Die Geliebte des Prinzen
sagten doch, wir würden Ende des Jahres über eine Gehaltserhöhung oder einen Bonus reden. Ich sitze ganz schön in der Klemme, Alan …“
„Sorry, meine Liebe.“ Er hob bedauernd die Hände. „Das müssen wir leider verschieben, sonst komme ich zu spät zu meiner Verabredung mit Francesca.“
„Aber Alan …“
„Wir reden morgen darüber. Versprochen.“ Er ergriff ihre Hand, doch es prickelte nicht wie bei Maxim. Alans Hand war einfach nur warm und weich. „In der Zwischenzeit möchte ich Sie bitten, etwas für mich zu erledigen. Eine winzige Kleinigkeit“, sagte er treuherzig. „Bitte helfen Sie mir bei meiner Hochzeit.“
„Wie bitte?“
„Francesca findet keinen passenden Termin, also dachte ich, wir verzichten einfach ganz auf die Feierlichkeiten und heiraten heimlich. Und da kommen Sie ins Spiel.“ Er bedachte Grace mit einem strahlenden Lächeln. „Ich möchte am Weihnachtsabend mit Francesca nach Schottland verschwinden. Dort lassen wir uns trauen und fliegen dann weiter in die Flitterwochen nach Barbados. Seien Sie so gut und arrangieren Sie alles.“
Grace musterte ihn schweigend. Ihm war offenbar nicht klar, was er da von ihr verlangte. Wie konnte er nur! Für ihn war der Kuss am Halloween-Abend nichts Besonderes gewesen, für sie aber der lang ersehnte Höhepunkt nach Jahren vergeblichen Hoffens. Vielleicht war der Kuss ja deshalb nicht so berauschend ausgefallen, wie sie es sich erträumt hatte. Nicht halb so berauschend jedenfalls wie der Handkuss, mit dem Prinz Maxim sich vor einer Stunde von ihr verabschiedet hatte.
Entschlossen, den russischen Prinzen aus ihren Gedanken zu verbannen, wandte sie sich wieder Alan zu. „Sind Sie sicher, dass diese Nacht-und-Nebel-Aktion eine gute Idee ist? Vielleicht würde Ihre Braut gern selbst entscheiden, ob …“
„Es ist ein genialer Plan“, unterbrach er sie gereizt.
„Wie Sie meinen.“ Jetzt erst fiel ihr auf, dass sie immer noch die Einkaufstüte von Leighton in der Hand hielt. „Hier, das Geschenk für Ihre Verlobte.“
„Danke.“ Er nahm seinen Mantel von der Garderobe und klemmte sich die Tüte unter den Arm. An der Tür drehte er sich noch einmal um und zwinkerte Grace zu. „Dieses kleine Etwas brauche ich heute Abend, um den Handel perfekt zu machen. Zu Weihnachten bekommt Francesca von mir etwas viel Besseres. Sie kümmern sich um die Reisevorbereitungen, ja?“
Niedergeschlagen schloss Grace die Haustür hinter ihm ab. Es war schlimm genug, ein Geschenk für seine Verlobte kaufen zu müssen. Seine Blitzhochzeit zu planen würde noch tausendmal schlimmer sein.
Sie hatte nicht erwartet, dass es so wehtun würde. Vielleicht weil sie den Nachmittag mit Prinz Maxim verbracht hatte. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte sie die volle Aufmerksamkeit eines Mannes genossen, seine sanften Berührungen, seine zuvorkommende Art. Es hatte etwas in ihr zum Erblühen gebracht. Etwas, das gesehen und berührt werden wollte. Sie hatte sich so gut dabei gefühlt, so lebendig.
Jetzt aber war sie wie betäubt.
Sie ging die Treppe hinunter in ihr Souterrain-Apartment. Leise schloss sie die Tür hinter sich, streifte die nassen Sachen ab und zog ein altes T-Shirt und ihre Schlafanzughose an. Dann wärmte sie die von gestern übrig gebliebenen Reste eines Thai-Menüs in der Mikrowelle auf, holte sich eine Diät-Cola aus dem Kühlschrank und schaltete den Fernsehapparat an. Mit dem Laptop auf dem Schoß ließ sie sich auf die Couch fallen, um Alans Reisebuchungen für den Weihnachtsabend vorzunehmen. Es waren nur noch zwei Wochen bis dahin.
Doch sie konnte sich weder auf die Arbeit noch auf das Fernsehprogramm konzentrieren. Traurig wickelte sie sich in die bunte Steppdecke, die ihre Mutter ihr genäht hatte, als sie noch ein Kind war, und blickte düster vor sich hin.
Er hatte wirklich vor, Lady Francesca Danvers zu heiraten. Diese gerissene, superschlanke, heiß begehrte Tochter aus reichem Hause, die sich jede Eskapade erlauben konnte. Weil sie so schön war, dass die Männer ihr alles verziehen.
Während sie, Grace, eine jämmerliche Versagerin war. Sie konnte ihren Chef nicht einmal dazu bringen, ihr einen Moment lang zuzuhören. Und das, obwohl die Existenz ihrer Familie davon abhing, dass Alan ihr diesen Vorschuss gewährte!
Tränen rollten über ihre Wangen und tropften auf die alte, verblichene Decke. Warum hatte sie erst heute Morgen erfahren, dass das Geld von der Lebensversicherung ihres Vaters aufgebraucht war? Warum
Weitere Kostenlose Bücher