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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Lage, ohne Schaum vorm Mund zu sprechen.
    »Gut, Fiona, legen Sie sie vor die Tür. Und dann... bitte, Fiona... gehen Sie!«
    Nach einem Rascheln hörte er, wie sich ihre Schritte entfernten. Mit einem Seufzer der Erleichterung gab sich Roger endlich den Freuden des Alleinseins hin. Frieden. Ruhe. Keine Fiona.
    Nun, da er endlich mit etwas mehr Objektivität über seine aufregende Entdeckung nachdenken konnte, beschäftigte ihn vor allem die Neugier auf Briannas geheimnisvollem Vater. Der Tochter nach zu urteilen, mußte er ein Mann von außerordentlicher körperlicher Anziehungskraft gewesen sein. Aber hätte das ausgereicht, um eine Frau wie Claire Randall in Versuchung zu führen?
    Er hatte sich schon gefragt, ob Briannas Vater Schotte war. Lebte er in Inverness - oder hatte er hier gelebt? Diese Annahme könnte Claires Nervosität und sein Gefühl, daß sie etwas verbarg, erklären. Aber erklärte sie auch die rätselhaften Wünsche, die sie an ihn herangetragen hatte? Sie hatte ihn gebeten, mit Brianna nicht zum Craigh na Dun zu fahren und ihr gegenüber den Hauptmann der Männer von Broch Tuarach nicht zu erwähnen. Warum nur, um alles in der Welt?

    Ein plötzlicher Einfall ließ ihn auffahren, so daß das Wasser gegen den Rand der gußeisernen Wanne platschte. Könnte es sein, daß sie sich nicht um den jakobitischen Soldaten aus dem achtzehnten Jahrhundert sorgte, sondern um einen Mann gleichen Namens? Hieß der Mann, mit dem sie 1947 eine Tochter gezeugt hatte, vielleicht auch James Fraser? Weiß Gott, kein seltener Name in den Highlands.
    Ja, dachte er, das wäre eine Erklärung. Und Claires Wunsch, selbst diejenige zu sein, die ihrer Tochter den Steinkreis zeigte, könnte durchaus mit dem Geheimnis um ihren Vater zusammenhängen. Vielleicht hatte ihn Claire dort kennengelernt, oder womöglich war Brianna dort gezeugt worden. Der Steinkreis war ein beliebter Ort für ein Schäferstündchen. Roger hatte sich in seiner Highschool-Zeit oft genug mit Mädchen dort verabredet und darauf gebaut, daß sie vom Hauch des heidnischen Mysteriums aus der Reserve gelockt werden würden. Funktioniert hatte es stets.
    Urplötzlich überkam ihn die Vorstellung, wie sich Claire Randalls zarte, weiße Glieder in wilder Ekstase um den nackten Rücken eines rothaarigen Mannes schlangen, wie sich die zwei regennassen und mit Grashalmen bedeckten Leiber leidenschaftlich zwischen den stehenden Steinen aufbäumten. Das Bild war so schockierend deutlich, daß ihm ein Schauer über den Rücken fuhr.
    Mein Gott! Konnte er Claire Randall noch in die Augen blicken, wenn er sie das nächstemal traf? Und was sollte er Brianna sagen? »Welches Buch hat Ihnen in letzter Zeit besonders gefallen?« - »Können Sie mir einen guten Film empfehlen?« - »Wußten Sie schon, daß Ihr Vater nicht Ihr Vater ist?«
    Abwehrend schüttelte er den Kopf. Im Grunde hatte er keine Ahnung, was er als nächstes tun sollte. Es war eine unangenehme Situation. Eigentlich wollte er mit alldem nichts zu tun haben, doch dazu war es bereits zu spät. Er mochte Claire Randall, und er mochte Brianna - mehr als das, um ehrlich zu sein. Er wollte sie beschützen und ihr jeden Schmerz ersparen. Doch er sah keine Möglichkeit, dies auch zu tun. Ihm blieb nichts weiter übrig, als den Mund zu halten, bis Claire das ausführte, was sie vorhatte. Und dann die Scherben aufsammeln.

3
    Mutter und Tochter
    Wie viele dieser winzigen Teestuben mochte es wohl in Inverness geben? So weit das Auge reichte, war die High Street von Andenkenläden und kleinen Cafes gesäumt. Seit Königin Victoria die Highlands für Reisende sicher gemacht hatte, indem sie der Gegend ihre königliche Wertschätzung angedeihen ließ, pilgerten immer mehr Touristen nach Norden. Und die Schotten, die vom Süden bis dato nichts anderes gewohnt waren als Invasionen und politische Bevormundung, waren mit dieser Herausforderung hervorragend fertig geworden.
    In jeder x-beliebigen schottischen Kleinstadt stieß man auf Geschäfte mit schottischem Mürbgebäck, Zuckerstangen, Dudelsäkken in Miniaturausführung, Brieföffnern in Form eines Breitschwerts und Geldbörsen, verbrämt mit einem Schottenrock (manchmal sogar mit einem anatomisch korrekten »Schotten« darunter). Hinzu kam eine verwirrende Vielzahl von unechten Clankaros, die jedes nur erdenkliche Objekt aus Stoff zierten, seien es nun Mützen, Halstücher oder Servietten.
    Beim Betrachten eines Sortiments von Geschirrtüchern, bedruckt mit einer

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