Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
in einer solchen Situation wusste jeder einen entscheidenden Hinweis zu geben, die jedoch allesamt wertlos waren.
Patienten, die aufstehen konnten, gingen zu den Fenstern in der Erwartung, vor der Klinik einen ganzen Fuhrpark von Polizeifahrzeugen zu entdecken und waren enttäuscht, dass dem nicht so war. Kenner von Kriminalfilmen spielten sich als Kommissare auf und begannen, nach vermeintlichen Indizien zu suchen und wähnten sich imstande, etwas zur Klärung beizutragen. Jeder hielt seine wagemutigen Tipps für den Schlüssel zur Lösung.
»Wenn das so weitergeht, haben wir hier bald ein Tollhaus«, sagte Doktor Meurer stöhnend, als er im Kellergeschoss auf Lena Jansen und Silvia König traf. »Auf den Station haben wir ein halbes Dutzend Columbos und mindestens ebenso viele Miss Marples.«
Lena Jansen und Silvia König lachten. Sie hatten das gleiche Erlebnis gehabt.
»Bleiben nur noch der Keller und die Tiefgarage«, sagte Silvia König. »Sollten wir nicht besser die Polizei verständigen und den Professor als vermisst melden?«
»Sie wissen doch, wie das ist, Frau König«, antwortete Doktor Meurer. »Ein Mensch muss erst vierundzwanzig Stunden vermisst werden, bevor eine Anzeige entgegengenommen wird.«
»Aber es liegt der Verdacht eines Verbrechens vor?«
»Das vermuten wir nur, beweisen können wir es nicht.« Doktor Meurer sah die beiden Frauen nachdenklich an.
»Aber das liegt doch auf der Hand«, empörte sich Silvia König, »Sie kennen doch den Chef. Er würde niemals einfach so weggehen, ohne uns zu informieren.«
»Wenn ich mich einmischen darf«, sagte Lena Jansen, »ich befürchte auch, dem Professor ist etwas zugestoßen. Seine Nachrichten, der merkwürdige Besuch, die sieben Männer, alles deutet doch darauf hin, dass hier etwas merkwürdiges vor sich geht, oder? Lassen Sie uns noch den Keller absuchen und dann entscheiden, ob wir die Polizei rufen.«
Sowohl Silvia König als auch Doktor Meurer waren einverstanden. Ihnen wurde flau im Magen, als sie sich auf den Weg in die Kellerräume machten. Während es Doktor Meurer und Silvia König wenig ausmachte, hielt sich Lena Jansen die Hand vor Mund und Nase, als ihr der penetrante Geruch von Medikamenten, Desinfektions- und Sterilisationsmitteln entgegenschlug. Doktor Meurer bemerkte, dass Lena Jansen gegen Übelkeit ankämpfte.
»Hier unten lagern allerhand Chemikalien und Medikamente. Gehen Sie nach oben und warten Sie dort auf uns«, empfahl er. Lena Jansen schüttelte den Kopf.
»Schon gut, ich werde es überstehen«, sagte sie und hoffte, recht zu behalten.
Zuerst warfen sie Blicke in alle Räume und sahen auch hinter Stapel von Kartons, öffneten jeden Schrank und untersuchten jedes im Keller abgestellte Klinikbett. Außer die erwähnten Medikamente und Chemikalien bekamen sie nur Klinikwäsche, Küchenutensilien, Büromaterialien, ausrangierte Geräte, eben alles, was in einem Keller gelagert wird, zu Gesicht. Lena Jansen staunte, was alles zu einem Klinikbetrieb gehörte.
Das Unangenehmste stand ihnen noch bevor: Die Kühlschubfächer, wo Verstorbene bis zu ihrem Abtransport aufbewahrt wurden. Zehn solcher Fächer gab es und mindestens sieben davon waren belegt, war Lena Jansen überzeugt. Ihr wurde schon bei dem Gedanken schlecht, zum ersten Mal in ihrem Leben eine Leiche sehen zu müssen, und dann gleich sieben Stück. Vielleicht sogar mehr, denn sie wusste ja nicht, ob in den übrigen drei Fächern nicht vielleicht auch jemand lag, vielleicht sogar der Professor.
Sie überlegte, ob sie nicht doch nach oben gehen sollte. Aber ihre journalistische Neugier überwog. Sie war auf alles gefasst und holte tief Luf, als sie den Raum mit den Kühlfächern betraten. Die quadratischen Aluminiumtüren an einer der Wände, zwei übereinander und fünf nebeneinander, flößten ihr schon im geschlossenen Zustand Angst ein. Mitten im Raum stand ein Gestell auf Rollen, auf das die Schlitten der Fächer gezogen werden konnten. Sie hielt sich im Hintergrund, während Doktor Meurer und Silvia König entschlossen auf die Wand zugingen.
Doktor Meurer drehte sich zu Lena Jansen um. »Sind Sie bereit, Frau Jansen?«
»Ja, ja, alles in bester Ordnung«, antwortete sie. Was bist du doch für eine Lügnerin. Sie wusste nicht, was mehr Übelkeit verursachte: der Geruch oder der bevorstehende Anblick. Sie drückte ihre Arme vor die Brust, denn sie fing an zu frösteln. Bringen wir es hinter uns.
Doktor Meurer entriegelte die erste Klappe, öffnete
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