Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
einmal gemessen und bin zu dem Schluss gekommen, dass man 100 g NaCl pro Liter Wasser benötigt, nur um eine Erhöhung des Siedepunktes um 2 °C zu erreichen. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass die Nudeln anschließend ungenießbar waren. Hier kann man sagen, theoretisch richtig, aber praktisch irrelevant. Trotzdem sollten Sie Salz hinzugeben: Die Nudeln schmecken dann einfach besser.
Darf eigentlich Öl in das Nudelwasser gegeben werden? Das kommt auf die Größe Ihres Kochtopfes an. Wenn Nudeln kochen, bildet sich auf der Oberfläche Schaum. Dieser wirkt wie ein Deckel, und oft geht das Nudelwasser dadurch über. Das Öl verhindert die Schaumbildung, und das Wasser wird nicht übergehen. Die Luftbläschen fallen zusammen, der Wasserdampf kann ungehindert abziehen. Haben Sie ein ausreichend großes Gefäß, benötigen Sie auch kein Öl. Das Problem ist nur, dass die meisten Köchinnen und Köche einen zu kleinen Topf für das Nudelkochen verwenden. Stopfen Sie zu viele Nudeln in den Topf, so bildet sich besonders viel Schaum, und das Ganze geht über. Wenn Sie jedoch einen größeren Topf verwenden, könnten Sie sich den Tropfen Öl sparen. Wird zu viel Öl verwendet, das sich um die Nudeln lagert, so dringt kein Wasser in den Nudelteig ein, und die Nudeln bleiben hart. Also, wenn Sie schon unbedingt Öl beim Kochen verwenden wollen, dann bitte wirklich nur einen Tropfen.
Trotzdem sind Öl und Nudeln nicht unbedingt spinnefeind. Nach dem Kochen der Nudeln hat ein Tropfen Öl durchaus seine Berechtigung. Durch das Quellen während des Kochens lösen sich auf der Oberfläche der Nudeln Kohlehydratmoleküle heraus. Sobald die Nudeln im Sieb sind und das Wasser zwischen den Nudeln weg ist, können sich diese Kohlehydratmoleküle zwischen den Nudeln verbinden. Die Nudeln kleben nun aneinander. Dies lässt sich verhindern, indem Sie die Nudeln, sobald sie im Sieb liegen, mit Öl „umspülen“. Die Kohlehydratmoleküle wollen kein Öl und ziehen sich in die Nudeln zurück. Die Nudeln bleiben ab nun schön getrennt.
Es sollte nicht nur auf den Topf und das Öl geachtet werden, sondern auch auf die Wassermenge. Meist wird zu wenig Wasser verwendet. So gucken zum Beispiel die Spaghetti dann eine Zeit lang aus dem Topf heraus. Der untere Teil der Nudeln kann im Wasser schon quellen und wird dadurch auch schneller fertig als der obere Teil, der meist eine Minute später in das Wasser eingetaucht wird. Zusätzlich wird das Wasser durch die kalten Nudeln abgekühlt. Sinkt die Temperatur unter 70 °C, quellen die Nudeln nicht. Je mehr Wasser Sie verwenden, umso weniger sinkt die Temperatur, und umso besser werden die Nudeln.
Dämpfen um jeden Preis
Die Konvektion wirkt aber nicht nur in Flüssigkeiten. Sie tritt auch in Gasen auf. In den letzten Jahren ist eine besondere Zubereitungsmethode in das Zentrum der Aufmerksamkeit von uns Köchen gerückt: der Dampfgarer.
Welche Vorteile hat das Dämpfen vom Standpunkt der Physik aus? Beim Dämpfen hat das Fleisch, das Gemüse oder auch der Knödel kaum Kontakt mit dem Wasser. Kocht man Gemüse auf die übliche Art, so können Inhalts-und Geschmacksstoffe in das Kochwasser gelangen. Das Gemüse wird ausgelaugt. Anders sieht es beim Dämpfen aus. Der Wasserdampf kondensiert auf der kalten Gemüseoberfläche und erwärmt dabei das Gemüse. Es befindet sich nur eine dünne Schicht aus Wasser über dem Gemüse. Dabei lösen sich nun weniger Geschmacksstoffe aus dem Gemüse. Befindet sich zu viel Wasser auf dem Gargut, tropft das Wasser einfach ab, wird in einer Rinne aufgefangen und später wieder erhitzt. Das Verfahren als Ganzes ist für das Gemüse weniger schonend, weil mit höheren Temperaturen gearbeitet wird. Das Gemüse wird mit rund 100 °C erhitzt, während man in einem Kochtopf im Regelfall nur knapp 90 °C erreicht, dafür schmeckt das Gemüse besser. Nur weil die ganze Welt von schonender Zubereitung spricht, muss dies nicht zutreffend sein – aber es geht ja vor allem um den Geschmack, Vitamine nehmen wir sowieso ausreichend zu uns.
Der Dampfgarer sorgt aber nicht nur beim Gemüse für einen besseren Geschmack, sondern auch bei den Knödeln bewirkt er eine unbeschreibliche Flaumigkeit. Da der Knödel gleichmäßig mit praktisch 100 °C erhitzt wird, kann der Wasserdampf die kleinsten Bläschen, die hoffentlich zuvor in den Teig eingearbeitet wurden, ausdehnen. Allerdings funktioniert dies nur bei ungefüllten Knödeln. Bei gefüllten Knödeln
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