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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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Etagen der Piper 90 in Dienst genommen wurde. In der Bilge, oder wie der Bereich heißt, den normalerweise niemand betritt, hat irgendjemand vor langer Zeit ein paar nackte Bretter und Platten ausgelegt. Wie durch Zauberei erschienen Möbel und eine Theke, und schließlich waren Tag und Nacht Leute da, weil die Piper 90 niemals schläft. Der Clubraum war noch nie so voll – und nie zuvor waren die Gäste so traurig gewesen. Huster ist die Mutter unseres Kollektivs, unser Herrscher, unsere Stimme der Vernunft und unsere höchste Berufungsinstanz. Jetzt sucht er sich eine neue Familie und lässt uns hier sitzen. Jim Hepsobah schnieft vor seinem großen Bierglas, und Sally streichelt seinen Arm und sagt, alles werde wieder gut. Tobemory Trent tupft sein gesundes Auge ab. Samuel P. nimmt Wetten auf Katzenrennen an.
    »Alles klar?«, sagt Huster zu mir, als ihn seine königliche Abschiedsrunde in meine Ecke führt.
    »Ich denke schon, irgendwie.«
    »Das wird schon wieder.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Oh, das ist in Ordnung. Es ist ganz nett, mal eine Weile nicht die Sorgen der ganzen Welt auf dem Buckel zu haben. Sehr nett sogar.« Er überlegt einen Augenblick. »Yeah.« Dann klopft er mir auf den Rücken, und ich sage ihm, er soll sich mal melden, und er sagt: ebenso. Und das war's. Huster geht weiter, dann schieben sich andere Leute zwischen uns. Er ist fort. Ich hebe zum Abschied noch einmal nachdenklich mein Bierglas und höre ein Seufzen. Zaher Bey lehnt hinter mir an der Wand. Er blickt Huster nach und lässt sich niedergeschlagen auf einen Stuhl sinken. So habe ich ihn noch nie erlebt. Der Bey lässt sich nicht hängen. Er bringt die Dinge in Gang. Seine Kräfte sind unbegrenzt. Er reibt sich mit den Händen übers Gesicht. Er ist erschöpft.
    »Jetzt geht es los«, sagt er. »Ich dachte, es würde länger dauern.«
    »Was meinst du?«
    »Die … ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Nicht direkt Verwesung. Aber diese Dinge, die nicht richtig sind, gewinnen wieder die Oberhand.« Er schüttelt den Kopf.
    »Wegen Huster?«
    »Nein. Nein, das ist …« Der Bey wedelt ausgiebig mit der Hand, und ich frage mich für einen Augenblick, ob er besoffen ist. »Das ist nur eine Folge davon. Huster ist der Kanarienvogel. Ja?« Ja, ich kenne die Geschichten über Kanarienvögel. Früher hielten die Bergleute einen Kanarienvogel im Käfig, denn wenn sie auf Gas stießen, dann war der Vogel vor ihnen tot, und sie hatten noch genug Zeit, nach draußen zu kommen. Immer vorausgesetzt, das Bergwerk explodierte nicht. Später haben sie den Kanarienvogel durch moderne elektrokatalytische Sensoren ersetzt. Aber viele nennen das Gerät immer noch nach dem Vorgänger aus der Vogelwelt.
    »Was beginnt denn nun?«
    »Wann war die erste Reifikation?«
    »Das weiß niemand.«
    »Nein. Nicht unsere Art. Die frühere Art. Als eine Idee in ein Ding verwandelt wurde.«
    »Schutz? Prügel?«
    »Ja.« Er seufzt. »Aber das meinte ich auch nicht. Mir ist etwas eingefallen.« Er denkt nach. Sein Bierglas ist leer. Das Bier auf der Piper 90 ist widerlich. Es wird in einem riesigen Behälter hinter dem Maschinenraum gebraut und von einem Atomreaktor gewärmt. Alle reißen Witze darüber, dass es im Dunkeln glüht, aber das ist nicht wahr, da die Strahlung die Hefe töten würde. Ich bin jedenfalls ziemlich sicher, dass es dazu käme. Das Bier ist nicht giftig, schmeckt aber stark nach Ölbohrplattform. Ich hole ihm noch eins.
    »Erinnerst du dich daran, dass ich mal einfach nur Freeman ibn Solomon war?«
    »Natürlich.«
    »Da haben wir Whisky getrunken!«
    »Ja, richtig.«
    »Da war auch ein Mädchen mit komischen Haaren.«
    »Ja«, stimme ich zu. Er lacht.
    »Siehst du? Sogar ich vermisse die gute, alte Zeit, dabei war meine gute, alte Zeit so schrecklich. Ich glaube, wir sollten sie nicht vermissen, sondern … wir sollten zuschlagen.« Er knallt die Faust auf den Tisch. »Eine neue Welt erschaffen. Nicht nur eine Neuauflage der alten Welt. Aber … die Leute haben Angst.« Er zuckt die Achseln.
    »Was ist dir denn eingefallen?«
    »Oh, ich weiß nicht. Ich dachte … was ist das für ein Ding, dieses Jorgmund? Wie hat es begonnen? Was ist FOX? Wer kontrolliert es? Wie wird es hergestellt? Jorgmund weiß es, aber sonst niemand. Deshalb frage ich noch einmal: Was ist Jorgmund? Nicht das Rohr. Das Rohr ist ein Objekt, das uns Erleichterung verschafft. Aber Jorgmund ist mehr als das. Eine Regierung? Eine Firma?« Er zuckt noch einmal mit den

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