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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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egal, aber diese Empfindungen schienen plötzlich nur mich etwas anzugehen. Nach dem ersten Wissen um die bloße Existenz des Babys - meinerseits ein Bewußtsein und seinerseits einfach ein Dasein - teilte ich nun noch ein zweites Geheimnis mit dem Kind, etwas, was uns aufs engste miteinander verband, wie das Blut, das durch uns beide strömte.
    »Möchtest du, daß ich dir die Haare flechte?« fragte ich Jamie. Wenn er zum Hafen ging, bat er mich oft, ihm seine Mähne zu einem festen Zopf zu binden, da an Bord und auf dem Kai ein starker Wind blies. Er scherzte häufig, daß er es wie die Matrosen in Teer tauchen würde, um dem Problem endgültig beizukommen.
    Er schüttelte den Kopf und griff nach dem Kilt.
    »Nein. Ich werde Prinz Charles einen Besuch abstatten. Und in seinem Haus ist es zwar zugig, aber es wird mir gewiß nicht die Locken in die Augen blasen.« Er grinste mich an und stellte sich neben mein Bett. Als er meine Hand auf meinem Bauch sah, legte er seine sachte darüber.
    »Alles in Ordnung, Sassenach? Ist es besser mit der Übelkeit?«
    »O ja.« Die morgendliche Ubelkeit hatte tatsächlich nachgelassen. Nur hin und wieder wurde ich von einem Brechreiz erfaßt. Ich hatte festgestellt, daß ich den Geruch von gebratenen Kutteln mit Zwiebeln nicht ertragen konnte. Ich mußte dieses geschätzte Mahl vom Speiseplan der Dienstboten streichen, da sein Duft von der Küche im Untergeschoß über die Hintertreppe hochkroch und mich jäh überfiel, sobald ich die Tür des Salons öffnete.
    »Gut.« Er hob meine Hand und küßte sie zum Abschied. »Schlaf noch ein wenig, mo duinne «, wiederholte er.
    Behutsam schloß er die Türe hinter sich, als wäre ich bereits eingeschlafen, und überließ mich der morgendlichen Stille der Kammer. Das fahle Sonnenlicht drang durch das Flügelfenster und malte quadratische Muster auf die Wand. Es würde ein herrlicher Tag werden. Ich war mit Freude erfüllt, allein mit mir und doch nicht allein in meinem friedlichen, warmen Kokon.
    »Hallo«, sagte ich leise, eine Hand über die Schmetterlingsflügel gelegt, die sich in meinem Innern kaum wahrnehmbar bewegten.

DRITTER TEIL
    Unheil

18
    vergewaltigung in Paris
    Ende April gab es im Königlichen Zeughaus eine Explosion. Später hörte ich, daß ein achtloser Pförtner eine Fackel an der falschen Stelle abgelegt hatte, woraufhin das größte Schießpulver- und Feuerwaffenarsenal von Paris mit einem Donnerschlag in die Luft flog, daß die Tauben von Notre Dame aufflogen.
    Da ich zu der Zeit im Hôpital des Anges arbeitete, hörte ich die Explosion selbst nicht, dafür bekam ich aber ihre Nachwirkungen zu Gesicht. Das Spital lag zwar am anderen Ende der Stadt, aber es gab so viele Verletzte, daß diejenigen, die in den anderen Krankenhäusern keine Aufnahme mehr fanden, zu uns geschafft wurden. Die verstümmelten, mit Brandwunden bedeckten Opfer wurden auf Karren geladen oder auf ein Brett gelegt und von freundlichen Mitmenschen zu uns gebracht.
    Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, als der letzte versorgt war und in Verbände gehüllt in ein Bett zwischen die schmuddeligen, anonymen Patienten des Spitals gelegt wurde.
    Als ich sah, welch gewaltige Aufgabe die Schwestern erwartete, hatte ich Fergus mit der Nachricht heimgeschickt, daß ich später kommen würde. Er war in Begleitung von Murtagh zurückgekehrt, und die beiden machten es sich auf den Stufen vor dem Eingang bequem und warteten darauf, uns nach Hause zu geleiten.
    Mary und ich traten müde und erschöpft durch die Flügeltür und trafen auf Murtagh, der gerade dabei war, Fergus in die Kunst des Messerwerfens einzuführen.
    »Also los«, sagte er, den Rücken zu uns gewandt. »So gerade du kannst, auf drei. Eins... zwei... drei!« Bei »drei« warf Fergus eine große weiße Zwiebel und ließ sie über das unebene Gelände hüpfen.
    Murtagh stand entspannt da, den Arm lässig erhoben, den Dolch in den Fingerspitzen. Als die Zwiebel vorbeisauste, zuckte sein
Handgelenk schnell und scharf. Sonst zeigte er keine Regung, nicht einmal sein Kilt bewegte sich, aber die Zwiebel wurde zur Seite geschleudert und rollte tödlich getroffen im Staub zu seinen Füßen.
    »B-bravo, Mr. Murtagh!« rief Mary lächelnd. Verblüfft drehte sich Murtagh um, und im Licht, das durch die Flügeltür hinter uns fiel, sah ich, wie ihm die Röte in die hageren Wangen stieg.
    »Mmmpf«, brummte er.
    »Tut mir leid, daß wir so spät kommen«, entschuldigte ich mich. »Es hat ziemlich

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