Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
er einem Zusammenbruch nahe war.
»Sehen Sie doch«, stammelte er, »dort haben wir noch nicht nachgesehen und das Piepsen – es kommt aus diesem Behälter.«
Silvia König und Lena Jansen drehten sich um und erblickten den Behälter, von dem Doktor Meurer sprach und auf den er mit zittriger Hand zeigte. Es war ein großer Aluminiumbehälter, auf dem mit handflächengroßen Buchstaben die Aufschrift »C-Abfälle« stand.
»Was ist das?«, fragte Lena Jansen vorsichtig, während Silvia König ebenfalls mit sich kämpfte und sich dicht neben Doktor Meurer stellte.
Beide sahen mit entsetzter Miene Lena Jansen an, aber keiner traute sich, etwas zu sagen. Doktor Meurer fasste sich und klärte Lena Jansen auf.
»C-Abfälle sind organische Abfälle, Frau Jansen.«
Lena schluckte. »Sie meinen doch nicht etwa …?«
»Doch, genau das ist es«, bestätigte Doktor Meurer, während Silvia König schweigend neben ihm stand und weiß wie die Wand war. Eisige Schauer durchzogen sie.
Doktor Meurer überwand sich und öffnete den Behälter. Die Abscheu war so groß, dass er sich Zeit ließ, bis er den letzten Riegel entfernte. Jetzt konnte er den Deckel anheben, zögerte aber. Er sah sich zu den Frauen um, die in respektvoller Entfernung dicht an der Wand standen und sich gegenseitig festhielten. Silvia König nickte. Sie war bereit.
Als Doktor Meurer den Deckel anhob, schlug ihm ein penetranter Gestank entgegen, der selbst ihm zu viel war. Er hielt sich eine Hand vor Mund und die Nase, bevor er einen Blick in den geöffneten Behälter riskierte.
Lena Jansen konnte ihre Übelkeit nicht mehr unter Kontrolle halten und übergab sich. Auch Silvia König kämpfte vergeblich dagegen an.
Nach einem schnellen Blick verschloss Doktor Meurer den Behälter wieder, ließ sich erschrocken auf den Boden sinken und sah zu den beiden Frauen hinüber. Beide hockten auf dem Boden und atmeten schnell.
»Wir müssen die Polizei verständigen«, sagte Doktor Meurer gequält.
9
Nach mehreren Tassen Kaffee und tief inhaliertem Parfum hatte sich Lena Jansen einigermaßen von den Erlebnissen in der Klinik erholt. Ihr Gehirn würde allerdings noch lange Zeit benötigen, um zu verarbeiten, was geschehen war. Wie abgrundtief ekelhaft war es, einen Menschen zu erschießen und seine Leiche in einem Behälter voller C-Abfälle zu entsorgen. Irgendwann käme die Entsorgungsfirma und niemals wäre seine Leiche gefunden worden. Ein perfider Plan. Sie dachte darüber nach, dass Professor Morgenthal noch am Leben sein könnte, wären die sieben Verbrennungsopfer nicht in seiner Klinik aufgetaucht. Aber so wurde er unfreiwillig Mitwisser einer Sache, die um jeden Preis vertuscht werden sollte. Ein verdammt hoher Preis, den der Professor bezahlen musste.
Am Alexanderplatz angekommen musterte Lena Jansen die Menschen, die sich am Fuß des Fernsehturms aufhielten. Sie ging einmal herum, entdeckte aber nur sich unterhaltende Gruppen, ein paar Jugendliche mit Skateboards und eine junge Frau, wahrscheinlich eine Studentin, die auf den Stufen saß, ein Notebook auf den Knien hatte und im Internet recherchierte. Mitten auf dem Platz fiel ein Stadtstreicher auf, der gelangweilt über den Platz schlenderte und genau beobachtete, ob jemand etwas brauchbares wegwarf. Ansonsten war es wie immer, nur das alltägliche Bild mehr oder weniger hektischer Menschen, die in alle Richtungen einem Ziel entgegenhasteten. In regelmäßigen Abständen quoll ein Pulk über einen Treppenaufgang aus einem U-Bahn-Schacht hervor.
Wie sollte sie Patrick LeClerc erkennen? Sie hatte ja nicht einmal ein Foto. Aber das spielte eine untergeordnete Rolle, schließlich kannte LeClerc sie aus dem Fernsehen und würde somit sie erkennen. Außerdem hatte er ihre Handynummer und konnte notfalls anrufen, damit sie ihn lotsen konnte. Aber dazu musste er erst einmal am Alexanderplatz ankommen.
Vor dem Eingang zum Fernsehturm stellte sie sich auf die vierte Treppenstufe, von wo aus sie einen prima Überblick hatte. Sie hielt nach einem einzelnen Mann Ausschau, der zielsicher auf den Turm zukam. Es kam ihr so vor, als ob es Hunderte waren, von denen jeder Patrick LeClerc sein konnte. Doch alle gingen am Fernsehturm vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen.
Sie sah auf ihre Armbanduhr. Seit Empfang der SMS waren etwas mehr als zwei Stunden vergangen. Zum Glück war Geduld ihre große Stärke.
Es vergingen weitere fünf Minuten, bis sich ein großgewachsener Mann mittleren Alters aus
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