Die Geliebte des Prinzen
Jazz und Soul, zu den ergreifenden Klängen des Saxofons, bis Maxim sie in eine verschwiegene Ecke zog, weit weg von den anderen.
Hier, allein mit ihr im Halbdunkel, schob er sie an die Wand und küsste sie. Küsste zärtlich ihre Schläfe, ihr Wange, ihre Halsbeuge, knabberte spielerisch an ihrem Ohrläppchen. Grace war atemlos vor Verlangen. Sie wollte mehr.
Und endlich küsste er sie wieder auf den Mund, so heiß, innig und verführerisch, dass sie alles andere vergaß. Selbst Alan. Und erst recht ihren Vorsatz, ihrem Chef die Treue zu halten.
„Grace“, flüsterte Maxim zwischen zwei Küssen, „es ist Zeit zu gehen.“
„Jetzt schon?“, hauchte sie enttäuscht.
„Es ist nach Mitternacht.“
„Oh.“ Es war genau wie im Märchen von Aschenputtel. Ihre Zeit war abgelaufen. „Ja, ich habe morgen einen langen Tag vor mir“, stimmte sie zu.
„Du musst müde sein.“ Er zog sie so fest an seine breite Brust, dass sie spürte, wie sein Herz schlug. „Ich nehme dich mit in mein Hotel.“
Ihr Puls ging schneller.
„Komm mit mir“, flüsterte er. „Ich kann nicht länger warten. Ich will dich.“
Sie atmete scharf ein, hob den Kopf und sah Maxim an. Und wieder nahmen seine schönen grauen Augen sie gefangen, entführten sie in eine Märchenwelt, in der die Regeln der Vernunft nicht galten. Herausgerissen aus ihrem meist tristen Alltag, war Grace plötzlich eine Prinzessin im Seidenkleid mit Diamanten im Haar, die sich nach einem schönen Prinzen verzehrte. Und dieser Traumprinz lockte sie mit zärtlichem Blick, sich ihren geheimsten Wünschen und Sehnsüchten hinzugeben.
Er sieht so hinreißend gut aus, dachte sie verträumt. Männlich und verwegen wie ein Held aus früheren Zeiten. Ein dunkler Zar aus dem Mittelalter.
„Kannst du gehen“, fragte er, „oder soll ich dich tragen?“
Gehen? Sie hatte weiche Knie, ob vom Champagner oder vor Aufregung, wusste sie selbst nicht. Ihr Blick fiel auf die billigen alten Silberpumps an ihren Füßen, die sie im Ausverkauf in Los Angeles erstanden hatte. Ein ernüchternder Anblick, der den Zauber beinahe zerstörte.
Während er sich von Daria und ihren Gästen verabschiedete, hatte Grace nur Augen für ihn. Maxim wollte sie mit in sein Hotel nehmen. Konnte sie ihm widerstehen?
Wollte sie es überhaupt noch?
Fürsorglich half er ihr in den Mantel und knöpfte ihn zu. Jede seiner Berührungen löste eine kleine Schockwelle in ihr aus.
„Schwörst du“, fragte sie mit bebender Stimme, als sie im Aufzug nach unten fuhren, „dass du mich nicht nur verführen willst, um dich an Alan zu rächen?“
Er legte die Hände auf ihre Schultern und sah sie an. „Ich schwöre es.“
„Bei deiner Ehre?“
Sein Blick schweifte kurz ab. Seine Züge verhärteten sich. „Ja“, erwiderte er knapp.
Grace atmete erleichtert auf. Sie glaubte ihm. Er war ein Prinz, er würde ihr nicht ins Gesicht lügen.
„Aber warum ich?“, fragte sie. „Warum bist du ausgerechnet zu mir so nett?“
„Sag nie wieder, ich sei nett. Du könntest es bereuen.“ Mit zornfunkelndem Blick stürmte er durch das Foyer hinaus auf die Straße und zog sie hinter sich her. „Ich bin egoistisch. Selbstsüchtig. Ich nehme mir, was ich will. Jeder Mann fände dich begehrenswert, Grace. Jeder hätte dich gern in seinem Bett.“
„Alan nicht“, bemerkte sie bitter, obwohl sie es sofort bereute.
„Alan Barrington ist ein Trottel.“ Maxim blieb stehen, ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen. „Er hat seine Chance verspielt. Jetzt gehörst du mir.“
Er schob die Hand in ihren Mantelärmel und streichelte sanft ihren nackten Arm. „Grace“, sagte er rau, „lass mich dir zeigen, wie egoistisch ich sein kann.“
6. KAPITEL
Die Wahrheit war in Maxims Augen ein dehnbarer Begriff, dessen großzügige Auslegung ihm geholfen hatte, aus dem Nichts ein Imperium aufzubauen. Als Teenager hatte er Investoren gewonnen, indem er vorgab, bereits welche zu haben. Konkurrenten schlug er aus dem Feld, indem er ihnen vorgaukelte, laufende Verhandlungen seien bereits abgeschlossen. Und oft genug hatte er Waren billig ein- und teuer wieder verkauft, weil er einfach besser informiert war als andere und keine Skrupel hatte, diese Informationen für sich zu behalten.
Er sah es nicht als seine Aufgabe an, anderen die Wahrheit auf einem Silbertablett zu präsentieren, wenn er sich damit selbst schadete. Seine eigenen Interessen hatten immer Vorrang, und er ging davon aus, dass seine Mitmenschen es
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