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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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fühlte, dann in Zentralafrika.
    Nach einigen politischen Problemen zu Hause - er kam aus einer Händlerfamilie aus Tralee im County Kerry - war mein Vater nach Afrika ausgewandert, wo er nach zahlreichen Abenteuern in Südafrika, Kenia und anderswo schließlich Leiter einer Tabakfarm in Nyasaland geworden war. Meine Mutter war die Tochter eines britischen Kupferminenbetreibers aus Nordrhodesien, eines Witwers, der nach Nyasaland gezogen war, um nach Gold zu suchen, und meine Mutter meinem Vater mehr oder weniger in die Hände gab. Sie war die Katholikin, nicht er, obwohl er Ire war. Die Familie Meadows war protestantisch. Also kam ich von Anfang an aus einer Mischehe.
    Den Koffer in der Hand, stand ich noch eine Weile da und beobachtete das schwermütige Glasgower Gedränge, während meine trotz kräftigen Knetens noch feuchten Haare wieder Locken formten, und schlug schließlich mit der anderen Hand den Mantelkragen hoch und machte mich auf den Weg.
     

4.
    Mein Ziel lag auf Cowal in der Grafschaft Argyll. Cowal ist eine zerklüftete Halbinsel an der schottischen Westküste und liegt zwischen Kintyre auf der einen und Glasgow und dem Firth of Clyde auf der anderen Seite. Wie man es damals noch konnte, fuhr ich mit einem Raddampfer, der
Marchioness of Lome,
vom Broomielaw-Kai mitten in Glasgow ab.
    Es gab ein lautes Stimmengewirr, als Passagiere - darunter viele Soldaten mit Seesack und Gewehr - an Bord gingen und Fracht und Kohle verladen wurden. Dann blies der Hafenmeister in die Pfeife, und die Gangway rasselte zurück an Bord. Ein Bursche am Kai warf die Leinen los. Vibrationen gingen durchs Schiff, als die Maschine einkuppelte. Dann setzten sich die großen Schaufelräder in Bewegung und zeichneten Zickzackmuster in ihren Kästen, während das Wasser von ihnen herabströmte.
    Das Schiff gab zweimal Signal, Dampf stieg aus den beiden schwarz und rot lackierten Schornsteinen auf, und wir waren unterwegs und bewegten uns zügig durch das rege Treiben im Glasgower Hafen Richtung Clydebank.
    Zunächst stellte ich den Koffer nur neben mir ab, lehnte mich auf die Heckreling und sah mir den Ausblick an. Mit flatternden Wimpeln fuhren wir an Meilen von Fabriken und Lagerhäusern, Kohlenlagerplätzen und Kränen vorbei. Wir passierten den Lärm der Werften am Clyde, die voller rotem Stahl und kleinen Männchen waren - ameisengroße Figuren auf den halbfertigen Rümpfen von Schlacht- und Frachtschiffen. Von dort ging es Richtung Greenock und Gourock am friedlichen unteren Clyde, wo der Firth sich in ein verschlungenes Geflecht aus blauen Lochs und grünen Hügeln verwandelte.
    Gegenüber lag das Ufer der Halbinsel Cowal. Dort sollte ich in einem Dorf namens Kilmun im Auftrag des Militärs einem Pazifisten das Geheimnis der Wettervorhersage entlocken.
    Das Wetter hatte sich seit dem vorigen Tag deutlich gebessert. Es war zwar immer noch kalt, aber ein blauer Himmel zeigte sich zwischen den dahinziehenden Wolken, die mit ihren langen Spitzen über das gekräuselte Wasser glitten, als wollten sie es kämmen. Ich setzte mich auf eine Holzbank und sah mir den milchigen Schaum des doppelten Kielwassers der
Wee Lome
an (wie sie umgangssprachlich genannt wurde), den wir hinter uns herzogen. Zu beiden Seiten des Firth umschlossen dicht bewaldete Hügel die Kirchen, Häuser und Bauernhöfe.
    Nach einer Weile holte ich die Akte heraus, die Sir Peter mir gegeben hatte, hielt die flatternden Seiten fest in den Händen und informierte mich noch ein wenig über Ryman und seine Arbeit. Ich weiß noch, dass ich versuchte, ihn in den Kontext meiner eigenen Arbeit in Kew zu setzen und zu verstehen, wie seine Theorien praktisch für eine Invasion zu nutzen sein könnten. Die Akte bestand zum Großteil aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen Rymans, aber die erste Seite war eine Art Lebenslauf, den Sir Peter wohl vom Geheimdienst hatte:
     
    RYMAN, WALLACE. Mathematiker, Physiker, Meteorologe, Soziologe. Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Reisen nach Norwegen (1922) und Deutschland (1939). Hat mathematische Techniken der Wettervorhersage entwickelt, Experte in Fluiddynamik, meteorologischer Ausrüstung. Hobbys: keine bekannt.
    Geboren 1892. Einziges Kind von Catherine Garnett und David Ryman. Wohlhabende Quäkerfamilie. David Ryman führt erfolgreiche Gerb- und Lederverarbeitungsfirma. Mit 12 Jahren Quäker-Internat in Bootham, York, wo er eine Bildung erhält, die offensichtlich sein Interesse an der Wissenschaft weckt. 1909

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