Die Geliehene Zeit
hoffte aber insgeheim, daß Jamie nicht in die Fußstapfen seines Großvaters treten würde, was weitere Ehefrauen betraf. Eine hatte Simon offensichtlich nicht gereicht.
»Er ging zu König James nach Rom und schwor den Stuarts die Treue«, fuhr Jamie fort, »daraufhin begab er sich umgehend zu Wilhelm von Oranien, dem König von England, der eben zu einem Besuch in Frankreich weilte. James versprach, ihm seinen Titel und seine Besitzungen zurückzugeben, wenn er wieder auf den Thron käme, und dann - weiß Gott, wie er das fertiggekriegt hat - wurde er von Wilhelm begnadigt und konnte nach Schottland zurückkehren.«
Jetzt war ich es, die ungläubig die Stirn runzelte. Offensichtlich wirkte Lord Lovat nicht nur auf das andere Geschlecht.
Später ging er wieder nach Frankreich, diesmal, um die Jakobiten zu bespitzeln. Als er enttarnt wurde, warf man ihn ins Gefängnis, doch es gelang ihm zu fliehen. Er kehrte nach Schottland zurück, organisierte 1715 unter dem Deckmantel einer Jagdgesellschaft in den Braes of Mar eine Versammlung der Clans - und dann ließ er
sich von den Engländern dafür loben, den daraus resultierenden Aufstand niedergeschlagen zu haben.
»Ein alter Gauner, nicht wahr?« sagte ich anerkennend. »Obwohl ich annehme, daß er damals gar nicht so alt war; um die Vierzig vielleicht.« Als ich gehört hatte, daß Lord Lovat jetzt Mitte Siebzig war, hatte ich erwartet, einen alten Tattergreis vorzufinden, aber ich änderte meine Meinung, als ich diese Geschichten hörte.
»Der Charakter meines Großvaters«, bemerkte Jamie gelassen, »würde es ihm ermöglichen, sich hinter einer Wendeltreppe zu verstecken. Wie auch immer, später heiratete er Margaret Grant, die Tochter des Grant o’Grant. Erst nach deren Tod heiratete er Primrose Campbell. Sie war damals kaum älter als achtzehn.«
»War der gute Simon denn ein so guter Fang, daß man sie zu dieser Ehe gezwungen hat?« fragte ich anteilnehmend.
»Keineswegs, Sassenach.« Er machte eine Pause und wischte sich das Haar aus der Stirn. »Er wußte sehr gut, daß sie ihn nicht haben wollte, auch wenn er ein Krösus gewesen wäre - was er nicht war -, und so ließ er ihr einen Brief schicken, in dem stand, ihre Mutter sei in Edinburgh erkrankt, und er nannte auch die Adresse, die sie aufsuchen sollte.«
Die junge und schöne Miß Campbell eilte nach Edinburgh, wo sie nicht ihre Mutter, sondern den alten, durchtriebenen Simon Fraser vorfand. Er sagte ihr, daß sie sich in einem stadtbekannten Freudenhaus befände, und ihre einzige Chance, ihren guten Namen zu retten, bestünde darin, ihn auf der Stelle zu heiraten.
»Sie muß ganz schön einfältig gewesen sein, um auf diesen Trick hereinzufallen«, bemerkte ich zynisch.
»Na ja, sie war damals sehr jung«, verteidigte Jamie sie, »und es war keineswegs eine leere Drohung. Wenn sie sich geweigert hätte, hätte der alte Simon ihren guten Ruf ruiniert, ohne mit der Wimper zu zucken. Jedenfalls heiratete sie ihn - und hat es natürlich bereut.«
»Hmmm.« Ich rechnete. Die erste Begegnung Lord Lovats mit Primrose Campbell lag nur ein paar Jahre zurück, hatte Jamie gesagt. Dann... »War die verwitwete Lady Lovat oder Margaret Grant deine Großmutter?« fragte ich neugierig.
Seine Wangen wurden tiefrot.
»Keine von beiden«, sagte er schließlich. Er sah mich nicht an,
sondern hielt den Blick starr auf Burg Beaufort gerichtet und preßte die Lippen fest zusammen.
»Mein Vater war ein uneheliches Kind«, sagte er. Er saß kerzengerade im Sattel und hieltdie Zügel so fest umklammert, daß seine Knöchel ganz weiß waren. »Von seinem Vater anerkannt, aber trotzdem ein uneheliches Kind. Der Sohn einer Magd von Burg Downie.«
»Ach so«, sagte ich bloß.
Er schluckte.
»Ich hätte es dir schon früher sagen sollen«, sagte er steif. »Tut mir leid.«
Ich streckte meine Hand aus, um seinen Arm zu berühren.
»Das spielt doch überhaupt keine Rolle, Jamie«, erwiderte ich, obwohl ich wußte, daß ihm das nicht viel half. »Das ist doch vollkommen nebensächlich.«
»Aye?« sagte er dann und blickte starr geradeaus. »Tja... für mich nicht.«
Die frische Brise aus der Bucht von Moray strich durch die dunklen Kiefern auf dem Hügel. Die Landschaft hier war eine seltsame Mischung aus Bergen und Küste. Dichte Erlen-, Lärchen- und Birkenwäldchen säumten den schmalen Pfad, auf dem wir ritten, doch als wir uns Burg Beaufort näherten, lag der modrige Geruch von Seetang in der Luft.
Wir
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