Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
Eiklar schlagen. Der Dotter kann nämlich im Teig eine wichtige Aufgabe übernehmen – er kann für ausreichend Flüssigkeit sorgen.
Haben Sie das Eiklar in einer Rührschüssel, so gehört eine Messerspitze Salz dazu. Dies hat keine geschmacklichen Gründe, sondern durch das Salz bilden die Netzmittel des Eiklars stabilere Verbindungen zu den Luftbläschen. Der Schaum wird stabiler, ohne dass die Netzmittel durch Küchenmaschinen zerhackt werden. Dann beginnen Sie zu rühren – langsam und vorsichtig. Vergessen Sie nicht: Wir sind beim Kochen und nicht auf der Flucht.
Nach ein paar Minuten wird Zucker in die Schneemasse eingebracht. Auch hier kursieren verschiedene Meinungen der Kochphysik. Hat es Sinn, den Eischnee mit Zucker aufzuschlagen oder nicht? Vom Standpunkt der Physik ist das eine schwierige Frage. Einerseits können die Zuckerkristalle die Luftblasen anstechen und damit zerstören. Dadurch fällt der Eischnee zusammen, und tatsächlich beobachtet man, dass der Eischnee etwas zusammenfällt, wenn man Zucker dazugibt. Andererseits werden nur die großen Luftblasen zerstört – die kleinen Blasen bleiben bestehen. Dadurch wird der Eischnee zwar cremiger, aber insgesamt der Eischnee im Teig stabiler. Messungen haben ergeben, dass es günstig ist, den Eischnee mit Zucker aufzuschlagen. Wenn Sie rund die Hälfte des Zuckers, den Sie normalerweise im Teig verarbeiten würden, in den Eischnee einbringen, geht der Gugelhupf um rund ein Drittel mehr auf. Ein befreundeter Bäcker kann mit dieser Methode rund 35 Gugelhupfe herstellen. Würde er den gesamten Zucker in den Teig einarbeiten, so erhält er nur rund 25 bis 28 Gugelhupfe.
Für den Eischnee ist es wichtig, dass die Blasen sehr klein sind. Große Blasen werden sofort beim Unterheben mit dem Teig zerstört. Damit sich die Bläschen noch zusätzlich vergrößern, sollte pro Esslöffel Zucker ein Kaffeelöffel Wasser dazugegeben werden. Erst der Wasserdampf drückt die Bläschen auf, das Volumen des Teiges wird größer.
Damit haben wir einen wichtigen Teil aus dem Kapitel der Kuchen und Torten besprochen, aber es gilt noch, die verschiedenen Teige zu diskutieren.
Schaumgebäck, Windbäckerei, Baiser, Meringues oder Spanischer Wind
Beginnen wir mit etwas Einfachem, dem Schaumgebäck, auch bekannt als Windbäckerei, Baiser, Meringues oder Spanischer Wind. Der Teig für diese süßen Köstlichkeiten besteht aus Eischnee und Zucker. Beides wird vermengt, auf ein Backblech in verschiedenen Formen gespritzt und im Backrohr bei rund 100 °C getrocknet. Sie sehen schon, das Schaumgebäck soll keine Farbe erhalten – unter 140 °C gibt es keine Maillard-Reaktion. Durch die lange Trocknungsdauer wird das Wasser dem Eischnee-Zucker-Gemisch entzogen, und übrig bleiben das getrocknete, denaturierte Eiweiß, Luftblasen und natürlich ein Netzwerk aus Zuckerkristallen. Durch die vielen kleinen Luftblasen können sich aber keine großen Zuckerkristalle bilden, das Gebäck bleibt zart schmelzend und geschmeidig.
Diverse Omeletts und Salzburger Nockerl
Erweitern wir den Teig um ein paar Dotter. Machen wir ein Französisches Omelett. Es werden die Eier verrührt, und dieses Gemisch wird in einer Pfanne herausgebraten. Dadurch entstehen Dampfblasen, die zur Flaumigkeit führen. Man kann ein solches Französisches Omelett auch im Backrohr herstellen. Dies hat den Vorteil, dass die Wärme von oben und unten wirkt. Es wird gleichmäßiger. Durch die Denaturierung der Moleküle wird dies Speise hart. Die Eier sollten aber nicht zu lange gebraten werden, denn wenn zu viel Wasser verdampft, verlieren sie an Geschmeidigkeit. Natürlich können Sie dieses Omelett sowohl süß als auch sauer gestalten.
Erweitern wir dieses Rezept um etwas Mehl. Dann erhalten wir ein Wiener Omelett. Und so geht’s: Sie verrühren die Eier, geben etwas Wasser oder Milch dazu und rühren das Mehl drunter. Dann lassen Sie diesen Teig rund eine halbe Stunde stehen. Durch das Warten können sich die Amylose und das Amylopektin aus den Stärkekörnern herauslösen. Die einzelnen Moleküle bilden ein schönes Netzwerk. Damit das Wiener Omelett nicht zu trocken wird, fügen Sie etwas Wasser dazu. Dieses benötigt die Stärke zum Quellen. Würde das Wasser aus den Eiern stammen, so würde der Teig sehr trocken werden. Gießt man etwas von diesem Teig in eine Pfanne, bilden sich wieder Wasserdampfblasen, die für eine Flaumigkeit des fertigen Produktes sorgen. Um zusätzlich für kleinste
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