Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
hilflos zusammengesunken war.
„Wissen Sie, wer diesen Streich gegen uns geführt hat?”
Louise schüttelte den Kopf. Er fuhr sanft mit den schönen Händen über die Lockenfülle, aus der das blaue Band zu Boden gefallen war.
„Wie solltest du auch, armes Kind! Die Navailles ist es gewesen, kein anderer sonst! Das Dekret, das sie vom Hof verbannt, liegt schon auf meinem Arbeitstisch — es fehlt nur noch die Unterschrift.”
Louise war aufgesprungen. Sie legte beide Hände auf den Arm des Königs.
„Die Herzogin — unmöglich! Ich beschwöre Sie, Sire, unterschreiben Sie das Dekret nicht. Die Navailles ist unschuldig. Sie würden die Königin nur unglücklich machen, wenn Sie Ihre Majestät der treuesten Dienerin beraubten.”
Der König sah Louise verwundert und nicht ohne Misstrauen an.
„Sie bitten für die Navailles, die mich und Sie beleidigt — und für die Beleidiger Bragelonnes hatten Sie ein Stirnrunzeln, so bös, wie ich es auf dieser weißen Stirn nie für möglich gehalten! Also schätzen Sie die Beleidigung Bragelonnes höher ein als die uns gewordene?”
„Sire, dieses Misstrauen habe ich nicht verdient! — Was hat das eine mit dem anderen zu tun?! Ich beschwöre Sie, weisen Sie die Herzogin nicht vom Hof.”
Louis lachte laut und schrill auf.
„Was wäre ich für ein Freund meiner Freunde, wenn ich meine Feinde nicht hassen könnte? Noch heute unterschreibe ich den Befehl. Er lautet auf drei Jahre Verbannung vom Hof.”
Louise saß abgewandten Hauptes. Der harte Wille des Königs schmerzte sie in tiefster Seele. Sie glaubte nicht an die Schuld der Herzogin. Zu oft und mit zu warmer Überzeugung hatte die Königin ihr von dem geraden rechtlichen Charakter der Herzogin, von ihrer unwandelbaren Treue gesprochen, die keines Falsches fähig sei. Unendliches verlor die Königin mit dieser Frau!
Der König trat neben sie und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Sie zürnen mir, Louise?”
Sie nickte stumm. Heftig fuhr der König auf.
„Mon Dieu, Louise — was denken Sie sich eigentlich? Ein netter Regent, der sich von seinen Dienern regieren ließe! Ma foi, so weit sind wir noch nicht, und so weit werden wir niemals kommen! Ich will die Navailles nicht sehen — alle beide nicht — ich will sie vergessen — das ist das Beste, was ihnen passieren kann.”
Da Louise sich nicht rührte, stürzte der König fort. Er hatte die Tür schon in der Hand, als er sich noch einmal umsah. Louise stand und sah ihm mit ihren zärtlichen Augen traurig nach. Rührend in ihrer Haltung, wie ein armes gescholtenes Kind.
Nein, er konnte ihr nicht zürnen, dass ihr weiches, gütiges Herz Mitleid selbst mit ihren Feinden empfand. Er wollte keine Wolken an dieser einzigen Stätte, an der er die Sonne suchte, die Ruhe nach der Arbeit, den Frieden nach den Intrigen des Hofes! An dieser einzigen Stätte, an der er die ernsten, vorwurfsvollen Augen der Königin, ihren herb verschlossenen Mund vergaß.
Er schloss die Tür, er riss Louise in seine Arme, er bedeckte ihre zarte Gestalt, ihr liebliches Gesicht mit seinen Küssens.
„Meine Louise”, bat er, „verzeih mir, wenn ich heftig gegen dich war! Was kannst du armer Engel von den Bosheiten der Menschen wissen!”
Die Dämmerung sank herein. Noch immer hielt er sie in seinen Armen. In langen durstigen Zügen tranken sie das Glück, das die Welt ihnen missgönnte.
Über dem Garten war der Mond aufgestiegen. Er fiel durch die hohen Fenster in das stille Gemach und wob einen lichten Silberschein um Louise von La Vallières blondes Haupt. Er spiegelte sich in den Gläsern und Kristallen und ließ seine silbernen Finger über die Saiten der Gitarre laufen, die von blasslila Bändern umwunden an der Tapete hing.
Der König nahm das Instrument und glitt prüfend über die Saiten. Er lächelte ein wenig melancholisch zu Louise hinüber.
„Weißt du auch, Kind, dass es dasselbe Instrument ist, auf dem mich, noch ein Knabe, der Italiener die Gitarre lehrte? Es war vielleicht des Kardinals einzige Liebestat für mich, dass er mir diesen Lehrer kommen ließ!”
Der König präludierte mit der nicht gewöhnlichen Kunst, mit der er die Gitarre meisterte.
„Im nächsten Winter werden wir François Corbert in Versailles hören. Du weißt, Louise, er ist der berühmteste Meister unserer Zeit. Er hat während der letzten Jahre an den meisten Höfen Europas gespielt. Henriette sagte mir, Corbert habe in London, am Hofe ihres Bruders, Furore
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