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Die Geliebte des Piraten

Die Geliebte des Piraten

Titel: Die Geliebte des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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einen Nutzen davon haben, uns alle hängen zu sehen? Welcher Pirat könnte schon einfach so untertauchen oder einen Handel mit den Engländern schließen? Die meisten von uns würden sich doch in einem Gefängnis wiederfinden oder man würde ihnen den Prozess machen, auch wenn sie denen einen von uns auf dem Silbertablett serviert haben.«
    »Einige sind sogar Gouverneur geworden.«
    Roarke warf ihm einen irritierten Blick zu. »Morgan zählt nicht. Das war vor fast hundert Jahren, und er war unermesslich reich.« Roarke machte eine wegwerfende Geste. »Es ist alles nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts.«
    »Deine Überlegung scheint mir aber richtig zu sein.« Raiden schob das Fernrohr zusammen. »Was ist mit Perth? Er ist das neueste Mitglied der Crew.«
    »Und der Älteste, wie ich gesehen habe«. Roarke beobachtete den bärtigen Mann, der gerade mit einer Wendigkeit in das Takelwerk hinaufkletterte, die ihn überraschte. Aber andererseits würde Raiden auch keinen Seemann an Bord dulden, der seinen Pflichten nicht genügen würde.
    »Tu dir keinen Zwang an, wenn du sechs Männer befragen willst, die in der Arrestzelle sitzen.«
    Roarke beugte sich vor und stand vorsichtig auf, um seine Seite zu schonen. Als Raiden ihm helfend die Hand hinstreckte, bedachte der ihn mit einem Blick, der Raiden innehalten ließ. »Mir geht’s gut«, erklärte Roarke. Im nächsten Augenblick stöhnte er, als ein heftiger Schmerz seine Schulter durchzuckte.
    »Aber ich schulde dir etwas, Killgaren.«
    Roarkes lässiges Grinsen ließ seine strahlend weißen Zähne aufblitzen. »Tatsächlich? Dann werde ich darüber nachdenken müssen, was ich aus dir herausschlagen kann.«
    Zum ersten Mal in diesen Tagen lachte Raiden wieder. Er sah zu, wie Balthasar Roarke die Leiter herunterhalf. Dann glitt sein Blick zu Kahlid, und als ob dieser die Augen seines Kapitäns auf sich ruhen fühlte, warf der hoch gewachsene Maure einen kurzen Blick über die Schulter, ehe er die Stirn runzelte und wieder nach vorn auf die See schaute.
    Raiden ging auf dem Deck hin und her und schlug bei jedem Schritt das Fernrohr gegen seinen Oberschenkel. Er versuchte, sich auf die Situation zu konzentrieren, nicht auf seine Frau. Seine Frau. Du träumst, Mann, dachte er. Sie war noch verheiratet, und er wusste, dass Willa nicht in eine Affäre mit ihm einwilligen würde. Ihre Zurückhaltung war der Beweis dafür. Und er wollte nicht darüber nachdenken, wie sich Lord Eastwicks Tod am besten bewerkstelligen ließe, auch wenn die quälenden Gedanken ihn so peinigten, dass sie ihn dazu treiben könnten, den Mann zu töten.
    Aber nichts von alldem hätte für ihn eine Bedeutung ohne sie. Er wollte nur wieder in ihr Gesicht sehen können.
    »Kahlid, ruf die Männer zusammen.«
    Raiden wartete ungeduldig, bis die Mannschaft sich auf dem unteren Deck versammelt hatte, ehe er das Wort an sie richtete: »Ich werde Lady Eastwick suchen gehen. Diejenigen von euch, die mich nicht begleiten wollen, können an Bord eines der anderen Schiffe gehen. Aber ich werde sie suchen.«
    »Und wohin geht’s?«, rief jemand.
    »Nach Ceram und zu den Banda Inseln.«
    Erst herrschte tiefes Schweigen, dann setzte aufgeregtes Stimmengewirr ein. Einige wenige der Männer standen mit gesenktem Kopf da, während sie über ihre Möglichkeiten nachdachten.
    »Gibt’s eine Prise?«
    Raiden zögerte einen Augenblick. »Nur meine Dankbarkeit.« Die Männer murmelten mürrisch. »Ich werde wahrscheinlich alles hergeben müssen, was ich besitze, um sie zurückzubekommen.« Eine Pause, dann fügte er hinzu: »Natürlich könnten uns unterwegs Schiffe begegnen, die Gewürze geladen haben.« Er ließ die Worte verklingen und hoffte, diese Aussicht würde die Männer veranlassen, ihn zu begleiten. »Entscheidet euch.«
    Perth war der Erste, der sich zu Wort meldete. »Ich werde Euch begleiten, Cap’n.«
    Raiden sah ihn an und fragte sich, ob er in eine offene Falle lief.
    Dutzende anderer folgten seinem Beispiel, und einer knurrte: »Was bleibt uns schon anderes übrig?«, bevor auch der Rest der Mannschaft geschlossen zustimmte.
    Raiden nickte erfreut und hoffte, dass das Vertrauen, das er in diese Männer setzte, ihm nicht durch einen Dolchstoß in den Rücken vergolten werden würde.
     
    Roarke Killgaren lehnte sich gegen die Wand und atmete den Duft von Zimt und Kardamom, Ingwer und Muskat ein. Es war ein Fest für die Sinne – wäre der Gestank nicht gewesen, der von den Gefangenen ausging.

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