Die Geliebte des Piraten
nicht einmal fällig gewesen, ein Kind zur Welt bringen, das es wert wäre, mein Sohn zu sein. Alistars Magen zog sich zusammen, wenn er an dieses Kind dachte, an das leere Starren, an die Grunzlaute, die es anstelle von Worten ausstieß. Es war nur ein Glück, dass die Existenz des Jungen geheim gehalten worden war. Wenn er starb, würde niemand Fragen stellen. Und es würde auch keine Fragen geben, wenn an seiner Statt das Kind seiner Geliebten auftauchen würde. Da war Willa schon ein ganz anderes Problem. Er brauchte die Schiffe ihres Vaters, um seine Pläne zu verwirklichen, und sie wusste zu viel. Obwohl sie ihm nie gesagt hatte, was genau sie wusste, hatte sie eine ihn verhöhnende Selbstsicherheit gezeigt, die ihn selbst noch beunruhigt hatte, als sie in der dunklen Kerkerzelle gefangen gewesen war. Oder hatte sie die ganze Zeit gewusst, dass dieser Mann kommen und sie befreien würde?
Aber es war der Gedanke, dass irgendein Mann etwas hatte, dass ihm gehörte, was Alistar aus dem Sattel steigen ließ. Wenn er nicht einmal eine Unze Zuneigung von ihr bekam, dann sollte, bei Gott, auch dieser Pirat nichts kriegen. Und Willa würde dafür bezahlen, dass sie ihn auf diese Weise gedemütigt hatte.
Alistar ging mit weit ausholenden Schritten über den Strand, die geladene Pistole im Anschlag.
Augenblicklich stieß Raiden Willa hinter sich, hob seine Waffe und zielte auf Eastwicks Brust. »Keinen Schritt weiter, Eure Lordschaft.«
Alistar blieb stehen, der Ausdruck in den Augen des Mannes zeugte von tödlicher Entschlossenheit. »Willa, komm sofort zu mir.«
Willa bewegte sich nicht. Sie konnte es nicht, denn sie fühlte sich, als hinge ihr ganzes Leben, ihre ganze Zukunft von der Entscheidung zwischen diesen beiden Waffen ab.
»Sie wird mit Euch nirgendwohin gehen.«
»Ihr fordert mich heraus?« Alistar lachte spöttisch, doch ihm war bewusst, welche Geschichten man sich über diesen Mann und seine Art zu kämpfen erzählte.
»Es wird mir ein Vergnügen sein.«
Alistars Blick glitt zu Willa. »Ich hätte wissen müssen, dass du einen so vulgären Menschen mir vorziehen würdest.«
Voller Abscheu musterte sie ihren Mann von oben bis unten. »Vornehmheit macht noch lange keinen Gentleman, Alistar. Du beweist das … ständig.«
Alistars Gesicht verhärtete sich, seine Lippen waren zu einem blutleeren Weiß zusammengepresst. Er richtete das Augenmerk auf seinen Rivalen. »Schwert oder Pistole, Pirat?« Er würde sich eine Grafschaft damit verdienen, wenn er den Schwarzen Engel tötete. »Ich werde Euren Kopf auf einer Lanze auf der London Bridge sehen.«
Raiden schnippte mit den Fingern. »Kommt her und versucht es.«
»Raiden, tu es nicht.«
»Es ist Zeit, dass er bezahlt.« Den Blick auf Eastwick gerichtet, sagte er: »Schwerter, Eure Lordschaft? Das würde mich reizen.« Er nickte Perth zu. »Gebt ihm eines.«
Perth gab ihm seine eigene Waffe und schnappte sich Eastwicks Pistole, als dieser Anstalten machte, sie zu behalten. Alistar wartete nicht, bis Raiden sein Schwert gezogen hatte. Er stieß Perth zur Seite und griff seinen Gegner an. Die Schwertspitze ritzte Raidens Schulter.
Raiden sah gleichmütig auf den Schnitt und dann auf Alistar, der, wie er zufrieden bemerkte, blass geworden war. »Der erste Treffer«, sagte Raiden. »Wie zuvorkommend von seiner Lordschaft.«
»Und ich werde noch welche hinzufügen!« Alistar ließ sein Schwert durch die Luft peitschen.
Raiden reagierte blitzschnell. Klirrend schlug sein schwarzer Entersäbel gegen die Waffe von Eastwick, der trotz seiner eleganten Kampftechnik Raidens Erfahrenheit nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatte.
Ebenso wenig wie er Raidens Kraft standhalten konnte. Alistar war chancenlos, doch er schien es nicht zu merken. Seine Augen glänzten vor Zorn, und Willas Herz klopfte zum Zerspringen, als die beiden miteinander kämpften. Alistars Schläge und Stöße verfehlten ihr Ziel, während Raiden ihn mit jedem Hieb rückwärts taumeln ließ und über den Strand trieb. Ein Schlag zerfetzte Alistars Mantel, verletzte Alistar aber nicht. Jeder rasche unbarmherzige Schlag brachte Eastwick stärker außer Atem. Dennoch kämpfte er so verbissen weiter, dass Willa sich zu fragen begann, was ihn wirklich dazu antrieb.
Metall prallte aufeinander. Klingen kreuzten sich und glitten aneinander ab, Heft verkantete sich in Heft. Zwei Männer starrten sich an, jeder kämpfte aus einem anderen Grund. Der eine war durch ein Ehegelübde an Willa
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