Die Genussformel: Kulinarische Physik (German Edition)
erkalten.
Sandig – und doch gut
Als Erweiterung des Mürbteiges kann man den Sandteig betrachten. Auch er ist ein trockener Teig. Zusätzlich gibt man ein Ei zu den bisherigen Zutaten, wie Mehl, Butter und Zucker. Jetzt werden aber alle Zutaten gleichzeitig vermengt. Dies führt dazu, dass die einzelnen Stärkekörner ein wenig quellen können – sie erhalten Flüssigkeit aus dem Ei. Allerdings verhindert das Fett, das die Stärkekörner trennt, dass ein Netzwerk aus Stärke entsteht. Die einzelnen Stärkekörner garen dann für sich allein dahin. Das Ei führt auch zu einer leichteren Verarbeitbarkeit, aber während des Backens bindet das Eiklar viel Wasser in den denaturierten Eiweißmolekülen. Der Teig wird dadurch ein wenig härter – sandiger.
Lassen wir das Mehl einmal das tun, was es wirklich kann. Bisher haben wir die Stärkekörner durch Fett voneinander getrennt. Aber es geht auch anders. Beim Wiener Omelett haben wir das Mehl mit den Eiern längere Zeit stehen lassen. Dabei können die Stärkekörner quellen, und zusätzlich löst sich Gluten heraus. Gluten heißt das Eiweiß des Mehls. Es bildet lange Moleküle, die elastisch sind. Dadurch erhält der Teig eine wunderbare Flexibilität. Gerade beim Brot sind die Glutenmoleküle sehr wichtig.
Der Biskuitteig – flaumig und flauschig
Betrachten wir jetzt einen Biskuitteig. Er besteht aus Ei, Zucker und etwas Mehl. Zuerst wird das Eigelb mit dem Zucker cremig gerührt. Dann das Mehl dazurühren und anschließend den Eischnee vorsichtig unterheben. Da nur wenig Mehl verwendet wird und der Dotter wenig Wasser enthält, können zwar die Stärkekörner etwas quellen und verkleistern auch beim Backen. Aber aufgrund der geringen Menge des Mehls bleibt der Teig luftig und flaumig. Der Eischnee sorgt dann für den Zusammenhalt des Teiges und wie so oft auch für die Luftigkeit.
Beim Biskuitteig entsteht eine flüchtige Verbindung zwischen den einzelnen Stärkekörnern.
Der Strudelteig – einmal wieder selbst gemacht
Aber wirklich spannend wird es beim Strudelteig. Er besteht nur aus Mehl, etwas Wasser, Öl oder Butter und einem Eigelb. Alles wird gut miteinander vermengt. Die Flüssigkeit des Dotters und die zusätzlich eingebrachte Flüssigkeit führen dazu, dass die Stärkekörner quellen können und die Glutenproteine freigesetzt werden. Aber viel wichtiger ist, dass Sie den Teig rasten lassen. Erst dadurch können die elastischen Glutenproteine ein stabiles Netzwerk bilden. Wir erhalten einen zähen, elastischen Teig.
Allerdings muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Teig nicht zu stark geknetet wird. Denn dann brechen die Glutenproteine, der Teig wird hart und beginnt leicht zu reißen. Der Teig sollte so elastisch sein, dass er sich so weit auseinanderziehen lässt und so dünn wird, dass Sie durch ihn eine Zeitung lesen können. Aber man sollte es am Anfang nicht übertreiben. Das Öl hat hier vor allem die Aufgabe, dass der Teig nach dem Backen nicht zu spröde ist. Es hindert das Gluten daran, ein vollständiges Netzwerk über den gesamten Teig zu bilden.
Der gebrannte Teig
Auch beim Brandteig soll sich ein Netzwerk mit dem Gluten bilden. Dies wird allerdings unter Wärmeeinwirkung bewerkstelligt. Damit erspart man sich das Rastenlassen. Eine Flüssigkeit wird erhitzt, meist mit Fett, und dann Mehl eingerührt. Wichtig ist, dass Sie die Masse so stark verrühren, dass nichts anbrennt. Während sich ein Netzwerk bildet, hilft uns die Maillard-Reaktion, damit wir zusätzliche Geschmacksstoffe erhalten. Ist das Netzwerk stark genug ausgebildet, löst sich der Teig wie von selbst vom Topfboden. Selbstverständlich können Sie dann noch nachträglich Eier oder andere Zutaten beimengen – sie haben aber nur mehr für den Geschmack eine Bedeutung.
Nachdem der Teig ausgekühlt ist, wird er portioniert und gekocht, frittiert oder gebacken. Der Brandteig zeichnet sich dadurch aus, dass er nach dem zweiten Erhitzen im Inneren große Poren hat. Durch die verkleisterte Oberfläche kann der Wasserdampf nicht ins Freie dringen, und so bläht der Wasserdampf das Innere auf. Man spricht hier von einer sogenannten physikalischen Lockerung.
Es gibt auch noch die chemische Lockerung. Der Teig soll aufgehen, die Palatschinke flaumig sein und die Buchtel auf der Zunge zergehen. Da helfen uns die Treibmittel und das Wasser. Wir unterscheiden zwischen dem Germ (der Hefe), dem Backpulver und nicht zu vergessen dem Wasser. Die Germpilze
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