Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
vielleicht in der andauernden Hitze dieses Sommers liegen mochten. Das Gewitter nach der Jagd von Fontainebleau hatte keinerlei Abkühlung gebracht. Die Königin saß, glücklich, den Gemahl einmal ganz für sich zu haben, fast den ganzen Tag am Lager des Königs. Sie bereitete ihm eigenhändig die kühlenden Limonaden nach einem aus der Heimat mitgebrachten Rezept, sie las ihm Racine und Corneille mit ihrem noch immer nicht einwandfreien Französisch vor, ihn zu zerstreuen, seine düsteren Mienen zu erhellen.
Am dritten Tage verlangte er, der bisher niemanden hatte sehen wollen — auch Madame und seine Mutter nicht —, heftig nach dem Herzog von Saint-Aignan. Die Königin hatte auf Louis' Wunsch das Zimmer verlassen. Als Saint-Aignan eintrat, richtete der König sich auf.
„Was ist? Haben Sie sie gesehen? Haben Sie ihr gesagt, wie ich leide?!”
„Das Fräulein ist trostlos, Sire, Ursache Ihrer Erkrankung zu sein.”
Louis sprang wie emporgeschnellt aus dem Bett. Er klingelte seinem Kammerdiener so laut, dass die Pagen im Vorzimmer zusammenschraken.
„Ich muss sie sehen, Saint-Aignan — sogleich muss ich sie sehen. Sorgen Sie dafür, dass Fräulein von La Vallière uns in einer Stunde an der Orangerie erwartet. Wie Sie das anstellen, ist Ihre Sache.”
Laporte trat mit offenem Mund ein.
„Was wird Monsieur Vallot sagen, dass Euer Majestät ohne seine Erlaubnis das Bett verlassen”, jammerte er laut.
„Dass er ein Esel ist”, lachte der König. Dann sich zu Saint-Aignan wendend: „Ich verlasse mich darauf, dass meine Order strikte ausgeführt wird.”
Der Herzog verbeugte sich und ging.
Ein wenig pikiert über den „Esel” fragte Laporte, was Seine Majestät für einen Anzug befehle. Der König sann einen Augenblick, dann fiel ihm ein, dass das zarte Lila der Veilchen und des Flieders Louises Lieblingsfarbe sei.
„Den lila Justeaucorps mit den Silberborten und den Alençonspitzen, den der Schneider vorige Woche geliefert hat.”
Laporte stand noch immer und schüttelte den Kopf über die eigenmächtige Handlungsweise des Königs. Weiß Gott, er ist noch derselbe, der er als Knabe gewesen ist. Immer mit dem Kopf durch die Wand, und wenn es Beulen kostet.
Der König schlug Laporte gut gelaunt mit der flachen Hand auf die Schulter.
„En avant und die Beine in die Hand genommen. Ich habe genug von diesem dreitägigen Gefängnis.”
Laporte lief, was die Füße ihn tragen konnten. Lachend warf der König dem Alten ein Federbett nach. Es war nicht das Erste, das er an den Kopf bekam. Wie oft hatte Louis als Knabe dergleichen Schlachten gegen Laporte geführt, wenn der Kammerdiener nicht vorlesen wollte, bis er eingeschlafen war, oder wenn Laporte ihn unterbrach, ehe er seine hundert Purzelbäume im Bett geschlagen und mit dem letzten über die Barriere voltigiert war.
Louis lachte. Gottlob, er konnte wieder lachen. Endlich würde er sie wieder sehen!
Fräulein von La Vallière stand schon am Eingang der Orangerie, als der König, leicht auf den Arm des Herzogs gestützt, auf dem schmalen buchsbaumumfassten Weg näher kam. Das Herz schlug ihr bis in den Hals hinauf. Was hatte sie um ihn gelitten, seit sie ihn krank gewusst! Was hätte sie darum gegeben, seine Schmerzen lindern helfen zu können!
Nun hatte er, kaum ein Rekonvaleszent; wiederum nach ihr verlangt! Welches Mädchen wäre stark genug gewesen, diesem neuen Ruf zu widerstehen? Kam er doch von dem geliebtesten Mann, dem Mann, dem eine Welt untertan war und dem nur sie zu trotzen gewagt hatte!
In dem Enthusiasmus ihrer siebzehn Jahre, in dem Glücksgefühl, ihn wiederzusehen, vergaß sie jede Etikette, ja die Gegenwart Saint-Aignans und lief dem König mit ausgestreckten Händen entgegen. Er ergriff sie wie einen Halt, nach dem er lange vergebens getastet, fest, als wolle er diese beiden schlanken, weißen Hände nie wieder lassen.
Der Herzog war auf einen Wink verschwunden. Der König, der den Schlüssel zu dem kleinen Teehaus, die Orangerie benannt, in der Tasche trug, öffnete die Tür und ließ Fräulein von La Vallière eintreten. Dann verschloss er den ovalen, von süßen Düften durchwehten Raum wieder.
Louise war unter einer Gruppe blühender Bäume in einen der buntblumigen seidenen Sessel gesunken. Die harten Kämpfe wider ihr liebendes Herz, die Gewissensqualen, die sie gefoltert, eine nicht zu stillende Sehnsucht nach dem Anblick des Königs, das Glück des Wiedersehens hatten sie einer Ohnmacht nahe gebracht.
Der
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