Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Besuchern.« Roger hockte sich neben sie. FRASER stand in verblichenen Lettern auf dem Stein. »Von den Nachkommen der Männer, die hier gestorben sind. Oder auch nur von denen, die sie in gutem Andenken behalten.«
    Sie sah ihn forschend an. »Haben Sie das auch schon mal getan?«
    Lächelnd schaute er auf seine Hände.
    »Ja. Das mag zwar sentimental klingen, aber manchmal mache ich das auch.«
    Brianna wandte sich zu den Moorpflanzen um, die auf der anderen Seite des Weges wucherten.
    »Dann helfen Sie mir! Zeigen Sie mir Heidekraut«, bat sie ihn.
    Auf dem Heimweg verflüchtigte sich die Melancholie, die sie in Culloden überkommen hatte, doch das Gefühl, die gleiche Regung geteilt zu haben, blieb. Sie sprachen und lachten miteinander wie alte Freunde.

    »Wie schade, daß Mutter nicht mitkommen konnte«, meinte Brianna, als sie in die Straße von Mrs. Thomas’ Pension einbogen.
    Obwohl er Claire Randall schätzte, fand Roger es gar nicht schade. Doch er grunzte lediglich nichtssagend und fragte dann: »Wie geht es Ihrer Mutter? Ich hoffe, sie ist nicht ernstlich krank.«
    »Nein, sie hat sich nur den Magen verdorben. Zumindest behauptet sie das.« Brianna zog zweifelnd die Stirn kraus. Dann wandte sie sich zu Roger um und legte ihm die Hand aufs Knie. Seine Beine begannen zu zittern, und er konnte sich nur mit Mühe auf ihre Worte konzentrieren.
    »... was in ihr vorgeht?« endete Brianna. Sie schüttelte den Kopf, und selbst im Dämmerlicht des Wagens stoben kupferne Funken aus ihren Locken. »Ich weiß nicht, aber sie wirkt so abwesend! Nicht unbedingt krank - eher so, als würde sie sich Sorgen machen.«
    Roger spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte.
    »Mmmpf«, meinte er. »Vielleicht fehlt ihr die Arbeit. Ich bin sicher, es geht ihr bald wieder besser.« Dankbar lächelte Brianna ihn an. Kurz darauf hatten sie das kleine Haus erreicht.
    »Es war großartig, Roger«, sagte Brianna und berührte ihn flüchtig an der Schulter. »Mit Mutters Projekt sind wir allerdings nicht so recht weitergekommen. Kann ich Ihnen nicht auch noch bei der mühseligen Kleinarbeit helfen?«
    Rogers Stimmung hellte sich auf. »Dagegen hätte ich nichts einzuwenden. Wollen Sie morgen vorbeikommen und sich mit mir die Garage vornehmen? Wenn Sie Kleinkram lieben, gibt es nichts Besseres.«
    »Prima! Lächelnd sah sie durchs Wagenfenster zu ihm herein. »Vielleicht bringe ich Mutter zu unserer Unterstützung mit.«
    Das entmutigte Roger, doch höflich wahrte er die Fassung.
    »In Ordnung«, er nickte. »Prima. Hoffentlich.«
     
    Letztlich kam Brianna am nächsten Tag dann doch allein ins Pfarrhaus.
    »Mama ist in der Stadtbücherei«, erklärte sie, »und kämpft sich durch die alten Telefonbücher. Sie sucht jemanden, den sie von früher her kennt.«
    Roger glaubte einen Augenblick, sein Herz bliebe stehen. Er hatte sich die Telefonbücher des Reverend noch am Abend zuvor vorgenommen. Es gab drei Einträge unter »James Fraser«.

    »Nun, ich hoffe, sie findet, was sie sucht«, sagte er so beiläufig wie möglich. »Aber ist es Ihr Ernst, daß Sie mir helfen wollen? Es wird sicher eine langweilige und schmutzige Angelegenheit.«
    »Ich weiß. Mein Vater hat mich manchmal um Hilfe gebeten, wenn er alte Aufzeichnungen durchging und bestimmte Anmerkungen suchte. Außerdem ist dies Mamas Projekt, und da versteht es sich von selbst, daß ich Ihnen helfe.«
    »Nun gut.« Roger blickte an seinem weißen Oberhemd hinunter. »Ich ziehe mich nur noch rasch um, und dann sehen wir mal, was wir finden.«
    Das Garagentor quietschte und ächzte, bevor es sich dem Unvermeidlichen ergab und sich auftat.
    Brianna wedelte mit der Hand die Staubwolken beiseite. »Oje«, meinte sie hustend. »Wie lange mag es wohl her sein, daß jemand hier drinnen war?«
    »Jahrzehnte, vermute ich«, erwiderte Roger geistesabwesend. Er ließ den Lichtstrahl seiner Taschenlampe durch den Raum gleiten und beleuchtete aufgestapelte Kartons und Holzkisten, mit abblätternden Aufklebern versehene Schrankkoffer und unter Segeltuch verborgene amorphe Haufen. Hier und da ragten die Beine von Möbelstücken durch den Wirrwarr wie die Skeletteile kleiner Dinosaurier.
    Als Roger zwischen all dem Gerümpel eine Art Pfad entdeckte, begab er sich ins Dickicht. Augenblicklich war er in einem Tunnel aus Staub und Schatten verschwunden, und nur der blasse Widerschein der Taschenlampe, der hin und wieder an der Decke zu sehen war, verriet, daß er vorankam. Schließlich

Weitere Kostenlose Bücher