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Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)

Titel: Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Duncker
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durch die lebhaften Erinnerungen an La Vallière, die Jean ihr zurückgebracht hatte, hervorgezaubert?
    Louise hörte eine Stimme, so ganz anders wie die, die ihr jetzt Tag und Nacht mit heißem Entzücken im Ohr klang.
    „Darf ich mich Ihnen wieder einmal in Erinnerung bringen? Darf ich fragen, wie es Ihnen geht? Darf ich Ihnen meine Hochachtung und meine unveränderte Zuneigung zu Füßen legen?”
    Louise lächelte schwach und trat Bragelonne ein paar Schritte entgegen, ihm die Hand zu reichen.
    „Weshalb sollten Sie mich nicht aufsuchen, Graf? Hab' ich Sie nicht selbst bei unserem Abschied dazu ermutigt?”
    Bragelonne beugte sich zitternd über die schmale weiße Hand und küsste sie mit inbrünstiger Andacht.
    „Oh Louise”, murmelte er, „wie habe ich mich nach diesem Augenblick gesehnt!”
    Langsam nur richtete er sich auf, um Zeit zu finden, seiner Bewegung Herr zu werden. Als er die Augen wieder hob, sah er an Fräulein von La Vallières weißem Hals das silberne Kettchen mit dem Veilchen schimmern. Ein Strahl von Freude und Hoffnung leuchtete in seinem Antlitz auf.
    „Louise”, rief er, „Louise, Sie tragen mein Veilchen — tragen es noch! Oh, wie ich Ihnen danke, dass Sie mich noch nicht ganz vergessen haben!”
    Louise hatte nicht das Herz, ihm zu sagen, dass nur ein Zufall oder die Absicht Rosalies ihr das Kettchen heute um den Hals geschlungen. Nein, sie konnte ihn nicht so schwer enttäuschen — seine strahlende Freude nicht mit einem Schlag zunichte machen! Aber sie durfte auch keine Hoffnungen in ihm erwecken, jetzt weniger denn je, da sie mit jeder Faser ihres Leibes und ihrer Seele dem Einzigen gehörte, den die Erde für sie trug.
    „Mein lieber Jugendfreund”, sagte sie und bat ihn, am Tisch mit ihr Platz zu nehmen, „weshalb sollte ich Sie vergessen haben? Werde ich jemals La Vallière mit seinen alten lieben Spielplätzen, der Mühle am Fluss, die Bäume und Blumen im Park vergessen? Ihr alle gehört zusammen, wie ein Bild, aus dem man keine Farben missen möchte.”
    Bragelonne wollte etwas erwidern — sie um einen besonderen Platz in diesem Bild bitten, ihr von seiner Liebe sprechen, die keinen Augenblick aufgehört hatte, sich nach ihr zu sehnen, die sich um sie gesorgt, die einen Freudentaumel in ihm entfacht, nun, da er sie endlich wiedersah, aber er wagte es nicht. Irgendetwas in ihm sagte ihm: Es ist dieselbe Louise nicht mehr, von der du im Park von La Vallière mit brechendem Herzen Abschied genommen.
    Er sah sie an mit seinen warmen Blicken und fand doch nichts in ihren lieblichen Zügen, das auf eine Veränderung deutete. Ihre blauen, schönen Augen blickten ebenso sanft, das zarte Oval ihres Gesichts, der schwellende Mund, die feinen wundervollen Hände, die schlanke aristokratische Gestalt, alles war, wie es einst gewesen, ja Bragelonne schien es, dass Louise von La Vallière sich kaum verändert habe, seit sie ein liebliches Kind gewesen, seit er an ihrem Schmerzenslager gesessen und ihr den ersten heimlichen Liebesbrief zugesteckt hatte.
    Ein Wort des Fräuleins, eine Bewegung riss ihn aus seiner Träumerei. Louise hatte ihm die Veilchen aus der Hand genommen, die seine Linke noch immer krampfhaft umschlossen gehalten, und sie zu den Blumen aus La Vallière in die große kristallene Schale getan.
    Nun reichte sie ihm einen von Le Nôtres schönsten Pfirsichen und bat ihn, von den Pasteten und dem Zuckerwerk zu nehmen. Er folgte mechanisch ihrem Geheiß.
    Mit schelmischem Lächeln, das Bragelonne kaum je auf ihren Lippen gesehen, fragte Louise: „Wundern Sie sich nicht, Bragelonne, dass ich noch am Leben bin? Dass der böse Hof mich noch nicht mit Haut und Haaren verspeist hat? Nach Ihren gruseligen Schilderungen und beschwörenden Warnungen hätten Sie eigentlich darauf gefasst sein müssen.”
    „Ich freue mich, wenn ich zu schwarz gesehen”, gab er schwerfällig zurück.
    Louise lachte herzhaft auf. Alles, was sie selbst einst an Angst und Schrecken vor dem Hof empfunden, alle Pein, die sie selbst inmitten seiner Intrigen durchgemacht, schien in diesem Augenblick verweht wie die Spreu vor dem Winde. Sie sah nur das Glück, das des Königs Liebe ihr bereitete.
    „Bleiben Sie nur ein Weilchen bei uns, Herr von Bragelonne, und Sie werden bald anderer Meinung werden. Madame kann sehr liebenswürdig sein, wenn sie will.
    Wer weiß, ob Sie nicht auch, wie so viele andere, Ihr Herz an sie verlieren.”
    Bragelonne murmelte etwas, das Louise nicht hören wollte.

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