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Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)

Titel: Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Gruber
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wieder geben. Dies funktioniert zwar, ist aber sehr unelegant. Von der Zuckerbäckerin Alexandra Jesenko habe ich erfahren, wie es die Profis machen. Man füllt den Teig in die Tortenform und streicht dann den Teig von der Mitte zum Rand hin. Der obere Rand der Tortenform sollte mit dem Teig benetzt sein. Dadurch steigt die Masse dann gleichmäßig.
     

    Oftmals wird der Teig in die Form geschüttet und dann direkt in den Backofen gegeben. Der kleine Hügel wird dann im Laufe der Backdauer immer größer. Das sollte man vermeiden. Deshalb streicht man den Teig von der Mitte zum Rand hin nach oben. Das führt dann dazu, dass der Teig gleichmäßig aufgeht.
    Damit kommen wir zum größten Problem, das sich vor allem bei Torten ergeben kann: die Schokoladeglasur. Für viele ist es nur Schokolade, die man erwärmt und auf die Torte pappt. Diese ist dann hart und verliert meist an Glanz. Den meisten fällt es nicht einmal auf, dass die Glasur stumpf und zerbrechlich wie Glas ist.
    Schokolade ist aber nicht nur eine Flüssigkeit, die bei einer bestimmten Temperatur hart wird. Sie kann in verschiedenen Strukturen auskristallisieren. Schokolade besteht aus Fett und diversen Aromastoffen. Die Fettmoleküle können sich auf verschiedene Arten aneinanderlagern. Manche Strukturen sind für unsere Geschmackswahrnehmung besser als andere. So unterscheidet man zwischen sechs verschiedenen Kristallisationsformen, während für den Feinschmecker nur die Form V von Bedeutung ist. Alle anderen Kristallisationsformen lösen sich nur schlecht aus der Form, zeigen eine stumpfe Oberfläche, oder die Schokolade schmeckt sandig.
     
     
Kristallform
Entstehungsbedingung
Schmelztemperatur [°C]

I
schnelles Abkühlen der Schmelze
17,3

II
rasches Abkühlen der Schmelze mit 2 °C/min
23,3

III
Kristallisieren der Schmelze bei 5–10 °C wandelt sich dabei in Zustand II um
25,5

IV
Kristallisiert bei 16–21 °C
27,3

V
langsames Kristallisieren der Schmelze
33,8

VI
entwickelt sich aus V nach mehreren Monaten bei Raumtemperatur
36,3
     
    Kommen wir nun zu einer perfekten Schokoglasur. Dafür benötigen wir 300 g Zucker, 120 g Wasser, 250 g Kochschokolade und ein genaues Thermometer. Unter ständigem Rühren werden die Zutaten vermengt und erwärmt. Man sollte immer mit dem Thermometer messen. Sobald wir eine Temperatur von über 100 °C erreichen, müssen wir uns vorsichtig an die 104 °C herantasten. Die Masse darf unter gar keinen Umständen zu wenig oder gar zu viel Temperatur haben. Leider können wir nicht mit einem Wasserbad arbeiten – hier erreichen wir nur im besten Fall 100 °C, das ist zu wenig. Sobald die 104 °C erreicht sind, sofort den Topf von der Herdplatte nehmen.
    Jetzt kommt der arbeitsame Teil. Die Masse muss gerührt werden. Mit einer Spachtel wird die Masse gerührt, gerührt und gerührt, damit die Fettmoleküle sich möglichst gut auflösen. Nur so können sie später in der gewünschten Form auskristallisieren. Nun sollte man der Masse auch mitteilen, in welcher Kristallstruktur sie auskristallisieren soll. Erreicht die Masse eine Temperatur von 40 °C, so gibt man etwas gehackte Kuvertüre dazu. Die Kuvertüre ist in der Kristallstruktur V kristallisiert. An diesen Kristallen können sich nun die anderen Fette anlagern. Es bildet sich die richtige Struktur heraus. Aber auf das Umrühren nicht vergessen. Bei 35 °C sollte man nochmals ein paar kleine Stückchen Schokolade hinzugeben und kräftig einrühren. Sobald die Masse eine Temperatur von rund 32 °C hat, kann man mit der weiteren Verarbeitung beginnen. Natürlich stellt dieses Verfahren einen gewissen Aufwand dar, aber es lohnt sich. Hat man es einmal so gemacht, dann ist es beim nächsten Mal fast schon Routine.
    Man sieht aber auch an diesem Verfahren, dass man Schokolade nicht einfach in der Mikrowelle erwärmen sollte. Sicherlich kann man, aber es kommt zu einer ungleichmäßigen Erwärmung, und dies führt dann in weiterer Folge dazu, dass sich keine schöne Kristallstruktur bildet.
    Sobald die Masse dickflüssig, also ausreichend ausgekühlt ist, einfach auf die Torte gießen. Hier gilt: Nicht kleckern, sondern klotzen. Stellen Sie einen Rost auf ein Backblech, das mit Backpapier ausgelegt ist, und geben die ausgekühlte Torte auf den Rost. Nun gießen sie die Schokolademasse auf die Torte und verstreichen diese vorsichtig. Ein Teil der Schokolade wird auf dem Backblech landen, aber das macht nichts, sie kann für das nächste Mal wieder verwendet oder

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