Die Geliebte des Zeitreisenden
das ein mäandernder Fluss zog, der von dem Wasserfall gespeist wurde. Hier gab es zwar eine Menge Wild, doch er hielt nicht an, um zu jagen.
Er war nicht in der Stimmung für eine Mahlzeit. Es würde Cael schmerzen, wenn sie bemerkte, dass er sie allein gelassen hatte. Und dabei lag es keinesfalls in seiner Absicht, ihre Qualen oder ihre Einsamkeit zu vergrößern. Eine Eule war kein Ersatz für menschliche Gegenwart. Und obwohl sie an das Überleben in der Wildnis gewöhnt war, konnte sie doch stürzen und sich den Knöchel verstauchen oder sogar einen Knochen brechen.
Zum hundertsten Mal sagte er sich, dass es ihr gut gehen werde. Sie war hier draußen sicherer als dort, wohin er unterwegs war.
Er bahnte sich einen Weg am Fluss entlang und versuchte die Schuldgefühle abzuschütteln, die an ihm nagten. Er hätte es vorgezogen, dem Strom schon vom Wasserfall an
zu folgen, da er gewiss in die Zivilisation führte. Aber das Terrain um den Wasserfall herum war so zerklüftet, dass er ohne eine Kletterausrüstung nicht weit gekommen wäre, und außerdem hatte er sich vor seinen Verfolgern verstecken müssen. Deswegen hatte er den Weg unter dem Felsvorsprung nach Westen gewählt.
Aber eigentlich musste er nach Süden gehen - unmittelbar auf Avalon zu.
Er stritt gerade noch mit sich selbst, ob er die Richtung ändern und den Fluss verlassen sollte, als sein Rückgrat plötzlich erzitterte. Es war nicht diese ausgewachsene Vibration, die er gespürt hatte, als er mit Cael geschlafen hatte, sondern eher ein Flattern, das ihn nervös machte.
Er kniete neben dem Fluss nieder und trank ausgiebig. Als er das flatternde Geräusch von Schwingen in der Luft hörte, drehte er sich herum und zog sein Messer. Cael ging in Drachengestalt einige Fuß von ihm entfernt nieder, während ihre Eule noch über ihr schwebte. Trotz ihrer Masse landete sie mit der Anmut eines wesentlich kleineren Lebewesens.
Sie kehrte zur menschlichen Gestalt zurück und nahm das Gepäck von ihrem Rücken. Es war ihm unmöglich, ihre nackte Schönheit nicht anzustarren, ihre zarten Rundungen, langen Beine und diesen wunderschönen Hals. Sie zog ihre Kleider an, ohne ein Wort zu sagen, aber deutlich erkannte er die Wut in ihren Bewegungen.
Er steckte das Messer wieder in den Gürtel und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum bist du mir gefolgt?«
»Rion hat angerufen. Das Militär hat überall Soldaten stationiert - zwischen diesem Ort hier und Avalon. Wenn du versuchen solltest, an ihnen vorbeizukommen, werden sie dich schnappen.«
»Du bist also gekommen, um mich zu warnen.«
»Rion hat darauf bestanden, dass ich es dir mitteile«, gab sie zu.
Es klang so, als wäre sie Lucan nur Rion zuliebe hinterhergeflogen. Es tat weh, dass sie sich so wenig um seine Sicherheit scherte, vor allem, nachdem sie so ehrlich zu ihm gewesen war. Doch er verdiente alles, was sie ihm antat. Er bedauerte, dass er ihr Vertrauen missbraucht hatte und wünschte, er hätte anders handeln können. »Ich gehe erst nach Osten und dann nach Westen. Ich werde versuchen, durch eine der Grenzstädte zu schlüpfen.«
»Habe ich dich nach deinen Plänen gefragt?« Bei ihrem eisigen Ton fühlte er sich wie ein Schurke.
»Ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte er sanft.
»Du hast mir zwar gesagt, dass wir nicht für immer zusammen sein können. Aber ich dachte, du würdest mir wenigstens Auf Wiedersehen sagen.« Sie vermochte ihn nicht einmal anzusehen, als sie diese Worte aussprach.
Bevor er sich davon abhalten konnte, hatte er bereits einen Schritt auf sie zu gemacht und den Arm um sie gelegt. Einen Herzschlag lang erlaubte sie ihm diese Berührung, dann wich sie vor ihm zurück, bis sie keinen Körperkontakt mehr zueinander hatten.
»Ich war der Meinung, ein klarer Bruch sei besser.«
Sie seufzte und sagte traurig: »Ob du es glaubst oder nicht: Es dreht sich nicht die ganze Welt um dich.«
Als fühlte er sich nicht schon elend genug, sank sie nun zu Boden und senkte den Kopf. Zuvor hatte er noch ihre Tränen bemerkt. »Liebste ...«
»Nicht.«
Das Kosewort war ihm von den Lippen geschlüpft, bevor er es hatte vermeiden können. Er räusperte sich. »Was ist geschehen?«
»Nisco hat wieder angerufen. Sie glaubt, sie werde von jemandem verfolgt.«
»Sie könnte sich irren.«
»Ich hätte sie nie um ihre Hilfe bitten dürfen.«
»Du kannst nicht alles allein machen. In der Familie hilft man sich eben.«
»Nicht einmal das bringe ich zustande.« Vor
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