Die Geliebte des Rebellen
seine Schmerzen zu vergessen, denn ein Lächeln erhellte seine Züge. “Ach ja, mein … Engel.” Doch schon überwältigten ihn die körperlichen Qualen wieder, und er ließ den Kopf kraftlos in die Kissen sinken. Mit äußerster Anstrengung stieß er eindringlich hervor: “Waffen … werden gebraucht …”
AnnaClaire durchquerte den Raum und holte das Schwert, das in einer Ecke lag. “Hier ist Euer Schwert”, erklärte sie und legte es neben Rory auf das Bett. Dabei fiel ihr der kunstvoll gearbeitete, mit Edelsteinen besetzte Griff auf.
Doch Rory war noch nicht zufrieden. “Mehr … mehr Waffen.”
AnnaClaire durchsuchte seine Sachen und fand tatsächlich noch zwei Messer. Erschüttert sah sie, wie er je eines so zu seinen Seiten platzierte, dass er sie gleichzeitig mit den Händen ergreifen konnte. Erst jetzt gab er seiner Erschöpfung nach und schloss aufatmend die Augen.
Danach also hatte er gesucht und war dabei zu Boden gestürzt. AnnaClaire vermutete, dass er bis zu seinem Tod ein Kämpfer bleiben würde.
“Ich verlasse Euch jetzt”, flüsterte sie.
“Nein, bleibt.”
AnnaClaire hockte sich hin, um mit ihm auf einer Höhe zu sein. “Warum? Habt Ihr Angst?”
“Vor dem Tod? Nein, ich heiße ihn sogar willkommen. Aber, bitte, bleibt als mein Engel bei mir, wenn ich diese Welt verlasse.”
“Ihr werdet nicht sterben, Rory O’Neil”, widersprach sie heftig. Gleichzeitig überfiel sie kaltes Entsetzen bei dem Gedanken daran, dass Rory die Nacht womöglich nicht überleben würde.
“Warum seid Ihr dann hier?”
Sacht berührte AnnaClaire seine Lippen mit den Fingern, um ihn zum Schweigen zu bringen. “Keine weiteren Fragen mehr. Ihr müsst schlafen, um wieder gesund zu werden.”
Ehe sie die Hand fortziehen konnte, hatte Rory sie an den Mund gepresst. Das Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut rief in AnnaClaire einen solchen Gefühlssturm hervor, dass sie Rory wortlos und mit klopfendem Herzen ansah.
“Bleibt … nur noch eine kleine Weile.”
Sie hätte Rory jede Bitte erfüllt, solange er sie nur weiterhin berührte.
“Einverstanden”, stimmte AnnaClaire zu, entzog ihm widerstrebend die Hand und strich die Decken glatt, wie sie es bei Bridget gesehen hatte. Dann setzte sie sich in einen Korbstuhl neben dem Bett. “Aber nur noch ein Weilchen.”
Sie beobachtete, wie sich Rorys Brustkorb unter den unregelmäßigen Atemzügen hob und senkte. Im Stillen sprach sie inständige Gebete, Rory möge am Leben bleiben, und schlief darüber ein.
Das Opium hatte in seiner Wirkung nachgelassen, und Rory fühlte einen brennenden Schmerz, der von seiner Schulter ausging, sich über den Rücken ausbreitete und bis in Zehen- und Fingerspitzen reichte.
Da sogar die geringste Bewegung die Qual steigerte, zwang er sich, völlig still zu liegen. Er spürte unangenehmen kalten Schweiß auf Stirn und Oberlippe, war aber zu schwach, um auch nur eine Hand zu heben.
Ihm war so, als könnte er über seinem eigenen stoßweisen Atem ein weiteres Geräusch erkennen. Es war sanft und rhythmisch, wie das Flüstern eines Engels.
Unvermittelt riss er die Augen auf, und seinem verschwommenen Blick offenbarte sich ein wunderbares Bild. Vor ihm saß auf einem geflochtenen Stuhl eine schlafende Frau. Sie hatte die Füße hochgezogen und das Kinn auf die verschränkten Hände gelegt. Das goldblonde Haar fiel ihr in Locken bis auf die Schultern.
Rory hatte geglaubt, von ihrer Existenz nur geträumt zu haben. Um sich zu vergewissern, dass sie keine Fantasiegestalt war, streckte er eine Hand aus und berührte eine Strähne ihres Haars. Den scharfen Schmerz in seiner Schulter ignorierte er.
Im Schlaf bewegte sie sich ein wenig, hob dann den Kopf und öffnete die Augen. Einen Moment schaute sie verwirrt um sich, dann setzte die Erinnerung ein, und hastig sprang AnnaClaire auf. “Rory O’Neil, Ihr lebt! Wie fühlt Ihr Euch?”
“Als ob ich von mehreren englischen Schwertern durchbohrt worden wäre.”
Sie ging zu einem kleinen Tisch an der Wand. “Ich kann Euch etwas gegen die Schmerzen geben.”
“Ja, gern. Aber einen Moment möchte ich mir noch einen klaren Kopf bewahren. Ich muss wissen, wo ich überhaupt bin.” Er ließ den Blick durch die Kammer mit den Deckenbalken gleiten, sah den gemauerten Schornstein und die brennende Kerze in einer Halterung. Durch eine winzige Öffnung in der Wand drang etwas Licht von draußen herein. Anscheinend dämmerte der Morgen bereits.
“Ihr seid auf dem Dachboden von
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