie eine Furie.
»Ihr seid schuld!«
Abgesehen davon, dass er etwas zitterte, bewegte er sich nicht. Er wollte sich verteidigen, doch dann dachte er daran, dass er sie entführt und verführt hatte, und schwieg. Selbst wenn er es wagte, sich zu verteidigen, würde er damit nur noch mehr Schuld auf ihren Vater schieben, und das wollte er nicht.
Mary zeigte mit dem Finger auf ihn.
»Ihr habt
Weitere Kostenlose Bücher