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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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eine Karte des wahrscheinlichen zukünftigen Wetters, die sich über Land und Zeit verändert.
    Doch außer der Synoptik, die nicht lange vor meinem Einstieg im Met Office eingeführt worden war, hatten sich unsere Methoden nicht grundlegend geändert, seit sie von unserem Gründer Admiral FitzRoy erdacht wurden, der sich später umbrachte und dessen Bild die Wand vor Sir Peters Büro schmückte. Zwar gab es keine meteorologische Revolution, doch hatten wir zumindest teilweise verschiedene neue Methoden übernommen, die verschiedene Typen von »Luftmassen« unterschieden, die ihren Ursprung an den Polen oder in den Tropen hatten. Der militärische Begriff »Fronten« war von den Norwegern eingeführt worden, um die Ränder dieser Wettermassen zu bezeichnen.
    Fronten sind graphische Repräsentationen der beweglichen Grenzen von Wettersystemen; sie sollen eine klare Kante durch die Schattierungen der Kontinuität des Ganzen ziehen. Sie sind eine Art Phantomabriegelung, als würde man den Geist der Veränderung in einer Linie gefangen halten; aber nichtsdestoweniger sind sie sehr hilfreich und weisen auf die Bildung von Mustern hin.
    Wieder wurde ich abgelenkt, diesmal vom Nebelhorn eines anderen Schiffs. Am meisten fielen auf dieser Fahrt die zahlreichen anderen Schiffe auf. Das Wasser war voll davon. Dampfschiffe und Beiboote und Schlepper, Motorbarkassen, Lastkähne, Fregatten, Truppentransporter ...
    Die Truppentransporter waren am beeindruckendsten von allen und machten ihren großen Namen alle Ehre:
Queen of Bermuda, Aquitania, Empress of Britain ...
Sie füllten die Luft mit grauem Rauch, während sie Soldaten des britischen Weltreichs und der Vereinigten Staaten entweder in Ausbildungslager auf Cowal und weiter im Norden oder zu ihren Kampfeinsätzen an den verschiedenen Kriegsschauplätzen brachten.
    Ryman hatte ein numerisches System entwickeln wollen, das das norwegische System und das FitzRoys ergänzen und möglicherweise ersetzen sollte, indem es die Ausmaße und Grenzen der Wettersysteme mathematisch verarbeitete. Der Kern des Ganzen war seine Zahl, eigentlich ein Verhältnis, wie ich sicher schon gesagt habe. Sie bezeichnete den Grad der Turbulenz in einem Wettersystem, das sich entwickelt, und gab das Verhältnis von Wind und Wärme als positiven oder negativen Zahlenwert an.
    Umgeben von all den Tauen und Schiffen, kam mir plötzlich die Idee, dass ich mir das Ganze einfach als eine Art Sprungbrett für die schwierigere Aufgabe vorstellen konnte, die noch vor mir lag. Wenn die Ryman-Zahl positiv ist, nimmt die Turbulenz ab, weil die Strömung dynamisch stabil ist. Kaltluft verringert den aufrauenden Effekt, wenn Wind über eine Oberfläche weht oder wenn ein Wind auf einen anderen aus einer anderen Richtung trifft. Es ist wie ein Tauziehen - an der einen Seite ziehen diese Windunregelmäßigkeiten, an der anderen die beruhigenden Einwirkungen der Kälte -, und die Kälte gewinnt.
    Ist die Zahl negativ, nimmt die Turbulenz zu. Die Strömung ist dynamisch instabil. Höhere Temperaturen schaffen Auftrieb, der kombiniert mit Windunregelmäßigkeiten größere, schneller drehende Wirbel produziert. Dann ist es wie ein Rennen zweier Schiffe. Das Schiff der windgenerierten Turbulenz gegen das Schiff der temperaturgenerierten Turbulenz.
    Wie es aber bei jedem Rennen eine Ziellinie geben muss, so erschöpft sich immer auch irgendwann die Turbulenz, zumindest lokal. Sie geht von großen Wirbeln auf immer kleinere über, bis der Prozess irgendwo im weiteren System wieder von neuem beginnt. Gewissermaßen ist es so, wie ich es Sir Peter bei unserem Gespräch erklärt hatte: Die kinetische Energie von Wirbeln an einem Ort wird in potentielle Energie umgewandelt, die an einem anderen Ort Turbulenz auslöst. Es ist so, wie wenn man einen Störenfried von einer Schule wirft, nur damit er an eine andere geht und dort für Probleme sorgt - nicht dass man Turbulenz immer als Problem sehen sollte. Ganz und gar nicht.
    Ich hörte Rufe und sah übers Wasser. Mit ihren grünen Helmen und Uniformen auf den Decks zusammengedrängt, winkten uns die Soldaten von einem der riesigen Truppentransporter. Einige der anderen Passagiere winkten zurück, und dann erreichte uns die Bugwelle des Ungetüms, die die
Wee Lome
zum Schaukeln brachte. Bald schon sollte ich die Ankerplätze einiger dieser Riesenschiffe im Holy Loch (meinem Ziel) und im Loch Long sehen.
    Während wir nebeneinanderher fuhren, wurde mir klar, dass der

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