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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Gruber
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besteht die Gefahr, dass diese platzen. Natürlich können Sie einen besonders zähen oder dicken Teig um die Frucht legen, sodass die Gefahr des Platzens stark reduziert wird. Ein Germknödel oder Hefekloß ist dafür ein besonders geeigneter Kandidat – der Teig ist ausreichend zäh und hält so einiges aus.
    Grillen oder Barbecue?
    Warum wird ein Steak auf einem Holzkohlegriller durch? Viele vermuten, dass die Wärmestrahlung dafür verantwortlich ist. Aber dies ist falsch – es ist die heiße Luft, die das Bratgut erhitzt. Auch hier handelt es sich um Konvektion. Allerdings steigt heiße Luft auf, die nicht mehr nach unten kommen muss. Machen Sie doch folgendes Experiment: Halten Sie die Hand einmal von der Seite und einmal von oben möglichst nahe an den Griller. Sie werden beobachten, dass Sie die Hand seitlich sehr nahe zum Griller führen können, während die Hand in einigen Zentimetern über dem Griller sehr schnell stark schmerzt.
    Wärmestrahlung breitet sich immer gleichmäßig in alle Richtungen aus, heiße Luft strömt immer nach oben – wie beim Griller. Was sollte noch beachtet werden? Natürlich gibt es die Grilltassen, mit denen man vermeidet, dass Fett in die glühenden Kohlen tropft. Da es verbrennt, entstehen giftige Stoffe, die man nicht unbedingt zu sich nehmen sollte. Aber dann vermisst man den wunderbar rauchigen Geschmack, weswegen man ja eigentlich grillt. Man kann das Fettdebakel auch anders umgehen. Sie müssen das Fleisch ja nicht unbedingt in Öl ertränken. Es reicht eine ganz dünne Schicht. Und natürlich stehen Sie ja neben dem Griller und sind damit in der Lage, das Fleisch, unter dessen Bereich sich eine Flamme bildet, in einen anderen Bereich zu verschieben.
    Das eigentliche Problem besteht eher darin, dass die Personen am Grill einfach zu hektisch reagieren. Die meisten, die ich beobachtet habe, wenden das Fleisch oder das Gemüse, so oft es nur geht. Das ist nicht gut. Harold McGee, ich erwähnte ihn schon, berechnete, wie oft man einen Hamburger – bei uns würde man sagen ein Fleischlaibchen – wenden sollte, um ihn optimal zu erwärmen. Er kam zu einem ganz einfachen Ergebnis: Ein Stück Fleisch sollte genau einmal gewendet werden. Der Grund ist auch einfach zu erklären. Wenn Sie das Fleisch oft drehen, kann die jeweilige Oberseite wieder rasch auskühlen – auf sie wirkt ja keine heiße Luft mehr. Es gilt aber, wie wir beim Fleisch in der Pfanne besprochen haben: Umso heißer und kürzer ist umso besser für den Genuss des Fleisches. Das gilt natürlich auch hier. Wenn Sie schon mit etwas spielen wollen, so trinken Sie lieber ein Glas Bier mehr oder schieben das Bier hin und her, aber bitte lassen Sie das Fleisch in Ruhe.
    Damit stellt sich die Frage, wann Sie das Fleisch umdrehen sollten. Man findet viele Regeln, von denen ich nicht sehr viel halte, weil sie entweder nicht stimmen oder nicht praktikabel sind. Meine Regel, ohne dass ich sie naturwissenschaftlich herleiten könnte, ist ganz einfach: Beginnt sich auf der Oberseite des Fleisches etwas Saft zu bilden, so sollte das Fleisch sofort umgedreht werden. Es klingt auch logisch, denn dann haben sich im unteren Bereich des Fleisches die Kollagenfasern schon zusammengezogen. Dadurch wird Fleischsaft herausgepresst. Interessanterweise bleibt das Fleisch in der Mitte immer noch „roh“ – im Küchendeutsch würde man sagen „medium“ –, wenn man mit dieser Methode arbeitet.
    Ich werde von einem lieben Freund zwei Mal im Jahr gebeten, bei einem großen Fest zu grillen. Da ich dies auch gerne mache, freue ich mich immer wieder, den Kunden das Bestmögliche anzubieten. Für mich ist dies dann, abseits der akademischen Welt, die Herausforderung, das theoretische Wissen aktiv anzuwenden. Kommt ein Kunde zu mir, so lautet meist die typische Frage: „Was haben Sie?“ Dann weist ein dezenter Blick des gestrengen Kochs auf die Tafel, auf der alle Speisen stehen. Leider scheint ein Großteil der Bevölkerung des Lesens nicht mächtig zu sein – oder will einfach einmal mit dem Koch auf Tuchfühlung gehen. Dann beginne ich mit „Kotelett nach ...“, um gleich wieder unterbrochen zu werden mit den Worten: „Kotelett klingt gut, machen Sie mir bitte eines.“ Dann kommen meine Fragen: „Welches Kotelett? Lamm oder Schwein, und bitte, wie hätten Sie gerne Ihr Kotelett – rare (roh), medium (halb durch) oder well-done (durch)?“ Die meisten entscheiden sich für ein Schweinskotelett.
     

     
    Das ist ja noch

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