Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
Wagen kam der Wagen Madames, in dem sie selbst mit ihrer kleinen Tochter Marie-Louise saß.
Die Pferde gingen im Schritt. Um Jesu Christi willen, wie sahen die hohen Damen blass und müde aus! Die Nase der Königin war ordentlich lang und spitz geworden und ihr zartes Gesicht noch schmäler als sonst. Kein Wunder, was hatten sie nicht alles durchgemacht! — Die kleine Madame Anne Elisabeth so bald nach der Geburt gestorben — und die Prinzessin Henriette mit einem toten Kindchen niedergekommen!
Die Bigault bekreuzte sich mit ihren dicken Händen und sprach ein kurzes Stoßgebet für die Seelen der armen Kleinen. Dann wischte sie ihre kleinen verschwommenen Augen. Wieder ein neues Bild: die Pagen Seiner Majestät in ihren Gala-Uniformen!
Nein, man konnte dem König nicht gram sein, wenn er auch noch so viel teure Liebschaften hatte. Wenigstens gab's in Paris was zu sehen, und ein guter König war er auch, und jung und lustig, und da die Königin gar so ernst und still und auch eben keine Schönheit war, drückte man schon ein Auge zu!
Um acht Uhr in der Frühe sollte das Turnier seinen Anfang nehmen. Bei Morgengrauen bereits schmückte Rosalie ihre junge Herrin.
Der König, der den Luxus der Kleidung, besonders bei Personen, die ihm nahe standen, über alles liebte, hatte es Louise zur Pflicht gemacht, ein reiches Gewand anzulegen. Er selbst hatte das Kleid aus Goldstoff, über und über mit Alençonspitzen garniert, für sie ausgesucht. In der tausendfältig gekräuselten Frisur trug sie eine Bandschleife mit Rubinen und Diamanten besetzt, an den schönen Armen die kostbaren Armbänder, die so viel Neid und Hass und Intrige heraufbeschworen hatten.
Der ganze Hof war in großer Toilette erschienen, aber der Glanz seiner Juwelen und schimmernden Stoffe wurde durch den Glanz des Turniers, über dem die Frühlingssonne vom blauen Himmel lachte, noch überstrahlt.
Ein lang nachhallender Ruf enthusiastischen Staunens und Entzückens lief durch die Menge, als die fünf Reitergeschwader — die langschwänzigen Pferde mit reichen Schabracken geschmückt — in die Arena einritten. Voran der König, in der Tracht eines römischen Imperators, sein römisches Geschwader führend. Mit weit ausholender Geste, mit seinem strahlendsten Blick grüßte er zu Louise von La Vallière hinüber, die auf einem eigens von dem König bestimmten Platz mit Fräulein von Artigny in der Mitte der Hof- und Ehrendamen saß.
Ein jubelndes „Vive le roi!” aus vielen tausend Volksstimmen stieg in die blaue Luft. Er war immer schön und majestätisch, ihr geliebter Louis XIV. So strahlend und schön aber wie heute in seiner goldenen Rüstung war er ihnen nie zuvor erschienen! Wie ein Sonnengott war er anzuschauen. Zum ersten Mal stahl sich der Name „Roi soleil” von begeisterten Lippen.
Philippe von Orléans, als Führer eines persischen Reitergeschwaders, folgte seinem Bruder. Hätte Madame Augen für ihren Gemahl gehabt, sie hätte stolz auf ihn sein dürfen, so prächtig präsentierte sich der schöne Prinz in seiner kostbaren orientalischen Gewandung. Anne d'Autriche, die mit der Königin unter dem blauen Baldachin mit den Silberlilien saß, winkte ihrem zweiten Sohn freundlich zu. Sie hatte viel herzliches Empfinden für ihren Philippe. Als jüngerer Bruder des Königs, als Gatte Madames, wurde ihm das Leben nicht allzu leicht gemacht!
Prinz Condé führte als „türkischer Kaiser” auf weißem Schimmelhengst — Ross und Reiter mit reichem Federschmuck geziert — das dritte Geschwader. Der Herzog von Enghien, der „indische Kaiser”, befehligte den indischen Zug. Den Schluss machte der Herzog von Guise als „amerikanischer König” in seiner wilden exotischen Pracht.
Als dieser Enkel des romantisch kecken „Guise mit der Narbe” mit dem „großen Condé” in die Schranken ritt, ging eine lebhafte Bewegung durch die Menge.
„Seht — seht da — das sind die Helden der Geschichte und der Fabel”, rief einer dem anderen zu.
Mit fieberhafter Spannung folgte man im Volk und auf den Tribünen dem Auf und Ab des Ringspiels. Laute Bravos, bedauernde Rufe gingen hin und her. Manch schönes Frauenauge feuerte zu neuen Taten an.
Den ersten Sieg errang Graf Saulx, der Sohn des Herzogs von Lesdiguières. Stolz und glücklich nahm er den Preis aus den Händen der Königinmutter in Empfang.
Der Marquis von Vardes und der Graf von Guiche, die in dem römischen Geschwader des Königs mitgeritten waren, traten zu den Damen
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