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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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    Colum, Dougal und Jamie besaßen alle drei die Fähigkeit, das, was sie wirklich dachten, zu verbergen, doch Colum war darin der unbestrittene Meister. Selbst die Brunnenfiguren im vorderen Hof waren mitteilsamer als er, wenn er nicht zum Reden aufgelegt war.
    »Ich bin gekommen, um mit ihm zu sprechen.« Mehr sagte er nicht.
    Ich saß da und überlegte, ob ich zu Charles’ Gunsten etwas sagen könnte - oder sagen sollte. Vielleicht sollte ich das besser Jamie überlassen. Die Tatsache, daß Colum es bedauerte, mich beinahe dem Tod ausgeliefert zu haben, bedeutete nicht unbedingt, daß er geneigt war, mir zu vertrauen. Und nur weil ich zu Charles’ Gefolge gehörte, sah er seinen Verdacht, ich könnte eine englische Spionin sein, gewiß nicht widerlegt.
    Ich überlegte immer noch hin und her, als Colum sein Glas Weinbrand absetzte und mich unverhohlen ansah.

    »Weißt du, wieviel ich seit heute morgen schon getrunken habe?«
    »Nein.« Seine Hände waren ruhig - schwielig und rauh von der Krankheit, aber gepflegt. Die geröteten Augenlider und die etwas blutunterlaufenen Augen konnten ebensogut von den Strapazen der Reise als vom Alkohol herrühren. Er sprach keineswegs schleppend, und lediglich eine gewisse Gemächlichkeit seiner Bewegungen deutete darauf hin, daß er nicht nüchtern war. Aber ich kannte Colums bewundernswerte Trinkfestigkeit.
    Er wedelte Angus’ Hand beiseite, die nach der Karaffe greifen wollte. »Eine halbe Flasche. Bis heute abend habe ich sie ganz geleert.«
    »Ah.« Deshalb also hatte er darum gebeten, daß ich meinen Medizinkasten mitbrachte. Er stand am Boden, und ich griff danach.
    »Wenn du soviel Weinbrand brauchst, wird dir nur noch Opium helfen«, sagte ich und kramte in meinem Bestand an Fläschchen und Töpfchen. »Ich habe Laudanum hier, aber ich kann dir...«
    »Das ist es nicht, was ich von dir will.« Mit befehlsgewohnter Stimme fiel er mir ins Wort. Er konnte seine Gedanken verstecken, aber er verstand es auch, sie zu zeigen, wenn er wollte.
    »Laudanum zu besorgen ist kein Problem«, sagte er. »Es gibt gewiß einen Apotheker in der Stadt, der es verkauft - oder Mohnsirup oder auch unverdünntes Opium.«
    Ich klappte den Deckel des Kastens zu und legte meine Hand darauf. Er hatte also nicht vor, den Rest seines Lebens dahinzudämmern und die Führung des Clans im ungewissen zu lassen. Aber wenn er kein vorübergehendes Vergessen brauchte, was dann? Vielleicht ein ewiges. Ich kannte Colum MacKenzie. Der skrupellose Verstand, der Geillis Duncans Tod geplant hatte, würde auch nicht zögern, wenn es um seinen eigenen ging.
    Jetzt war es mir klar. Er war gekommen, um Charles Stuart zu treffen und um zu entscheiden, ob die MacKenzies von Leoch für die jakobitische Sache kämpfen sollten. War diese Entscheidung getroffen, würde Dougal die Führung des Clans übernehmen. Und dann...
    »Ich dachte immer, Selbstmord sei eine Todsünde«, wandte ich ein.
    »Das stimmt wohl«, meinte er ungerührt. »Ich erwarte jedoch
nicht, für diese Sünde übermäßig leiden zu müssen, da ich seit meinem neunzehnten Lebensjahr nicht mehr an die Existenz Gottes glaube.«
    Es herrschte Schweigen, nur das Kaminfeuer knisterte. Von unten drangen gedämpfte Kampfgeräusche herauf. Colums Atem ging langsam und stetig.
    »Weshalb kommst du dann zu mir?« sagte ich. »Du hast recht, Laudanum bekommst du überall, wenn du es bezahlen kannst - und an Geld mangelt es nicht. Du weißt gewiß, daß eine genügend große Menge davon tödlich ist. Es ist ein leichter Tod.«
    »Zu leicht.« Er schüttelte den Kopf. »In meinem Leben konnte ich mich auf wenig verlassen, und zu dem wenigen gehört mein Verstand. Und den möchte ich mir bis zuletzt erhalten. Und was die Erleichterung betrifft...« Er rutschte auf dem Sofa hin und her, ohne sein Mißbehagen zu verbergen. »Die werde ich gleich finden.«
    Er verwies mit einer Kopfbewegung auf meinen Kasten.»Du kennst dich, wie Mrs. Duncan, mit Arzneien aus. Und ich dachte, du wüßtest vielleicht, womit sie ihren Mann getötet hat. Es war schnell und zuverlässig. Und es scheint angemessen«, fügte er bitter hinzu.
    »Nach dem Urteil des Gerichts hat sie sich magischer Kräfte bedient.« Jenes Gerichts, das sie in Übereinstimmung mit Colums Plänen zum Tod verurteilt hatte, dachte ich. »Oder glaubst du nicht an Magie?« fragte ich.
    Er lachte - ein reines und unbeschwertes Lachen, das durch den sonnendurchfluteten Raum tönte. »Sollte denn

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