Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
zum Herzog von Saint-Aignan tragen, der wird schon wissen, für wen sie bestimmt ist. Aber weshalb laufen Sie denn so, Fräulein Rosalie — und haben keinen Blick für mich?”
Und Rosalie erzählte mit fliegendem Atem von dem Besuch ihres Vaters und dem zu erwartenden des Grafen Bragelonne.
„Wann darf ich Ihren Vater aufsuchen, Fräulein Rosalie?”, fragte der hübsche Mensch sehr ernsthaft.
Das Mädchen wurde rot bis an die Haarwurzeln. Aber schnippisch wie sie war und ein bisschen gekränkt auch durch die Unpünktlichkeit ihres Freundes, sagte sie nur: „Wann es Ihnen beliebt, Herr Armand!”
Der alte Gilbert hatte seinen Korb ausgepackt. Ganze Bündel von Veilchen und Spätrosen und seine schönsten Treibhausblumen hatte er vor das Fräulein hingelegt, das ihr Gesicht in der Blumenfülle förmlich vergraben hatte und in langen Zügen die süßen Düfte der Heimat einsog.
Als sie das Antlitz wieder hob, war sie blass, und Tränen standen in ihren Augen. Sie reichte dem Alten die Hand.
„Vielen Dank, lieber Gilbert. Sie glauben nicht, wie gut es mir tut, so ein bisschen Heimatluft zu atmen. Ach, mein liebes schönes La Vallière!”
Der Alte schüttelte betrübt den Kopf.
„Es ist nicht mehr so schön, als es gewesen. Seit niemand von den Saint-Remis mehr kommt und Sie nicht, Fräulein, und Herr François nicht, ist es nicht mehr dasselbe. Der Herr Intendant hat keine Liebe für La Vallière. Er lässt verfallen, was verfallen will, den hübschen kleinen Pavillon am Fluss, in dem Sie als Kind so gern getollt — die Bassins mit den alten steinernen Seetieren — Dauphine heißen sie ja wohl?”
„Delphine —”, verbesserte Louise lächelnd.
„Delphine, so, so — auf denen Sie mit Herrn François und dem jungen Herrn Grafen Bragelonne so gern geritten sind — alles zerbröckelt, ist morsch, geht in Stücke. Auch die schöne alte Steintreppe an der Ostseite des Schlosses. Es sei kein Geld da, meint der Herr Intendant. Ich meine aber, es fehlt weniger an Geld als an der rechten Liebe — die macht vieles wett. Das spüre ich so recht an meinem Garten, Fräulein Louise, dem fehlt nichts, so knauserig der Herr Intendant auch für ihn zahlt.”
Louise legte dem Alten die Hand auf die Schulter.
„Von Herzen dank ich Ihnen, Jean, dass Sie unser altes liebes La Vallière so treu in Ihren Schutz nehmen.”
Gern hätte Fräulein von La Vallière Gilbert eine Gabe zum Besten seines geliebten Gartens überreicht, aber ihre Mittel waren so schmal bemessen, dass sie Mühe hatte, das Notwendigste davon zu bestreiten. Die Armbänder des Königs waren das erste und einzige Geschenk, das sie von ihm angenommen hatte. Es hätte sie nur eine Bitte gekostet und der König hätte ihr für La Vallière jede Summe bewilligt. Aber sie wusste schon heute, sie würde diese Bitte nie aussprechen. Ihre Liebe galt dem heißgeliebten Mann, nicht dem allmächtigen König. So machte sie dem alten Jean keinerlei Versprechungen und vertröstete ihn nur darauf, dass sie mit der Marquise über La Vallière reden würde, sobald sie die Mutter sähe.
Trotz der kalten Luft draußen kam Rosalie mit heißem Kopf, beladen mit Paketen, zurück. Sie hatte in des Fräuleins Kabinett gerade den Tisch gedeckt, ihre Pasteten und Zuckerwaren und Le Nôtres Früchte samt einem Strauß Rosen und Veilchen aus La Vallière zurechtgestellt, als es leise und zaghaft an die Tür klopfte.
Als sie öffnete, stand Graf Bragelonne vor ihr. Auch er trug einen großen Strauß Veilchen in der Hand. Sein hübsches Gesicht war blass und aufgeregt; beinahe ängstlich blickten seine schönen dunklen Augen.
Ob das Fräulein von La Vallière ihn wohl empfangen werde?
Rosalie nickte zuversichtlich. Hatte sie sich über den alten Jean aus der Heimat schon so sehr gefreut, wie viel mehr würde sie dies über den jungen Herrn Grafen tun!
„Wir haben nichts verraten, der Vater und ich, Herr Graf. Das Fräulein sollte einmal eine recht, recht große Freude und Überraschung haben.”
Bragelonne lächelte schwach und fuhr mit der Hand nach dem Herzen, das ihm jetzt öfters seltsam unregelmäßig schlug. Er schien seiner Sache nicht so sicher als die kleine Gilbert.
Ahnungslos trat Louise ins Zimmer, während Rosalie zu ihrem Vater in den Vorraum hinausschlüpfte. Ihre Augen wussten nicht, was sie sahen! War das wirklich Bragelonne, der da wie Halt suchend an der Tischkante lehnte und bleich und verzagt zu ihr hinüberblickte? Oder war es nur ein Phantom,
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