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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Duncker
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Gedanken. Des einen großes, gütiges Herz aber, das sie trotz aller mädchenhaften Scheu mit einer Hingabe ohnegleichen liebte, dem sie die Welt, der ihr der Himmel war, musste sie kränken — verschmähen!
    Niemals noch in ihrem ganzen jungen Leben hatte Louise gelitten, wie sie in dieser Stunde litt. Niemals hatte sie geahnt, dass es so bitteres Leiden gäbe! Süß dünkten ihr die Schmerzen der Kindheit gegen diesen überwältigenden Gram. Könnte sie sie noch einmal ausweinen, diese Kinderschmerzen, an dem zärtlichen Mutterherzen, das ihr einst ganz gehörte, ehe es einen Herrn von Saint-Remi für die Mutter gab!
    Was waren ihr in jenen glücklichen Kindertagen Krankheit, Armut, Entbehrungen gewesen? Was das Schmerzenslager, auf dem sie, infolge eines unvorsichtigen Sprunges, mit zerbrochenem Fuß durch Monate hatte reglos liegen müssen und doch nie ganz genesen war!
    Damals hatte die Mutter tröstend an ihrem Bett gesessen, ihr vorgelesen und Geschichten erzählt. Da war François zum Besuch aus der Militärschule gekommen, da hatte Bragelonne, ein schöner schwarzlockiger Knabe, ihr die herrlichsten Blumen und Früchte aus seines Vaters Garten gebracht und ihr zum ersten Mal schüchtern seine Liebe gestanden.
    Ach, hätte sie auf Bragelonne gehört! Wäre sie niemals an den Hof gegangen! Hätte sie nie des Königs Angesicht gesehen! Hätte sie Bragelonnes Werbung angenommen! Wo war er? Warum kam er nicht, sie aufzurichten in ihrem verzweifelten Schmerz?
    Drüben auf der ebenen Bahn hatten die Hämmer aufgehört, gegen die Kugeln zu schlagen. Das Mailspiel schien zu Ende. Die Stimmen verloren sich gegen das andere Ende des Schlossparks zu.
    Louise trocknete die Augen und strich glättend über das wirr gewordene Haar. Sie wollte sich gerade erheben, um ins Schloss zu gehen und die Toilette für das Diner zu wechseln, als ein Schatten von dem Eingang der Laube her über sie hinfiel.
    Einen Augenblick packte sie tödlicher Schrecken.
    Wenn es der König wäre! Wenn er käme, ihr Vorwürfe zu machen, sie aufs Neue zu bestürmen! Niemand wusste besser als Louise selbst, wie schwach ihr Herz diesem Mann gegenüber war.
    Sie traute sich nicht die Augen aufzuschlagen, bis eine Stimme, die nichts von der vollen tönenden des Königs hatte, an ihr Ohr drang.
    „Fräulein von La Vallière”, rief der Graf von Guiche bitter, indem er die weißen Jasminblüten heftig von den Sparren der Laube riss. „Sie brauchen nicht zu erschrecken. Ich bin nicht der, den Sie vielleicht, ja wahrscheinlich erwarten. Nicht der, um den Sie mich aufgegeben haben.”
    Louise hob abwehrend die Hand. Sie hatte sich jetzt völlig in der Gewalt.
    „Was wollen Sie, Herr Graf? Weshalb sollte ich Sie aufgegeben haben?”
    „Verstellen Sie sich nicht! Wer wüsste das besser als Sie!”
    Louise überhörte seinen zornigen Einwurf.
    „Ich bin dieselbe geblieben, die ich stets für Sie war, Herr von Guiche, freundlicher Gesinnungen voll.”
    Der Graf griff nach ihrem Arm und schüttelte ihn. Mit unterdrückter Leidenschaft stieß er hervor:
    „Freundliche Gesinnungen — was soll ich damit? — Sie wissen längst, dass ich Sie liebe. Es kann nicht jeder, der Sie umwirbt — König von Frankreich sein.”
    Louise wurde blass vor Zorn. Ihre Augen sprühten. „Was unterstehen Sie sich, Herr Graf?”
    „Die Wahrheit zu sagen, Fräulein von La Vallière!”
    Unfähig einer Antwort stand Louise da, mit bebenden Händen die Platte des Tisches umklammernd, gegen den sie lehnte.
    „Aber ich sage es Ihnen voraus, Sie werden wenig Freude an dieser Liebschaft erleben. Heute ist es Louise von La Vallière, morgen vielleicht die Chimerault, die der König mit seiner Gunst beglückt. Mit großen Herren ist nicht gut Kirschen essen.”
    Guiche lachte bitter auf.
    „Ich werde mutmaßlich Ihr Los teilen, Fräulein von La Vallière, das ist wenigstens ein Trost, wenn Madame - wie es den Anschein hat - mich als Ersatz für den König an ihre Reize festschmiedet. Henriette von England ist schon eine Sünde wert ...”, fügte er frivol hinzu.
    Louise drängte an ihm vorüber nach dem Ausgang der Laube.
    „Wir sind wohl zu Ende, Herr Graf”, sagte sie mit kurzem, hochmütigem Kopfnicken.
    Guiche murmelte etwas zwischen den Zähnen, das das hastig davoneilende Mädchen nicht ganz verstand, das aber einer Verwünschung oder einer Drohung nicht unähnlich schien.
    Der König war erkrankt. Der Leibarzt hatte ein leichtes Fieber konstatiert, dessen Ursachen

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