Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
spät dazu geworden.
„Morgen denn, Sire?”, fragte sie mit klopfendem Herzen.
Er antwortete nicht. Er nahm seine Hetzpeitsche vom Boden und küsste ihr die Hand. Dann verließ er sie so rasch, wie er gekommen war. Sie sah ihm nach mit einem Blick voll Wehmut und schwacher Hoffnung.
Wäre sie in dieser Stunde nicht Louise von La Vallière, sondern Athenais von Montespan gewesen, sie hätte das Spiel, das ihr noch einmal alle Trümpfe in die Hand gab, schwerlich verloren.
Eine einzige Lüge statt so viel inniger Ehrlichkeit, ein Anspornen seiner Eifersucht statt der Beruhigung, ein fingierter Brief des Herzogs mit halbem Lächeln und halber Reue in die Flammen des Kamins geworfen, und der König hätte zu ihren Füßen gelegen, sie im Triumph an den Hof zurückgeführt.
Wenige Wochen vor der Geburt des ersten illegitimen Kindes der Montespan, eines Kindes, an dem der Makel des doppelten Ehebruchs haftete, anerkannte der König den kleinen François, der zum Schmerz seiner Mutter so lange ein verborgenes Dasein in der Provinz geführt hatte. Nach langem Zögern hatte der König sich entschlossen, seinem Sohn den Rang des Admirals von Frankreich zu geben, der soeben, nach dem Tode Beauforts, frei geworden war. Jedenfalls ein bequemes Mittel, diesen Rang jedem anderen zu verweigern.
Auf den Namen und Titel „Louis, Graf von Vermandois, Admiral von Frankreich” wurde das Patent ausgefertigt. So hatte Louise in langen Jahren der Demütigung und des verzehrenden Kummers endlich das für ihre Kinder erreicht, was ihr Herz für sie erstrebt hatte.
Sie hätte den Hof augenblicklich verlassen können, wenn man sie hätte gehen lassen. Aber der König wollte sie nicht entbehren, wenn auch nur, um durch ihre Gegenwart am Hofe seine Beziehungen zu der Marquise nach Möglichkeit zu decken. Immer wieder trieb er diese beiden Frauen zusammen, um der Welt das Schauspiel allseitiger Verträglichkeit und Harmonie zu geben. Athenais kam auf diese Weise niemals über ihre Eifersucht, Louise nicht über immer neue Demütigungen hinweg.
Des Königs Einfluss auf beide Frauen ging so weit, dass er sie vermochte, bei seinem Architekten Jean Marot vier Grotten in Saint-Germain gemeinsam in Auftrag zu geben, zwei für jede der Damen, deren Kosten sie, jede zur Hälfte, zu tragen hatten.
Athenais unterzeichnete den Vertrag mit ihrem vollen Rang und Namen „Die Marquise von Montespan”. Louise setzte nur ihren einfachen Mädchennamen „L. von La Vallière” unter das Schriftstück. Sie war noch immer nicht stolz darauf, Herzogin von Vaujours zu heißen.
Der König erreichte, was er wollte. Jedermann war überzeugt davon, dass er nicht daran dachte, mit der La Vallière ganz zu brechen, und ebenso überzeugt, dass es nicht in des Königs Absicht lag, sich vollständig mit der Marquise von Montespan zu identifizieren. Die Kosten des Leides trug Louise allein. Schmerzgebeugt sandte sie dem König ein Sonett, das die Stimmung ihres wunden Herzens wiedergab.
„ Tont se detruit, tout passe, et le coeur le plus tendre
Ne peut du meme objet se contenter toujours;
Le passé n'a point eu d'éternelles amours,
Et les siècles suivants n'en doivent point entendre.
La konstance a des lois qu'on ne veut point attendre;
Des désirs d'un grand roi rien n'arrête le cours:
Ce qui plaît aujourd'huy déplaît en peu de jours;
Cette inégalite ne sauroit se comprendre.
Tous ces defauts, grand roi, font tort à vos vertus;
Vous m'aimiez autrefois, mais vous ne m'aimez plus.
Mes sentiments, hélas! dierent bien des vôtres!
Amour, à qui je dois et mon mal et mon bien,
Que ne luy donniez-vous un coeur comme le mien,
Ou que n'avez-vous fait le mien comme les autres!”
VI
All diesem Hangen und Bangen, all diesen Liebesschmerzen und dem Glück einer heißen Leidenschaft, allen Intrigen und Medisancen machte ein Ereignis ein vorläufiges Ende, das den leichtfertigen Hof Louis' XIV. aufs Tiefste erschütterte.
Madame, die während der letzten Jahre allen Liebesabenteuern entsagt hatte, die dem König und der Königin zuliebe mit bestem Willen versucht hatte, sich Monsieur wieder zu nähern, war, als ein besonderes Zeichen königlichen Vertrauens, von Louis zu einer geheimen politischen Verhandlung mit Karl II. nach England entsandt worden. Henriette gelang es, bei ihrem Bruder alles zu erreichen, was der König für wünschenswert hielt, und die Verträge, die ihr Schwager ihr anvertraut hatte, unterzeichnet nach Frankreich
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