Die gelöschte Welt
von anderswo zusammengestückelt. Ich weiß nicht, wie das funktioniert, und denke auch nicht weiter darüber nach. Hauptsache, wir überleben.
Wir erreichten einen Ort in der Größe von Cricklewood Cove (auch das ist ein Albtraum – die eigene Heimatstadt zu finden, die in etwas Schreckliches verwandelt wurde). Dort saß Pascal Timbery vor einem Laden, wiegte sich lächelnd hin und her und erwartete uns schon. Der Laden war von sprießendem Gemüse überwuchert. Die Insassen hatten die Anstalt übernommen. Womöglich liefen dort schon Kartoffeln auf spindeldürren Spinnenbeinen herum. Auch darüber dachte ich nicht weiter nach, denn es konnte ja sogar zutreffen. Oder es konnte sich auch erst noch verwirklichen.
»Willkommen«, sagte Pascal Timbery. »Das wird aber auch Zeit!« Doch er lächelte. Es gab noch zwei freie Stühle – Liegestühle. Ein roter und ein weißer mit blauweißem Stoff. Seiner war grün und weiß. Wir setzten uns. Pascal Timbery hatte die Füße flach auf den Boden gestellt, als fürchtete er, das ganze Haus könnte wegkippen und ihn in den Himmel schleudern. Er wartete, bis wir bequem saßen.
»Es war übel«, sagte Pascal Timbery. »Es war wirklich übel. Aber jetzt seid ihr ja da, und alles ist wieder gut.« Es schnürte ihm die Kehle zu, aber nicht vor Angst, sondern weil er sich so freute, als hätte jemand geheiratet.
Gonzo gab ihm einen Schokoladenriegel, den er fast im Ganzen verschlang. Er biss nicht einmal richtig ab, sondern schob sich das Ding in den Mund und schluckte einmal, danach klebte nur noch ein wenig brauner Speichel im Mundwinkel, den er mit der Zunge entfernte, und Gonzos Schokoladenriegel war verschwunden. Pascal Timbery sagte nicht einmal »Danke« oder »Das war gut«, wirkte aber danach noch glücklicher. Manchmal können sich die Überlebenden weder bedanken noch irgendetwas anderes tun, weil sie sonst völlig die Fassung verlieren würden.
Die Piper 90 näherte sich, Sally Culpepper und Jim Hepsobah sicherten unsere rechte Flanke, Annie der Ochse und Tobemory Trent waren irgendwo links, und Samuel P. beobachtete uns alle von einem hohen Turm aus und gab alles, was er sah, an ein paar andere Leute mit großen Gewehren weiter. So waren wir gut gedeckt und konnten Pascal Timbery sagen, die Rettung sei schon unterwegs, und ob er das riesige alte Ding sehen könne, das da langsam um einen Hügel herumkam? Das sei die Piper 90. Pascal Timbery antwortete, er könne es sehen, und schließlich bedankte er sich und weinte, was uns alle sehr erleichterte. Er stand auf, umarmte uns und verschmierte dabei seinen Rotz, was widerlich war, aber irgendwie auch ganz rührend.
Wir gaben ihm einen Raum im Südturm, und er fragte, ob er statt der Badewanne mit warmem Wasser ein Stück Garten bekommen könne. Die Manager stimmten zu, und er sagte, er wolle gern auch in den übrigen Gärten arbeiten, woraufhin sie meinten, das ginge schon in Ordnung, er müsse jedoch den Anweisungen von Bill Sands in der Gartenbauabteilung Folge leisten. So war er häuslich eingerichtet. Er verbrannte seine alten Kleider, brachte eine große Menge Zigaretten mit, und alles war in Ordnung. Er ging in den Park, starrte die Kinder und die Manager an und weinte noch etwas, dann starrte er am Rohr entlang nach hinten und bewunderte den Sonnenuntergang. Auch das war in Ordnung. Er fand ein paar neue Freunde – einen anderen Flüchtling namens Fabian, einen Wartungstechniker auf der Piper 90, der Tusk hieß (ich habe keine Ahnung, was das für ein Name ist, aber er wurde meist Larry genannt und hatte eine Hündin namens Dora) und sich um die Rosen kümmerte, und eine junge Witwe namens Arianne. Arianne hatte höchst eigenartiges Haar. Es war dick und widerspenstig, und sie trug es so kurz wie einen Helm. Damit sah sie wie eine Backgroundsängerin in einer dieser Bands mit einer Fixierung auf Lavalampen aus. Larry Tusk flirtete mit ihr, und sie flirtete sehr höflich mit ihm, als wollte keiner der beiden wirklich etwas unternehmen, während sie andererseits auch nicht so unhöflich sein wollten, es offen auszusprechen. Pascal Timbery flirtete mit niemandem, sondern lächelte immer nur leicht und streichelte den Hund. Die drei saßen oft zusammen und betrachteten den Horizont oder arbeiteten im Garten, bis es dunkel war. In ihrer Freizeit beschäftigten sie sich mit Landkarten und Gespenstergeografie.
»Das hier«, sagte Pascal Timbery beispielsweise, indem er auf eine flache Senke neben der Piper 90
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