Die Geliehene Zeit
schließlich begriffen habe. Gerade das kann ich ihm nicht verzeihen, und ich wünsche ihm, daß seine Seele dafür verfault.«
Er sah mich an. Sein übernächtigtes Gesicht wirkte ausgemergelt, aber seine Augen leuchteten eindringlich.
»Claire, deinen Nacken unter meinen Händen zu fühlen und die zarte Haut deiner Brüste und Arme... Guter Gott, du bist meine Frau, und ich liebe dich und würde für dich mein Leben geben. Und trotzdem möchte ich dich so hart küssen, daß deine Lippen bluten und meine Finger Male auf deiner Haut hinterlassen.«
Er ließ das Handtuch fallen und legte mir die Hände auf den Kopf, als wollte er mich segnen.
»Ich möchte dich wie ein Kätzchen unter meinem Hemd tragen, mo duinne, und gleichzeitig will ich deine Schenkel öffnen und dich reiten wie ein Stier.« Seine Finger krallten sich in meine Haare. »Ich verstehe mich selbst nicht.«
Ich zog meinen Kopf weg und trat einen halben Schritt zurück. Das Blut pulsierte unter meiner Haut, und ein Schauder erfaßte meinen Körper.
»Glaubst du, ich empfinde anders?« entgegnete ich. »Glaubst du nicht, daß ich dich nicht auch manchmal beißen möchte, bis ich Blut schmecke, und daß ich dich kratzen will, bis du schreist?«
Behutsam streckte ich meine Hand nach ihm aus. Seine Brust fühlte sich feucht und warm an. Ich berührte ihn mit dem Nagel meines Zeigefingers unterhalb der Brustwarze. Sachte bewegte ich ihn um die Warze herum und sah, wie sie sich in dem buschigen Haar aufstellte.
Mein Fingernagel drückte sich fester in die helle Haut, glitt abwärts und hinterließ einen schwachen roten Streifen. Ich zitterte, wandte mich aber nicht ab.
»Manchmal möchte ich dich wie ein wildes Pferd reiten und dich zähmen - hast du das gewußt? Ich weiß, ich kann es. Ich will dich so scharf machen, bis du nur noch röchelst, dich an den Rand des Zusammenbruchs bringen und es genießen, Jamie, wirklich! Und doch will ich sooft...«, ich mußte schlucken, »will ich einfach... deinen Kopf an meine Brust drücken, dich liebkosen wie ein Kind und in den Schlaf wiegen.«
Meine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, so daß ich sein Gesicht nur verschwommen wahrnahm und nicht sah, ob er auch weinte. Seine Arme schlossen sich um meinen Körper und die feuchte Wärme, die von ihm ausging, umfing mich wie der Atem eines heißen Sommerwindes.
»Claire, du bringst mich um, mit oder ohne Messer«, flüsterte er, das Gesicht in meinem Haar vergraben. Er hob mich hoch und trug mich zum Bett. Dann kniete er nieder und legte mich auf die zerwühlten Decken.
»Du liegst jetzt bei mir«, sagte er ruhig, »und ich werde dich so nehmen, wie ich muß. Und wenn du es mir gleichtun willst, dann tu es und sei willkommen, denn jeder Winkel meiner Seele ist dein.«
Obgleich seine Schultern von dem Bad noch warm waren, zitterte er, als meine Hände an seinen Hals wanderten. Ich zog ihn zu mir herunter.
Als alles vorbei war, streichelte ich ihn und strich ihm die Locken zurück.
»Manchmal wünschte ich, du wärst es, der in mir ist«, flüsterte ich. »Ich möchte dich in mir aufnehmen, damit dir nichts zustoßen kann.«
Er legte seine große warme Hand schützend und liebkosend über die leichte Wölbung meines Bauches.
»Du tust es, mo duinne «, sagte er. »Du tust es.«
Ich spürte es zum erstenmal am darauffolgenden Morgen, als ich noch im Bett lag und Jamie beim Anziehen zusah. Ein kaum merkliches Flattern, wohlvertraut und doch völlig unbekannt. Jamie stand mit dem Rücken zu mir, wand sich in sein knielanges Hemd und streckte die Arme, um die Falten des gebleichten Stoffes über seinem breiten Rücken auszurichten.
Ruhig lag ich da und hoffte, das leise Flattern würde sich wiederholen. Und da war es: winzige, schnelle Bewegungen, wie die Bläschen, die in einer kohlensäurehaltigen Flüssigkeit aufsteigen und zerplatzen. Behutsam legte ich eine Hand auf meinen Unterleib, knapp über dem Schoß.
Da war es. Kein er und keine sie - aber ein Wesen. Vielleicht besaßen Babys ja bis zur Geburt gar kein Geschlecht - abgesehen von den körperlichen Merkmalen.
»Jamie«, sagte ich. Er band gerade sein Haar mit einem Lederband im Nacken zusammen. Mit geneigtem Kopf schaute er mich lächelnd an.
»Na, aufgewacht? Es ist noch früh, mo duinne . Schlaf noch ein Weilchen.«
Ich war drauf und dran gewesen, es ihm zu erzählen, doch irgend etwas hielt mich zurück. Er konnte es nicht spüren, noch nicht. Es war nicht, daß ich annahm, es sei ihm
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