Die Geliebte des Zeitreisenden
die die Straße säumten, trug zum allgemeinen Eindruck der Heiterkeit bei.
Als Rion vor einem beeindruckenden Stahltor anhielt, in das ein Drache mit ausgebreiteten Schwingen in vollem Flug eingraviert war, warf Cael einen Blick zurück und keuchte auf. »Die Soldaten verletzen den heiligen Bezirk! Sie folgen uns.«
Offenbar wagte Brennon es, das Missfallen der Ältesten zu erregen. War er so verzweifelt? Oder war ihm einfach egal, was die Allgemeinheit dachte?
Rion tippte an seinen Hut und bedeutete ihnen auszusteigen. Cael eilte auf ein Häuschen neben dem Tor zu und betrat es. Lucan wandte sich indes an Rion. »Was ist mit Avalon?«
Er beobachtete, wie sich Cael zu einem Monitor beugte, von dem ihre Netzhaut abgetastet wurde, dann kehrte sie zu Lucan zurück. Das Tor schwang auf.
Rion runzelte die Stirn. »Das Militär ist ein kurzes Stück in einen unterirdischen Tunnel eingedrungen, hat aber nichts gefunden.«
»Und was ist mit der Höhlung unter Avalon?«, fragte Cael.
»Die Ränder brechen allmählich ein. Uns läuft die Zeit davon.«
Hinter ihnen marschierten die Soldaten über die lange Zufahrt und riefen ihnen zu, sie sollten sich ergeben. Rion klopfte Lucan auf die Schulter und machte eine ernste Miene. »Geht.«
Ihnen blieben noch ein paar Sekunden, bis die Soldaten in Schussweite kamen. »Für wen arbeitest du?«, fragte Lucan.
Rion grinste. »Ich stehe auf General Brennons Gehaltsliste.« Dann verblasste sein Lächeln, und er wandte sich an Cael. »Herrin Cael, Ihr müsst Euch vor einem Verräter in Acht nehmen.« Er drückte Lucan eine Waffe in die Hand. »Passt auf, wenn ihr die Ältesten trefft.«
»Stehen bleiben!« Die herannahenden Soldaten legten mit ihren Waffen auf Cael und Lucan an.
»Geh.« Lucan schob sie durch das Tor und schlüpfte knapp hinter ihr hindurch, bevor sich das Tor wieder schloss.
Ein weiß gekleideter Diener wartete auf der anderen Seite. »Wünscht Ihr einzutreten, Herrin?«
»Allerdings.« Cael trat vor, ihre Herzen hämmerten gegen den Brustkorb. Es war nicht die Angst vor dem Erschossenwerden, unter der sich ihre Nerven anspannten, sondern Rions Warnung, dass einer der Ältesten sie vielleicht verraten könnte.
»Bitte kommt mit.« Der Diener führte Lucan und Cael über einen gewundenen Pfad, dessen Steine mit den Jahren von den vielen Gläubigen, die zum Gebet oder auf der Suche nach Trost hierherkamen, ausgetreten worden waren. Windspiele klimperten in der Brise. Die Baumkronen raschelten, der Duft der Blumen besänftigte Caels angegriffene Nerven. Die Dunkelheit war zwar hereingebrochen, aber ein sanftes, warmes Licht erhellte die Gegend, erschuf eine Aura des Friedens und ermunterte zum Gebet.
Der Pfad endete vor einem offenen Pavillon. Cael und Lucan folgten ihrem Führer die Stufen zu einer Veranda hinauf, auf der Bänke mit Kissen standen.
»Herrin.« Der Diener verneigte sich. »Bitte wartet hier und nehmt Euch die Erfrischungen, die Ihr wünscht.« Er deutete auf ein Tablett mit Backwaren, Fleisch und Käse, das auf einer der Bänke stand. Dazu warteten zwei Flaschen blauen Weins in einem silbernen Kübel, der mit Eis gefüllt war.
»Danke.«
Der Diener ging, Cael setzte ihren Hut ab und zog den Schal vom Gesicht; dann warf sie die Sonnenbrille auf den Tisch. »Die Ältesten speisen oft dort draußen, aber es ist schon seltsam, dass wir hier warten sollen, anstatt in die Große Halle gebeten zu werden und sofort alle begrüßen zu dürfen.«
»Irgendetwas stimmt hier nicht«, seufzte Lucan. Nachdem er an einer kleinen Pastete gerochen hatte, stopfte er sie sich in den Mund.
»Es freut mich, dass die Sorgen zumindest deinen Appetit nicht beeinträchtigt haben.«
»Ich bin am Verhungern - ständig.« Er sah sie an, als wäre sie ein leckeres Brötchen und hielt ihr das Tablett entgegen. Sie nahm ein Stück Käse.
Plötzlich aß Lucan nicht mehr weiter, und aus irgendeinem Grund, der ihr nicht ersichtlich war, sackte sein Unterkiefer herab und seine Augen weiteten sich.
»Was ist los?«, fragte sie und blickte hinter sich.
»Ich sehe purpurne Flecken an deinem Hals.«
»Ja, und?«
»Ich sehe deine Wimpern. Und das kleine Muttermal an deinem Ohr.«
»Und?« Sie senkte den Blick, dabei schlugen ihre Herzen schneller, während er einen kühnen Blick über ihren ganzen Körper schweifen ließ.
»Ich trage meine Brille nicht.« Verwundert griff sich Lucan an die Augen und sah auf den Garten hinaus. »Warum kann ich diese winzigen Flechten
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