Die Geliebte des Zeitreisenden
sehen, die mehr als hundert Fuß entfernt in den Felsspalten wachsen?« Prüfend sog er die Luft ein. »Und ich kann nicht nur das Fleisch in diesen Pasteten riechen, sondern auch die verschiedenen Zutaten in der Soße erkennen - und zwar jede einzelne so deutlich, als hätte ich sie nacheinander geschmeckt.«
Ihre Herzen flatterten wieder, doch diesmal verspürte sie keine Erregung, sondern nur Schrecken.
»Vielleicht bist du nur sehr angeregt, und deine Sinne sind wegen der Gefahr, in der wir schweben, ganz besonders geschärft.«
»Mein Gott... ich kann Merlin atmen hören.« Mit einem Blick hatte er die Eule erspäht, die auf einem Ast in der Nähe hockte. Lucan sah Cael ganz genau an. »Was geschieht hier eigentlich gerade?«
»Ich weiß es nicht.« Aber sie befürchtete, es doch zu wissen. Die Gedanken, die durch ihren Kopf kreisten, ließen ihr das Blut gefrieren.
»Ich wünschte, ich hätte einen Spiegel. Dann könnte ich feststellen, ob ich so anders aussehe, wie ich mich fühle.« Lucan kniff die Augen zusammen. »Was für eine Art von Medizin hast du mir gegeben, während ich bewusstlos war?«
»Ich habe dir gar keine Medizin gegeben.«
»Warum bin ich dann so schnell gesund geworden?«
»Ich habe deine Wunden gesäubert und die Blutungen gestillt. Du bist sehr schwach gewesen. Deine Körpertemperatur war gesunken. Du hattest viel Blut verloren.« Aufgewühlt setzte sie ihre halb aufgegessene Scheibe Käse ab. »Ich habe dir eine Transfusion gegeben.«
»Von deinem Blut?«
Sie nickte, biss sich auf die Unterlippe und sah ihn unsicher an.
Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. »Du hast .mir Drachenblut gegeben?«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Das habe ich dir doch alles schon einmal gesagt.«
Vor Zorn wurde sein Gesicht steinern. »Aber da wusste ich noch nicht, dass du dich in einen Drachen verwandeln kannst, und du hast mir auch nicht erklärt, dass du... damit meine DNS verändert hast.« Er ballte die Fäuste. »Du hättest mich töten können.«
Sie zog eine Grimasse. »In dir war kaum noch Leben. Du lagst ja schon im Sterben.«
Er warf ihr einen finsteren Blick zu; seine Enttäuschung war deutlich zu spüren. »Warum hast du mich nicht einfach in ein Krankenhaus gebracht?«
Sie hob die Arme und berührte ihre Halskette. »Wenn ich eine Drachin bin, dann denke ich auch wie eine Drachin. Wir wurden vom Militär gejagt. Auf uns wurde geschossen. Da hat mein Instinkt die Herrschaft übernommen, und ich bin so schnell wie möglich zum Nest geflogen.«
Er lehnte sich gegen einen Baumstamm und schlug die Beine übereinander, doch wegen seiner schäumenden Wut hatte diese Geste nichts Gelassenes an sich. »Was wird jetzt mit mir geschehen?«
Sein Zorn brandete gegen sie, bis ihr die Schläfen schmerzten. »Ich weiß es nicht«, sagte sie mit einem schmerzerfüllten Flüstern.
»Du weißt es nicht?« Er schüttelte den Kopf. »Mein ganzer Körper verändert sich.«
Sie trat auf ihn zu und hob beschwörend die Hände. »Ist es so schlimm, besser sehen und riechen zu können und schneller geheilt zu werden?«
Er schenkte ihr einen langen, erhitzten Blick. »Als wir uns liebten, hatte ich mich selbst nicht mehr unter Kontrolle. War das Drachenblut der Grund dafür?«
»Möglicherweise.« Sie flehte die Göttin um Hilfe an. Ihr wurde eiskalt, dann wieder glühend heiß.
Als sie zugab, dass er wegen des Drachenblutes, das er in sich trug, möglicherweise die Kontrolle verloren hatte, blähte er die Nüstern. »Werden mir auch Flügel wachsen? Werde ich... Feuer speien?«
Ihrer Meinung nach spie er bereits Feuer. Sein Zorn und seine Geschlechtlichkeit versengten sie ja geradezu. In ihren Schuppen prickelte es. Aber nach seinem ersten rasenden Gefühlsausbruch hatte er eine Barriere in sich errichtet, die es verhinderte, dass sie seine Empfindungen weiterhin las.
»Ich konnte dich doch nicht einfach sterben lassen.« Sie zitterte unter den Nachwirkungen seiner brodelnden Gefühle. »Aber die Ältesten haben mir nie verraten, was geschieht, wenn...«
Ein Muskel zuckte an seinem Kinn. Die Sehnen an seinem Hals spannten sich. »Du hast also keine Ahnung, was du meinem genetischen Code angetan hast, oder?«
Sie reckte das Kinn. »Soweit ich weiß, hat noch nie ein Drachenwandler einer anderen Person Blut gespendet. Das ist auch einer der Gründe, warum ich mit den Ältesten reden will. Aber gewiss werden sie nicht recht glücklich darüber sein, dass ich ihr heiligstes Tabu
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