Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
zu bleiben.
Die Rede stockte der kleinen Tourainerin, als sie des Königs Uhr in den Händen des Fräuleins sah. Was hatte das zu bedeuten?
Sie hatte nicht Zeit weiter zu denken. jäh und erschreckt hatte sich das Fräulein nach ihr umgewandt und eine Bewegung gemacht, als ob sie die Uhr vor ihr verstecken wollte. Dann, als es dafür zu spät gewesen, meinte Louise in gemacht leichtem Ton, ihr Geheimnis mit der ersten Lüge ihres Lebens zu decken:
„Sieh nur die schöne Arbeit, Rosalie. Cardillac hat sie mir zur Ansicht geschickt. Nur Cardillac vermag solche Arbeiten zu liefern.”
Rosalie wurde hochrot vor Zorn. Ihre schwarzen Augen sprühten.
„Cardillac”, rief sie verächtlich, „was Cardillac von Uhren versteht! Es gibt noch andere Meister in Paris als das rote Scheusal! Zum Beispiel den Hofuhrmacher Seiner Majestät, Herrn Armand — er und kein anderer hat die Uhr gemacht.”
Über Rosalies Wut amüsiert, hatte Louise ihre Verlegenheit einen Augenblick vergessen. Jetzt sah sie das Mädchen aus erschreckten Augen an. Fast wäre die kostbare Uhr ihren Händen entfallen.
Aus Rosalies Zorn war eine große herzliche Weichheit geworden.
„Weshalb sagen Sie mir nicht die Wahrheit, Fräulein von La Vallière? Es gibt auf der Welt niemanden, der es so treu wie ich mit Ihnen meint!”
„Die Wahrheit?”, fragte Louise gedehnt.
Rosalie nickte.
„Da ich sie doch schon ohne das Fräulein weiß! Herr Armand hat die Uhr heute Morgen an Seine Majestät verkauft und sie dann zum Herrn Herzog getragen. Und da der Herr Herzog das Fräulein soeben verlassen hat — ”
Louise wandte sich ab. Also auch Rosalie und ihr Freund schon im Geheimnis!
Rosalie streichelte zärtlich den Arm der Jugendgenossin.
„Herr Armand weiß nichts und wird es auch nicht erfahren. Weshalb sind Sie so traurig über das schöne Geschenk, Fräulein Louise? Ich freue mich darüber — fast hätt' ich gesagt, wie ein König. Nun soll mir diese alberne Clémence noch einmal kommen und mir erzählen, Seine Majestät hätte nur etwas für Fräulein de Pons und nichts für mein Fräulein übrig!”
Louise wandte sich, und Rosalie herzlich an sich ziehend, sagte sie bittend:
„Wenn du mich lieb hast, Rosalie, lass Clémence bei diesem Glauben.”
Es war an einem eiskalten stürmischen Morgen, als die Gräfin Soissons drei Gäste in ihrem kleinen Kabinett erwartete. Niemand als Olympias alte Kammerfrau, die schon bei den Mancinis Dienste getan, wusste um den frühen heimlichen Besuch.
Den Wagen der Dame, dessen Fenster verhängt gewesen, hatte ein Kutscher in der einfachen Livree einer fast unbekannten Person der Hofgesellschaft gefahren. Die Dame selbst war maskiert, ohne jede Begleitung in das Hôtel Soissons geschlüpft. Zwei gleichfalls maskierte Kavaliere waren ihr auf den Fersen gefolgt.
Beim Eintritt in das Kabinett Olympias hatte Madame die Maske heftig abgerissen und sich mit Hilfe des Grafen von Guiche aus ihrem weiten dunklen Mantel gewickelt. Erschöpft sank sie in einen Stuhl. Olympia bot ihr eine Erfrischung an, aber Henriette wehrte hastig ab.
„Lassen Sie uns zur Sache kommen, je eher, desto besser. Da die arme, bedauernswerte Königin blind ist, erheischt es die Liebe zu ihr, ihr die Augen zu öffnen.”
Der Marquis von Vardes hatte sich ungläubig lächelnd zu Olympia gewandt.
„Halten Sie es wirklich für möglich, Frau Gräfin, dass Ihre Majestät die Königin in der Tat keine Ahnung von dem Skandal hat, der allem Anschein nach nicht erst mit dem Geschenk der Armbänder begonnen hat?”
Olympia wollte antworten. Madame schnitt ihrer Freundin das Wort ab.
„Kein Zweifel, Marquis. Marie Thérèse hat die Liebe zum König blind gemacht. Sie ahnt nicht nur nichts, sondern sie hegt auch noch ganz besondere Sympathie für den Unschuldsengel, das bescheidene Veilchen, genannt Louise von La Vallière.”
Die anderen lachten mehr oder weniger gallig auf. Die Soissons meinte mit einem halben Blick auf Henriette, dass der Königin sonst so wache Eifersucht sich mutmaßlich noch immer auf einen anderen Gegenstand verirre.
„Wie aber Ihrer Majestät die Augen öffnen?”, fragte Vardes.
Madame schlug einen Brief vor, dem man den Anschein geben müsse, als käme er aus Spanien und sei von dem Vater der Königin selbst geschrieben oder zumindest beeinflusst worden.
„Der König und die La Vallière müssen gleicherweise gebrandmarkt werden”, fügte Henriette gehässig hinzu.
Guiche, dem Louises scharfe Abwehr in
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