Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
Als eine besondere Überraschung plante das Museum, dass ich ein Rezept der weltbesten Köchin (nach dem Guide GaultMillau), von Johanna Maier, das extra für die Ausstellung kreiert wurde, physikalisch und chemisch analysieren sollte. Warum schmeckt es bei ihr besser als bei anderen?
Eine kleine Delegation des Technischen Museums und ich fuhren zu Frau Maier nach Filzmoos und verbrachten dort einen wunderbaren Abend. Am nächsten Tag sollte eines ihrer Rezepte präsentiert, fotografiert und verkostet werden. Es wurde ein leicht gewürzter Schweinslungenbraten in einer Folie in warmem Wasser für einige Minuten gegart. Danach wurde der Lungenbraten in rund acht Zentimeter lange Stücke zerschnitten und einzeln auf den Tellern aufgestellt. Das Fleisch war innen zart rosa, im äußeren Bereich dezent braun, etwas Myoglobin wurde umgewandelt. Trotzdem sah das alles nicht besonders spektakulär aus.
Dann kam Frau Maier und griff in den Saucentopf. Mit der Sauce wurde das Fleisch schwungvoll besprengt, und auf das Ganze kam dann noch ein kleiner Pilz. Erst durch die Sauce wurde aus dem Fleisch ein unbeschreibliches Ged(r)icht. Die zarten Aromen des perfekt zubereiteten Lungenbratens und die Sauce harmonierten vollkommen. Was lernen wir daraus? Erstens kann Frau Maier gut mit Saucen umgehen, und zweitens, dass man mit einer Sauce aus einem guten Gericht eine perfekte Speise gestalten kann.
Saucen sind nicht schwierig, nur aufwendig. Sie sind weder Püree noch Saft. Vom Standpunkt der Physik bildet hier die Viskosität den zentralen Begriff. Eine Sauce sollte nicht zu dünnflüssig sein, aber sie darf auch nicht pampig sein – außer man kennt nichts anderes und will es nicht anders haben. Was Ihre Gäste dann dazu sagen, ist eine andere Frage.
Eine Art von Saucen haben wir schon kennengelernt: die eigebundenen Saucen. Aber es gibt noch viele andere. Man könnte ein eigenes Buch über Saucen schreiben, und es wäre ein sehr dickes Buch. Deshalb erlaube ich mir, hier nicht alle Saucen vorzustellen, sondern nur die Arten der Bindung. Für eine Sauce Velouté ist es vom Standpunkt der Naturwissenschaft egal, ob die Sauce mit einem Kalbsfond – Velouté de veau –, mit einem Geflügelfond – Sauce suprême – oder einem Fischfond – Velouté de poissons – zubereitet wird. Wichtig ist die Art der Bindung. Natürlich sind am Ende des Kapitels die wichtigsten Saucenrezepte angegeben.
Saucen bestehen aus einem aromatischen Saft und einer Liaison. Die Sauce soll gebunden werden, ihre Viskosität zunehmen, die Fluidität, das entspricht dem Kehrwert, sollte abnehmen.
Die einfachste Sauce
Die einfachste Sauce setzt sich nur aus etwas Bratenrückstand, Wasser und bisschen Butter zusammen. Butter besteht ja nicht nur aus Fett, sondern auch aus Wasser, Proteinen und – damit sich das Wasser nicht von der Butter löst – auch aus Netzmitteln. Letztere umgeben das Wasser in der Butter. So erscheinen die Wassertröpfchen nach außen wie Fetttröpfchen.
Die Bratenrückstände enthalten viele Aromen, die es zu nützen gilt, und durch das Wasser werden diese von der Pfanne gelöst. Natürlich kann man auch Wein oder Cognac verwenden. Geben wir nun etwas Butter hinzu, so schmilzt das Fett, und jetzt heißt es rühren und rühren. Die Fetttröpfchen müssen möglichst klein sein und von Netzmitteln umhüllt werden. Die Netzmittel können einerseits von der Butter und andererseits vom Bratensaft kommen. Je mehr Butter Sie verwenden und umso kräftiger Sie schlagen, desto cremiger wird die Sauce. Je kleiner die Fetttröpfchen sind und umso weniger Flüssigkeit sich in der Sauce befindet, desto mehr werden die Fetttröpfchen aneinanderreiben. Dadurch steigt die Viskosität. Freilich sollten Sie nicht übertreiben – es muss nicht alles nach Butter schmecken.
In den alten Kochbüchern findet man oft den Hinweis, dass man kalte Butter verwenden sollte. Dieses Vorurteil stimmt, mit einer kalten Butter wird die Sauce besser. Der Grund ist ganz einfach. Sie schmilzt langsamer, und dadurch werden die Fetttröpfchen kleiner. Man muss nicht mehr ganz so stark schlagen.
Natürlich kann man auch mit Schlagobers oder Crème fraîche eine Sauce binden. Wichtig ist, dass der Fettanteil hoch genug ist. Bitte vermeiden Sie daher fettreduzierte Produkte – sie flocken aus, und die Sauce schmeckt nicht gut. Wollen Sie Kalorien reduzieren, nehmen Sie lieber ein bisschen weniger von der Sauce.
Eine andere Möglichkeit, um
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