Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
heimtückischen Worte nach.
„Der König unterhält eine Liebschaft, ein Umstand, aller Welt, außer Ihrer Majestät, bekannt. Fräulein von La Vallière ist der Gegenstand dieser unwürdigen Liebe. Treue Diener Ihrer Majestät fühlen sich gezwungen, Eurer Majestät diese Mitteilung zu machen. Euer Majestät selbst mögen entscheiden, ob Sie ferner einen Gatten zu lieben vermögen, der in den Armen einer anderen sein Glück findet, oder ob Sie einer Sache ein Ende machen wollen, deren Dauer wenig ruhmreich für Euer Majestät ist.”
Der König lief wie ein Rasender durchs Zimmer. Er hatte den Brief, wie ekliges Gewürm, von sich auf den Tisch geworfen. Er hielt die Fäuste geballt. Dann blieb er mit blutunterlaufenen Augen vor der Spanierin stehen.
„Haben Sie eine Ahnung, Moliña, wer diese Perfiderie ausgeheckt haben kann?”
Die Kammerfrau zuckte die Achseln.
„Sprach Ihre Majestät die Königinmutter einen Verdacht aus?”
„Nein, Majestät!”
Der König blieb an seinen Arbeitstisch gelehnt stehen. Mit einem Gefühl von Ekel nahm er das Schreiben nochmals zur Hand. Er dachte scharf nach. Seine Blicke bohrten sich förmlich hinein in die augenfällig verstellte Schrift. Er glaubte eine Spur gefunden zu haben — dann verwarf er sie wieder, nein — nichts — er ahnte nicht, wer das Teufelswerk vollbracht haben konnte.
„Wer ist im Vorzimmer, Moli ña?”
Die Spanierin nannte ein paar Namen der Herren vom Dienst. Der König schüttelte den Kopf.
„War es nicht der Marquis von Vardes, der Sie mit aller Gewalt zurückhalten wollte?”
„Es kann sein, Majestät!”
„Ich danke Ihnen, Moliña. Gehen Sie zur Königin zurück. Sorgen Sie weiter, dass ihr keine Teufelei zu nahe kommt.”
Der König klingelte. Dona Moli ña empfahl sich mit spanischem Zeremoniell, an dem sie auch auf dem ungeliebten Boden Frankreichs festhielt.
„Der Herr Marquis von Vardes, wenn er den Dienst hat”, befahl der König.
Vardes trat kaltblütig ein. Er hatte Zeit gehabt, den Fehlschlag des Komplotts und seine Folgen zu überdenken. Laut genug hatte die Spanierin geschrien, dass sie dem König ein verruchtes Schreiben zu überbringen habe.
Der König zeigte ein Gesicht, in dem Zorn und Kummer, aber nichts von Misstrauen stand. Er gab Vardes den Brief, den der Marquis selbst mit Frau von Soissons, unter dem Protektorat Madames, verfasst hatte. Vardes zeigte sich erstaunt, erschreckt, empört.
„Wem trauen Sie eine solche Niederträchtigkeit zu, Vardes?”
Der Marquis dachte nach, lange, ernst, mühselig suchend.
„Lassen Sie sich Zeit, Marquis.”
Nach einer Weile fragte Vardes: „Darf ich unumwunden meine Meinung äußern, Sire?”
„Ich bitte darum!”
„Wenn ich alles bedenke, Sire, Faden zu Faden knüpfe — so kann ich nicht anders als annehmen — ja behaupten, niemand als die Herzogin von Navailles hat den Brief geschrieben, oder zum Mindesten inspiriert!”
„Die Navailles? Es wäre nicht unmöglich —”
Vardes schürte des Königs erwachendes Misstrauen. Die Mahnungen der Navailles waren dem König seit langem unbequem. Sie alle, die sie nicht auf den Pfaden strenger Tugend wandelten, konnten die Späheraugen der Herzogin entbehren, die wie ein Argus — wenn auch erfolglos — die Moral des Hofes hütete.
Vardes redete scheinbar einlenkend, und den König dadurch nur mehr erbitternd, auf den König ein, der nachdenklich mit zusammengezogenen Brauen stand.
„Die Herzogin hat es vielleicht nicht so böse gemeint, Sire, als es den Anschein hat. Ihre fanatische Liebe zur Königin — die Sorge um das Wohl und die Ruhe Ihrer Majestät —”
Vardes warf einen lauernden Blick auf den König. Louis' Augen funkelten.
„Nicht böse gemeint? Ein schamloses Bubenstück ist dieses ganze Manöver. Nicht Treue für die Königin — Hass gegen mich und das Fräulein von La Vallière hat den Brief diktiert. Aber ich werde es ihnen heimzahlen, diesen Navailles — allen beiden. In der fernsten Provinz mag der General seine mangelhaften militärischen Kenntnisse weiter ausbilden — und sie, die Vestalin mit der heroischen Pose, in Beschaulichkeit die Kunst der Intrige vervollkommnen.”
Der König machte eine leichte Kopfneigung gegen Vardes, zum Zeichen, dass er allein zu sein wünsche. Der Marquis ging leichten Herzens. Kein Verdacht würde auf die Verbündeten fallen.
Des Königs erster Gedanke war es gewesen, zu Louise zu eilen, ihr den schmählichen Verrat mitzuteilen. Dann zwang er sich zu
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