Die Geometrie der Wolken
Verschlechterung fortsetzt bis Samstag, wo es möglicherweise Regen gibt...«
»Nie-nie-niedrige Wolkenfelder«, unterbrach eine englische Stimme, »entlang der S-Südwestküste am Dienstagmorgen, Wolkenuntergrenze stellenweise bei, äh, dreihundert Metern, vermischen sich mit Nebelfeldern im westlichen Kanal.« Es war Douglas. »Meistens sonnig bis Mittwoch, danach weiß der Geier.«
Jemand ächzte. Neben mir hörte ich Stagg seufzen, was sofort als Echo durch den Hörer kam.
»Das kann ich mir nicht anhören«, sagte ein Amerikaner, eindeutig Krick. »Sie sehen das viel zu düster, Petterssen. Ich habe überall ruhiges, sonniges Wetter, speziell Mittwoch. Besonders schöne Abschnitte in den östlichen Gebieten. Gute Sicht bis auf die Frühnebelfelder, von denen Douglas gesprochen hat. Die lösen sich aber schnell wieder auf.«
»Was ist mit dem Tief?«, protestierte Petterssen. »Das müssen Sie doch kommen sehen. Der Hochdruck im Nordostatlantik treibt es auf jeden Fall durch.«
»Wie ich es sehe, ist die Tiefdruckzelle kaum der Rede wert. Sie löst sich in den nächsten zwei Tagen auf und macht der Wärmeperiode den Weg frei, von der ich gesprochen habe«, sagte Krick. »Für diesen Verlauf gibt es zahlreiche Analoge, den Mai 1929 zum Beispiel und das Jahr danach. Genau so wird es laufen.«
Er sprach sehr selbstbewusst, ja mitreißend. So war es mit Krick. Er teilte zwar nicht die intellektuelle Brillanz und die ethische Strenge der anderen, die um diesen imaginären Tisch saßen, aber er hatte etwas, was sonst niemand hatte: rhetorische Begabung und die Fähigkeit, eine wissenschaftliche Prognose wie eine Geschichte zu präsentieren. Letzteres ist bei Wettervorhersagen ganz besonders wichtig.
Doch wenn die Geschichte falsch ist, sitzt das ganze Team in der Tinte. Und es gab noch andere Stimmen in dieser Runde, die oft davon überzeugt waren, dass Krick ganz weit danebenlag. In ihren Köpfen waren diese Stimmen genau so selbstsicher wie Krick, nur hörten sie sich nicht so an.
»Ah, nicht unb-b-b-b-be-dingt«, sagte Douglas. »1931 hatten wir eine ähnliche Lage. Der Druck über Europa war etwas niedriger als heute, und auch im Nordostatlantik nicht ganz so hoch. Aber am Ende kam dabei eine Periode von Nord- bis Nordostwinden über zehn bis zwölf Tage heraus; im östlichen Kanal kam es zeitweise zu Orkanwinden.«
»Um Gottes willen«, sagte Stagg. »Darauf kommen wir später zurück. Navy?«
»Wir stimmen im Groben mit Petterssen-Dunstable überein«, sagte eine freundliche Stimme mit neuseeländischem Akzent. Es war Lieutenant Hogben. »Sonniges Wetter und möglicherweise Regen am Samstag. Auf dem Meer, und ich erinnere Sie daran, dass wir es mit einer Seeoperation zu tun haben, erwarten wir keine nennenswerte Dünung. Anfang der Woche Wellen von einem halben Meter Höhe, die wahrscheinlich im östlichen Kanal auf einen Meter wachsen und im westlichen auf zwei.«
»In Ordnung«, sagte Stagg. »Jetzt müsste entweder Dunstable oder Widewing seine Vorhersage anpassen. Für mich sieht es so aus - und denken Sie daran, dass ich General Eisenhower eine einzige, sichere, zuverlässige Vorhersage liefern muss -, dass sich die Abweichung auf das Ende der Woche beschränkt. Wir wissen alle, dass die Natur des Wetters Anlass zu endlosen Diskussionen über seine Strukturen und Abläufe bieten kann und doch ...«
Ein unheimliches Ächzen ging durch den ganzen Komplex, als die Generatoren sich abschalteten und die Lichter ausgingen.
»Pottasche!«, rief Stagg.
»Wie bitte?«, fragte Yates' amerikanische Stimme im Dunkeln.
»Das sage ich, weil ich nicht fluchen will«, erwiderte Stagg. »Bomberangriff«, erklärte er mir. »Wir schalten einfach immer den Strom ab, denn wenn sie SHAEF treffen - dann ist alles vorbei.«
Die Telefone hingen offensichtlich an einem speziellen Kreislauf, denn wir konnten weitersprechen. Ich hörte Explosionen in der Ferne, konnte aber nicht abschätzen, wie nah die Bomben fielen oder wie groß sie waren.
»Ziemlich weit weg«, sagte Yates, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Die Lichter gingen wieder an, aber das Gespräch war steckengeblieben. Die Experten waren sich immer noch nicht einig. Stagg wurde ziemlich wütend, denn er musste Eisenhower am nächsten Morgen eine Fünf-Tage-Vorhersage abgeben.
Douglas wollte ganz allgemein nichts von Prognosen über einen so langen Zeitraum wissen. »Sie können so v-v-viele Konferenzen abhalten, wie Sie wollen«, schimpfte er. »Die
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