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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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Mantel, der hinter ihr flatterte wie der Schleier einer Todesfee, kam sie auf mich zu, als ich ins Polizeiauto gesteckt wurde. Sie hielt ihre Haselgerte in der Hand, und einen Augenblick lang dachte ich, dass sie die Arbeit ihres Mannes fortsetzen würde, doch sie beugte nur ihr Drachengesicht zum Autofenster herunter.
    Sie nickte eher sich selbst zu als mir und sagte: »Ich hatte recht mit Ihnen. Gefährlich.« Das war eine Meinung, der ich mich nur anschließen konnte.
    Dann wurde ich zum Verhör nach Dunoon gefahren. Ich sagte dem Inspektor, dass ich meine Pflicht getan und versucht hatte, das deutsche Flugzeug vom Himmel zu holen. Es dauerte vier Stunden, bis ich entlassen wurde. Vier Stunden Fragen beantworten und Aussagen unterschreiben. Am Ende wurde meine Erklärung akzeptiert, das Ganze sei ein schrecklicher Unfall gewesen. Bei meiner Entlassung wurde ich angewiesen, mich ausgerechnet bei Whybrow zu melden.
    Es kümmerte mich nicht besonders, was dieser Dummkopf dachte, aber ich machte mir doch Sorgen darüber, wie sehr er Sir Peters Meinung beeinflussen konnte. Doch Whybrow zeigte nicht die Schadenfreude, die ich erwartet hatte. Er schien genauso schockiert von dem Ereignis wie ich.
    Mit milder Stimme sagte er, ich solle umgehend zurück nach London fahren und mich bei Sir Peter melden. »Ich habe den Eindruck, dass Sie völlig unverantwortlich gehandelt haben«, setzte er fort. »In dieser wie in anderen Angelegenheiten. Ich werde dem Direktor einen vollständigen Bericht schreiben.«
    Ich ging Joan und Gwen suchen, aber ich fand ihr provisorisches Atelier völlig leergeräumt vor. Die Matratzen, die Spiegel, die Staffelei und die anderen Malutensilien - nichts war mehr da. Ich stieg wieder nach unten und ging zu den Frauenunterkünften, um nachzufragen.
    Eine missmutig wirkende Mitarbeiterin mit Nadeln im Haar kam an die Tür. Sie informierte mich, dass Gwen und Joan in eine andere Einheit versetzt worden waren. Whybrow hatte sein Versprechen gehalten. Deshalb war er so mild gewesen. Er musste geahnt haben, dass ich nach den beiden suchen würde.
    In einem kastenförmigen grünen Bus kehrte ich nach Kilmun zurück, um für die Rückreise in den Süden zu packen. Während ich zum letzten Mal durchs Dorf ging, öffnete jemand ein Fenster und rief etwas zu mir herunter.
    »Mörder!« - das war es, was ich hörte.
     

10.
    Der Morgen und der Anfang meiner langen Reise nach Süden zur Abrechnung bei Sir Peter brachten nur noch mehr Scham. Während ich auf die Fähre nach Gourock wartete, erschien kein anderer als Pfarrer Grant, der damals so wütend von Rymans Tisch aufgestanden war.
    Der Hang zum bombastischen Wortschwall hatte ihn wohl verlassen. »Ich verstand mich nicht allzu gut mit ihm, wie Sie sicher wissen. Aber er war hier sehr beliebt. Wussten Sie, dass er der Prophet genannt wurde? Also schlägt Ihnen im Dorf jetzt leider eine gewisse Feindseligkeit entgegen. Es ist wohl wirklich das Beste, dass Sie gehen.«
    Ich nickte abwesend und sah mir die Fähre an, die sich dem Kai näherte, wobei ihre Schraube und Abgase das Wasser aufwirbelten, während der Kapitän das Schiff in Position manövrierte.
    Grant erzählte mir, dass Rymans Leiche von einem Bestattungsunternehmen abgeholt worden war. »In seinem Testament hatte er angeordnet, dass er eingeäschert werden wollte. Ein Rationalist bis zum Letzten.«
    »Ist Mrs Ryman informiert worden?«
    »Ja.«
    »Kommt sie zurück?«
    »Ich weiß nicht.« Dann warf er mir einen gebieterischen Blick zu, voll der gesamten Autorität der schottischen Kirche. »Ich weiß nur, dass ihr Mann wegen eines Schuljungenstreichs gestorben ist. Sind Sie deswegen hierhergekommen?«
    »Natürlich nicht. Ich bin gekommen, weil ich wissen wollte - wie man das Wetter vorhersagt.« Jetzt kehrte der alte Grant zurück, der Grant des Abendessens und des Alten Testaments. »Sie sollten mal Hiob lesen, junger Mann. >Gott tut große Dinge, die wir nicht begreifen. Er spricht zum Schnee: ,Falle zur Erde!' und zum Platzregen, so ist der Platzregen da mit Macht... Weißt du, wie die Wolken schweben, die Wunder des Allwissenden?« Nein.
    Ich weiß es nicht.
    Ich kann es nicht berechnen.
    Das sprach ich allerdings nicht aus, sondern ich nickte nur und wandte mich ab, der anlegenden
MacBrayne
zu, die bereits den Anker hinabrasseln ließ.
    Auf der anderen Seite des Wassers nahm ich in Gourock den Pendelzug nach Glasgow. Das Licht stach unangenehm durch die Hecken am Rande der Bahntrasse.
    In

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