Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
dem Dotter gut verteilt, muss die Sauce natürlich erwärmt werden. Zur Erinnerung: Wird der Dotter über 65 °C erhitzt, gerinnt dieser, und die Sauce ist im Eimer. Also darf die Temperatur nicht über 65 °C steigen – unter gar keinen Umständen! Deshalb ist es ratsam, diese Sauce in einem Wasserbad zuzubereiten. Hier lässt sich die Temperatur leichter steuern. Bemerken Sie, dass es mit der Temperatur bald kritisch wird, brauchen Sie nur die Schüssel vom Wasserbad nehmen. Die Erhöhung der Wärme hört sofort auf, sie bleibt dann eine bestimmte Zeit noch konstant, bis sie langsam weniger wird. Zusätzlich können Sie die Temperatur der Sauce durch die Temperatur der Butter steuern. Da gibt es zwei Philosophien, und beide haben vom Standpunkt der Naturwissenschaft ihre Berechtigung.
Zum einen können Sie für die Zubereitung der Sauce Hollandaise geklärte, flüssige Butter verwenden. Damit sollte kurz der Begriff geklärte Butter erläutert werden. Auch Butter ist eine Emulsion zwischen Wasser und Fett. Der Wasseranteil liegt unter 16 Prozent. Durch die Emulgatoren der Butter bildet sich eine schöne Emulsion. Durch das Klären wird das Fett vom Wasser und den Butterproteinen getrennt. Dabei erwärmen Sie vorsichtig die Butter. Nach ein paar Minuten lässt sich gut beobachten, dass sich auf der Oberseite Schaum bildet. Dieser enthält die Proteine – er soll abgeschöpft werden. Direkt darunter ist dann das reine Butterschmalz, das auf dem restlichen Wasser schwimmt. Verwenden Sie das flüssige Butterschmalz, so verlieren Sie zwar zusätzliche Emulgatoren, dafür können Sie die Temperatur der Butter gut einstellen. Sie brauchen diese nur einmal erwärmen, und achten Sie darauf, dass die Temperatur unter 65 °C – im gesamten Topf – ist. Dann geben Sie die geklärte Butter zum warm aufgeschlagenen Dotter dazu und müssen nicht befürchten, dass die Sauce gerinnt. Sie sollten aber auch hier die geklärte Butter nicht mit Schwung einarbeiten, sondern immer in kleinen Schritten. Bei diesem Verfahren müssen die Dotter einmal auf eine bestimmte Temperatur gebracht werden – rund 50 °C –, aber die Butter getrennt davon. Während des Einrührens müssen Sie nur mehr die Temperatur halten, also hüllen Sie die Schüsselunterseite in ein Geschirrtuch. Die Sauce Hollandaise gerinnt nur schwer.
Bei der zweiten Möglichkeit nehmen Sie Butterflocken, die Sie einrühren. Dabei werden wieder die Dotter über warmem Wasser cremig gerührt und dann die einzelnen Butterflocken eingearbeitet. Der Vorteil besteht darin, dass man mehr Emulgatoren in der Sauce hat, aber man muss die Sauce auch kontinuierlich erwärmen. Durch die etwas kühleren Butterflocken, sie sollten Raumtemperatur haben, kühlt die Sauce aus. Diese Erniedrigung der Temperatur muss berücksichtigt und damit das Wasserbad zusätzlich erwärmt werden. Merken Sie, dass die Sauce zu heiß wird, können Sie mit ein paar Butterflocken die Sauce wieder abkühlen und während des Einrührens die Schüssel vom Wasserbad nehmen. Diese Sauce schmeckt mehr nach Butter, aber das muss nicht jeder mögen. Welche der beiden Varianten die bessere ist, ist relativ. Probieren Sie es doch aus.
Wenn ich schon die Butter erwähne, sollte ich auch noch einige interessante Fakten präsentieren. Im Jahr 1904 schickte das britische Königshaus Gesandte aus, um weltweit die beste Butter für Teegebäck zu suchen. In einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde wurden sie fündig. In der Stadt Schärding am Inn wurde die „weltbeste“ Butter hergestellt. Ab diesem Zeitpunkt belieferte diese Molkerei dann das englische Königshaus. Diese Butter diente der Zubereitung des Gebäcks für den traditionellen Fünf-Uhr-Tee. Nun könnte man vermuten, dass die Butter ihren Namen vom Fünf-Uhr-Tee hat. Aber diese Butter wurde schon ein paar Jahre vorher unter dem Begriff „Thee-Butter“ verkauft. Es ranken sich viele Legenden um die Wortherkunft – hier muss noch viel Forschung betrieben werden ...
Rezepte zu diesem Kapitel
Mayonnaise, nach dem Rezept meiner Großmutter
6
Dotter von kleinen Eiern
1/2 l
Öl
2 EL
Staubzucker
2 EL
Weißwein (umso rescher, desto besser)
1 TL
Salz
2 EL
Senf
Die Dotter mit dem Staubzucker, dem Senf und dem Salz vermengen. Das Öl anfangs tröpfchenweise einarbeiten. Wenn die Hälfte des Öls verarbeitet wurde, den Wein dazugeben und das Öl weiter einarbeiten. Zum Schluss mit weißem Pfeffer und Salz abschmecken.
Mayonnaise ohne Eier
3
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