Die Geometrie der Wolken
achtzehn geeignete Tage. Das Wasser stand niedrig genug, um die Minen und Sperrvorrichtungen an den Stränden zu entfernen, der Wind und das Mondlicht waren perfekt für Lufteinsätze - wir hätten wirklich angreifen können. Doch die Millionen Tonnen an Flugzeugen und Schiffen und die über zwei Millionen Menschen, die an der Operation teilnehmen sollten, standen noch nicht bereit. Außerdem befanden sich die Deutschen wegen des guten Wetters in erhöhter Alarmbereitschaft. Erst in der vierten Maiwoche ergab die Logistik als Zieldatum den 5., 6. oder 7. Juni.
Ob das Wetter an einem dieser Tage mitspielen würde, war eine andere Frage. Am 28. Mai (einem Sonntag) fuhr Stagg von Bushey Park hinunter, um sich mit Eisenhowers vorgeschobenem Gefechtsstand im Southwick House bei Portsmouth vertraut zu machen, wo wir in der Invasionswoche untergebracht werden sollten. Der Gedanke war, dass der Oberbefehlshaber und sein Chefmeteorologe in der Nähe des Hauptheeres sein sollten. Vor der ersten Konferenz des Tages (die Stagg aus Portsmouth führte, während ich in Bushey Park zuhörte) erzählte Stagg mir, dass die gesamte Fläche des Hauptmarinehafens jetzt Zentimeter für Zentimeter mit Schiffen bedeckt war. »Ich habe noch nie so viele gesehen«, berichtete er mir. »Es ist ein majestätischer Anblick. Wie eine Stadt auf dem Wasser.«
Bei der Konferenz selbst waren sich alle im Großen und Ganzen einig, dass das Wetter sich wahrscheinlich antizyklonal entwickeln würde, also eher gemäßigt, wie man es im Sommer auch erwarten würde. Doch schon als ich während des Gesprächs aus dem Fenster sah, glaubte ich zu sehen, wie der Himmel sich verdunkelte - nicht gleichmäßig, sondern fleckenweise nahmen Wolkenfetzen und -felder einen dunkleren Farbton an, während sie über den Himmel zogen. Eine Tarnung des Lichts.
Zwischen zwei Konferenzen saß ich allein in Staggs Büro und versuchte, die Reihe von Ryman-Zahlen für die vorhergesagten Bedingungen anzuwenden. Es war ohnehin nicht einfach und wurde noch schwerer dadurch, dass sich das Wetter wie befürchtet tatsächlich änderte, als ich angefangen hatte. Die lange Periode gemäßigter, hauptsächlich antizyklonaler Wetterbedingungen - während derer die Deutschen ihre Verteidigung am Kanal verstärkt hatten - würde bald zu Ende gehen. Ich ging zum Fernschreiber, um mir die aktuellen Beobachtungen anzusehen, die hereinkamen, und ich war schockiert, als ich las, was mir da auf dem Papier durch die Hände ruckte. Die neue Situation, die sich da entwickelte, hätte man selbst im Winter als
sehr
turbulent bezeichnet, ganz zu schweigen vom Hochsommer.
Es half auch nicht, dass wir von einem einzelnen, aber wichtigen Wetterschiff südlich von Island mit dem Codenamen WANTAC anscheinend falsche Windgeschwindigkeiten und Luftdruckwerte bekamen. Die Daten wichen etwas von denen der Schiffe in der Nähe ab. War der Unterschied zu groß, um ihn einer Ungenauigkeit in der Kalibration der Instrumente zuzuschreiben? Alle Windmessungen von Schiffen müssen die Störung des Luftstroms einberechnen, die das Schiff selbst verursacht, andernfalls können starke Verfälschungen auftreten. Als die Besatzung Funkkontakt aufnahm, um die Werte mitzuteilen, schwor sie hoch und heilig, dass die Messungen korrekt waren und dass die Windmesser so aufgestellt waren, dass sie nicht übermäßig vom Schiff selbst gestört werden konnten.
Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass mit den Aneroidbarometern und Windmessern von WANTAC etwas nicht in Ordnung war. Als ich dasaß und mir den Kopf darüber zerbrach, stellte ich mir vor, wie die Masten des Schiffes aus den schäumenden Wellen des Atlantiks aufragten gleich den unvergänglichen Türmen eines antiken Palasts, eines Archetyps des Herzens mächtiger Weltreiche.
Als ich aus diesem Tagtraum erwachte, nahm ich mir vor, mit Stagg über WANTAC zu sprechen, doch ich machte mir Sorgen, weil er schrecklich aufbrausend geworden war. Einmal verschüttete ich in dieser Zeit etwas Kaffee auf eine Wetterkarte, an der er gerade arbeitete. »Verdammt noch mal, Meadows!«, fuhr er mich an. »Können Sie
bitte
mal ein bisschen aufpassen? Es ist ja schon schlimm genug, dass Sie die Karten die ganze Zeit vollbluten, sie müssen Sie doch nicht auch noch mit Kaffee vollkippen!«
In Konferenzen sah ich oft, wie er sich neben mir auf die Lippe biss oder die Sprechmuschel abdeckte, wenn ihm ein Stoßseufzer entfuhr. Nachdem Stagg aus Portsmouth zurückgekehrt war, versuchten
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