Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Duncker
Vom Netzwerk:
zog sie fort, bevor das Mädchen ihn hatte berühren können. Der Duft der Orangenblüten in dem Kranz um die goldene Schüssel hatte ihm plötzlich das Bild einer anderen Hand vorgezaubert, einer edlen vornehmen Frauenhand, die, nachdem er kaum genesen, keusch auf seinem Arm geruht hatte.
    Henriette von England hatte ihre Zelte in Saint-Cloud ebenso plötzlich abgebrochen, als sie sie aufgerichtet hatte. Als der König am Tage nach dem Fest von Paris zurückkam, fand er Madame und ihre Damen wieder in Fontainebleau.
    Ein Zufall fügte es, dass Fräulein von La Vallière gerade zur Zeit seiner Ankunft bei der Königin war. Marie Thérèse empfand, seit sie Louise als Nymphe gesehen hatte, eine lebhafte Sympathie für das anmutige junge Geschöpf. Jetzt, da die Königin ihrer nahen Niederkunft halber fern von aller Geselligkeit völlig abgeschlossen lebte und ihre Gemächer nur verließ, um die Kirche zu besuchen, hatte Marie Thérèse von Zeit zu Zeit Fräulein von La Vallières Gesellschaft von Madame erbeten.
    Louises sanftes Organ, ihre zarte mädchenhafte Art taten der Königin, die viel zu leiden hatte, unendlich wohl. Das junge Mädchen trug ihr Gedichte und Romanzen vor, öfters auch sprachen die Frauen miteinander, lang und ernsthaft, zumeist über die Heimat, die beide hatten verlassen müssen.
    Marie Thérèse, deren stolze Zurückhaltung sich bisher so wenig Freunde am Hofe erworben, erzählte diesem jungen Mädchen aus vollem Herzen von ihrem Vater, mit dem sie in innigster Zusammengehörigkeit gelebt hatte. Sie sprach zu ihr von der strengen Erziehung, die sie in Madrid erhalten, von dem schweren Abschied, den der Vater von ihr genommen, von den Lehren, die er ihr mit auf den Weg gegeben hatte.
    Sie, die meist so Stille, Verschlossene, konnte in solchen Augenblicken von hinreißender Lebhaftigkeit werden. Ihre dunklen, meist etwas schwermütigen Augen leuchteten auf, um ihren ausdrucksvollen Mund spielte ein Lächeln, sobald sie nur den Namen ihres Vaters nannte, sobald sie von Spanien sprach. Und dann musste Louise in ihrer reizenden, besonderen Art von der Mutter und La Vallière und den Tagen von Blois bei Gaston von Orléans berichten.
    Beide Frauen verband eine innerliche Ähnlichkeit, deren sie sich selbst kaum bewusst waren: dieselbe Schlichtheit der Seelen, derselbe aufrichtige Sinn, dasselbe warme Herz, das gleiche tiefe, religiöse Gefühl.
    Von den Pagen im Vorzimmer hatte der König erfahren, wen er bei seiner Gemahlin finden würde. Strahlenden Blickes trat er in das Gemach. Kaum aber hatte Fräulein von La Vallière des Königs Schritte gehört, als die sanfte Stimme mitten im Vers einer Romanze jäh abbrach. Flammende Röte brannte in ihrem Antlitz auf, eine Freude, die sie nicht meistern konnte, brach aus ihren Augen.
    Die Königin war ihrem Gemahl entgegengeeilt und barg den dunklen Kopf an seiner Brust. So konnte sie die Flammenzeichen des Glücks nicht sehen, die über ihrem Kopf fort sich trafen. Als Marie Thérèse am Arm des Königs wieder ins Zimmer zurückschritt, stand Fräulein von La Vallière ernst und still hinter dem schweren goldenen Gestühl, in dem sie gesessen hatte, und bat, sich verabschieden zu dürfen.
    Galant geleitete der König sie zur Tür. Er wagte es nicht die geliebte Hand zu berühren. Heiß flüsterte er: „Um sechs Uhr bei der Orangerie, Louise.”
    Eine Viertelstunde vor der Zeit war der König schon zur Stelle. Sein Puls flog, sein Hirn fieberte. Jeanne Ri-cault hatte seine Sinne nicht in Aufruhr bringen können, aber das Mädchen, das er liebte, wollte, musste er endlich besitzen, und sollte er mit Gewalt ihren Widerstand brechen.
    Als er in der Dämmerung des frühen Herbstabends Louises blasslila Kleid, ihren leichten hellen Mantel durch die Büsche schimmern sah, stürzte er ihr entgegen und umschlang sie heiß, glühende Worte der Liebe stammelnd.
    Einen kurzen Augenblick lang ließ Louise die berauschenden Wellen des Glückes über sich zusammenschlagen. Sie duldete des Königs Lippen auf den ihren, seinen umschlingenden Arm auf ihren Schultern, ihrem Nacken. Das Weh der Trennung, ihre grenzenlose Sehnsucht hatten sie schwach gemacht.
    Dann entwand sie sich ihm mit Bitten und Flehen. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, wappnete sie ihr Herz, ihr Ohr gegen sein Werben. Mein Gott, mein Gott, wie durfte sie ihn erhören, sie, die noch eben das Vertrauen der besten Königin genossen hatte! Und mit Gewalt riss sie sich aus seinen Armen und floh

Weitere Kostenlose Bücher