Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
stillschweigend zufügte, wo etwas in seinen beredten Augen stand, das mehr von einem Zwang, den die Montespan auf ihn übte, sprach, als von einem Glück, das sie ihm schenkte. Einzig die Marquise selbst, die einstige Freundin Louises, die noch immer vorgab, es zu sein, rühmte sich laut der Liebe des Königs.
Hätte Louise geahnt, wie es im Inneren dieser Frau aussah, vielleicht hätte ihr Schmerz und ihre Empörung eine mildere Form gefunden. Ob auch alle Welt die pikante Schönheit der Montespan, den Zauber ihres Geistes, ihre Macht über den König pries, innerlich war die Marquise so wenig von ihrer Macht überzeugt, dass sie nicht imstande war, sich von ihrer immer wachen Eifersucht auf Louise von La Vallière zu befreien.
In der sanften, verblühenden Schönheit der einstigen Geliebten Louis; in der Aufrichtigkeit und Reinheit ihres Herzens sah sie eine Feindin, gegen die sie mit allen Waffen ihrer Schönheit und ihres Geistes vergebens kämpfte. Woran auch sollte sie, die die Liebe nie gekannt, in der nur Leidenschaft, Ehrgeiz, Eitelkeit und Ruhmsucht herrschten, erkennen, ob sie wahrhaft geliebt sei? Zu diesen Zweifeln gesellte sich der Umstand, dass das Volk die Marquise nicht liebte, ja offene Verachtung gegen sie zur Schau trug, während es Louise auf allen Wegen sein Herz entgegenbrachte.
Athenais war viel zu klug, die Beleidigung nicht zu verstehen, die man ihr, selbst in Gegenwart des Königs, ins Gesicht zu schleudern wagte. Was nützten alle Strafen des Monarchen, sobald er eines dieser Beleidiger habhaft wurde? Die öffentliche Meinung ließ sich nicht mit Gewalt zwingen.
Der Liebe des jungen Königs für ein junges holdseliges Geschöpf ohne Ehrgeiz, ohne Eigensucht hatte man im Volk die vollste Sympathie entgegengetragen. Gegen die ehebrecherische Leidenschaft des Dreißigjährigen für eine verheiratete Frau, die gar kein Geheimnis daraus machte, dass sie nach nichts Geringerem trachtet, als die Zügel der Regierung an sich zu reißen, machte man energisch Front.
Am Hofe nahm man die Ereignisse weniger ernst. Da äußerlich alles seinen glatten Weg ging, da keinerlei nach außen zutage tretender Kampf zwischen den Rivalinnen sich zeigte, da die Königin unbegreiflicherweise von der Wandlung des Königs, die sich unter ihren Augen vollzog, nichts sah oder nichts sehen wollte und sich in Schweigen hüllte, lohnte es nicht, den Dingen gegenüber eine tragische Pose anzunehmen. Niemand hielt sich befugt, Partei zu ergreifen, wenn man bald genug öffentlich sang:
„ On dit que la Vallière
S'en va sur son déclin;
Ce n'est que par manière
Que le roi suit son train.
Montespan prend sa place.
Il faut que tout y passe
Ainsi de main en main.”
Einen freilich gab es am Hofe Louis' XIV., der die Abkehr von der La Vallière, die Leidenschaft des Königs für die Montespan nicht nur als ein amüsantes Schauspiel betrachtete, dessen Handlung man mit ein paar billigen Versen glossierte — dieser eine war Herr von Montespan, der allerdings lange dazu gebraucht hatte, bis ihm die Augen aufgegangen waren.
Es hatte eine Zeit gegeben, eine sehr kurze Zeit freilich, da Athenais der Kampf gegen die La Vallière ein vergeblicher erschienen war, da sie so etwas wie Furcht vor der tyrannischen Liebe eines Mannes wie Louis' XIV. empfunden, eine Zeit, da sie sich ihrer ersten Liebe, der Liebe zu ihrem Gatten erinnert.
Da hatte sie ihren Mann gebeten, den Hof mit ihr zu verlassen, auf ihr Schloss in die Provinz zurückzukehren. Der Marquis aber hatte diesen warnenden Wunsch weder verstanden noch erfüllt. Auch dann nicht, als Athenais ihm mitgeteilt, dass sie sich vom König geliebt glaube, dass das Fest in Versailles, das er im Augenblick vorbereitete, ihr zu Ehren veranstaltet würde. Der kurzsichtige Ehemann hatte vor der Huldigung des Königs die Waffen seiner sonst so regen Eifersucht gestreckt.
„Meine Liebe”, hatte er ihr gesagt, „ich denke, du bist schön genug, dass kein König sich zu schämen braucht, Feste zu deiner Ehre zu veranstalten. Die Liebe eines Königs ist keine Beleidigung. Im Übrigen kennst du deine Pflicht und weißt, was du mir und meinem Namen schuldest.”
Jetzt, da die Marquise diese Pflicht vergessen hatte, jetzt, da sie auf einem Fest, das Monsieur im Palais Royal gab, sich öffentlich als die Maitresse des Königs bekannte, raste der Marquis in ohnmächtigem Zorn.
Er vergaß sich so weit, seine Frau körperlich zu züchtigen. Jammernd flüchtete Athenais nach
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