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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Vor Ablauf eines Monats sehen wir uns vor Spaniens Küste. Hast du bis dahin das Geld?«
    Jamie nickte. »O ja. Bis nächste Woche, denke ich.« Jareds Weinhandel war unter Jamies Verwaltung gediehen, aber die Geldreserven reichten nicht aus, um ganze Schiffsladungen Portwein aufzukaufen und gleichzeitig den anderen Verpflichtungen des Hauses Fraser nachzukommen. Doch die Schachpartien hatten in mehr als einer Hinsicht Früchte getragen. Monsieur Duverney der Jüngere, ein angesehener Bankier, hatte dem Freund seines Vaters ohne Zögern ein beträchtliches Darlehen bewilligt.
    »Schade, daß wir den Wein nicht nach Paris bringen können«, hatte Jamie während der Planung bemerkt, »aber St. Germain würde uns bestimmt auf die Schliche kommen. Ich denke, wir verkaufen ihn am besten über einen spanischen Mittelsmann - ich kenne jemanden, in Bilbao. Dabei fällt zwar weniger Gewinn ab als
in Frankreich, und die Steuern sind höher, aber man kann nicht alles haben, oder?«
    »Ich handle die Rückzahlung von Duverneys Darlehen aus«, bot ich an. »Und da wir von Darlehen sprechen, was wird Signore Manzetti anstellen, wenn er das Geld verliert, das er Charles Stuart geliehen hat?«
    »Es in den Kamin schreiben, schätze ich«, meinte Jamie vergnügt. »Und das wird den Ruf der Stuarts bei sämtlichen Bankiers auf dem Festland ruinieren.«
    »Für den armen Manzetti ist das ein bißchen hart«, bemerkte ich.
    »Aye. Wo gehobelt wird, da fallen Späne, sagt meine alte Großmutter immer.«
    »Du hast keine alte Großmutter«, wandte ich ein.
    »Nein«, gab er zu, »aber wenn ich eine hätte, würde sie genau das sagen.« Plötzlich änderte sich sein Tonfall. »Auch den Stuarts gegenüber ist es nicht gerade fair. Und wenn die jakobitischen Lords herausfinden sollten, was ich getan habe, dann würden sie es Verrat nennen, und recht hätten sie.« Er strich sich über die Stirn und schüttelte den Kopf, und ich sah, wie ernst es ihm ungeachtet seiner spaßhaften Bemerkungen war.
    »Es hilft alles nichts, Sassenach. Wenn du recht hast, dann gilt es, zwischen dem Ehrgeiz von Charles Stuart und dem Leben zahlloser Schotten zu wählen. Ich liebe König George nicht - ich, ein Geächteter? -, aber ich sehe keinen anderen Weg.«
    Er runzelte die Stirn und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, wie immer, wenn er aufgeregt war oder nachdachte. »Wenn die Möglichkeit bestünde, daß Charles Erfolg hat... aye, dann wäre es etwas anderes. Für eine ehrenvolle Sache nimmt man Gefahren in Kauf, aber deine Geschichte sagt, er wird scheitern, und soweit ich den Mann kenne, behältst du wahrscheinlich recht. Es geht um mein Volk und meine Familie, und wenn sich ihr Leben mit dem Gold eines Bankiers erkaufen läßt... nun, dann wiegt dieses Opfer wohl nicht schwerer als der Verlust meiner Ehre.«
    Mit halb gespielter Verzweiflung zuckte er die Achseln. »Statt nur die Post Seiner Hoheit zu stehlen, gehe ich jetzt zu Bankraub und Seeräuberei über. Aber anscheinend gibt es keinen anderen Ausweg.«
    Er schwieg und betrachtete seine Hände. Dann sah er mich an und lächelte.

    »Ich wollte Pirat werden, als ich klein war«, sagte er. »Nur schade, daß ich kein Entermesser tragen kann.«
     
    Ich lag im Bett, Kopf und Schultern auf Kissen gebettet, die Hände über dem Bauch verschränkt, und dachte nach. Seit dem ersten Mal hatte ich kaum noch geblutet, und es ging mir gut. Dennoch war selbst eine leichte Blutung in diesem Stadium der Schwangerschaft Anlaß zur Besorgnis. Ich fragte mich, was werden sollte, wenn ein Unglück geschah, während Jamie in Spanien weilte. Doch es war nichts gewonnen, wenn ich mir Sorgen machte. Er mußte gehen. Von dieser einen Schiffsladung hing einfach zuviel ab. Bestimmt würde er längst zurück sein, wenn das Baby zur Welt kam.
    Persönliche Belange zählten nicht, ungeachtet aller Gefahren. Charles, der seine Erregung nicht verbergen konnte, hatte Jamie anvertraut, daß er in Kürze zwei Schiffe benötigte - vielleicht auch mehr. Und hatte sich hinsichtlich der Form von Schiffsrümpfen und der Aufstellung von Bordkanonen von Jamie beraten lassen. In den letzten Briefen aus Rom hatten Zweifel angeklungen - mit dem feinen politischen Gespür der Bourbonen hatte James Stuart gemerkt, daß etwas faul war, doch offenbar hatte man ihn nicht darüber aufgeklärt, was sein Sohn vorhatte. Jamie, der bis zum Hals in verschlüsselten Briefen steckte, hielt es für wahrscheinlich, daß Philipp von Spanien bisher weder

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