Die Geliebte des Piraten
empfunden hatte. Es war offensichtlich, dass Raiden lange über die Konstruktion des Hauses nachgedacht hatte, denn die Durchgänge und Fenster waren so angeordnet, dass sie die kühle Brise, die der Ozean herantrug, ungehindert zur Rückseite des Hauses durchließen, und die meisten der Haupträume hatten Wände aus Gitterwerk, um die Luft am Zirkulieren zu halten. Doch ihr Lieblingsplatz war der Hof in der Mitte des Hauses und der mit purpurfarbenen und hellblauen Fischen besetzte Brunnen. Es war auch Masons Lieblingsplatz.
Aber vielleicht ist sein liebster Ort doch der Strand, überlegte sie, als er zurückgelaufen kam, sich auf die Knie fallen ließ, und Seegras und kleine Stöcke in den Sand steckte. Sie studierte seinen Nachbau von Raidens Haus, und ihr Herz machte einen Sprung. Das Detail, das er hinzugefügt hatte, war bemerkenswert – die Zinnen, die steinerne Veranda, die er mit einem Stück Borke überdacht hatte, die breite geschwungene Eingangstreppe. Himmel, er hatte sogar die Kanonen und die Pyramiden der Kanonenkugeln am richtigen Ort platziert. Mason mochte in eine eigene stille Welt eingeschlossen sein, aber ihm entging nichts.
Er hantierte mit einer Hand voll Zweigen, drei davon steckte er in der Nähe der Sandtreppe in den Sand, die drei unterschieden sich in ihrer Länge.
Willa zog ganz leicht die Augenbraue hoch. »Was ist das dort?«
Er stieß einen unartikulierten Laut aus, fuhr jedoch fort zu spielen.
»Mason«, sagte sie bestimmt. »Sieh mich an.«
Er gehorchte.
»Es gibt keine Bäume am Strand.«
Er deutete auf den kleinsten Stock und tippte sich an die Brust.
»Oh«, sagte sie. »Das bist du.«
Er lächelte nachsichtig.
»Und ich bin das da?«, fragte sie.
Er legte den Kopf auf die Seite und nickte. Es entzückte Willa zu sehen, dass seine Antworten dieses Mal aus mehr als nur einem Ton oder einem leeren Blick bestanden.
»Und wer ist das dort?« Sie wies auf den breiten, hohen Stock.
Mason hob den Kopf und schaute an ihr vorbei, noch ehe sie sich umwandte, wusste sie, dass es Raiden war.
Raiden warf ihr ein kurzes Lächeln zu. »Ich glaube, das bin ich«, sagte er hoffnungsvoll und schaute Mason an, während er auf eine Antwort wartete. Das Junge nickte, kaum merklich und sehr scheu, und sah Raiden verstohlen an. Raiden kniete sich in den Sand und betrachtete das Sandhaus eingehend und von allen Seiten.
Mason ließ kein Auge von ihm, während seine sandigen Finger den Löffel rieben, den er festhielt. Willas Herz schlug heftig, als sie die Erwartung in den Augen ihres Sohnes sah.
»Außergewöhnlich«, lobte Raiden. Seine Stimme klang voller Anerkennung. Er sah Mason an. »Ein ausgezeichnete Arbeit, Sohn. Aber achte auf die Flut.«
Mason fuhr herum, ein gedämpfter Laut kam von seinen Lippen, als er die Wellen näher und näher heranrollen sah. Mit Windeseile grub er einen Graben, der Sand flog nach hinten weg, als wäre er ein junger Hund, der seinen ersten Knochen vergrub.
»Es tut mir Leid, dass ich das gesagt habt«, bedauerte Raiden.
Willa lachte und rief Mason zu, dass sie immer wieder ein neues Haus bauen könnten, aber wie gewöhnlich ließ der Junge nichts an sich heran, widmete sich nur der Aufgabe, mit der er gerade beschäftigt war.
Sie wandte ihren Blick zu Raiden. Als er ihr beim Aufstehen half, beugte er sich unter den Rand ihres Hutes und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. Willa sank in seinen Kuss, gab sich ihm hin, und Raiden stahl mehr, zog sie fest an sich und nahm ihren Mund mit all der Leidenschaft in Besitz, die er seit jener Nacht im Dschungel unterdrückt hatte. Ihr Strohhut fiel in den Sand.
»Ich habe dich vermisst«, murmelte er an ihren Lippen, »ich habe es vermisst, dich nackt in meinen Armen zu halten, deinen Körper zu berühren, deine Leidenschaft zu spüren.« Die Erinnerung an ihr Zusammensein erregte ihn ebenso wie ihr Kuss. »Dich bei den Mahlzeiten zu sehen, regt meinen Appetit nur noch mehr an, denn ich verspüre Hunger auf etwas ganz anders.«
Willa spürte, wie seine Worte die Lust in ihr anfachten, und sie stöhnte leise. »Ich auch. Aber vergib mir, Lieber, Mason schläft noch immer nicht gut.« Atemlos zog sie sich von ihm zurück. Nachdem Mason die erste Erschöpfung überwunden hatte, hatten die Alpträume begonnen. Das Einzige, das ihn zum Schlafen brachte, war, ihn in den Armen zu halten. Willa würde ihr Kind mit Freuden so lange im Arm halten, wie Mason danach verlangte, aber nichts schien ihm die Angst nehmen zu
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