Die gepluenderte Republik
»internationaler Experte« vorgestellt wird. Außerdem ist er Professor für Finanzwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Aufgrund seiner Nebenjobs in der Versicherungsbranche – er sitzt im Aufsichtsrat der ERGO Versicherungsgruppe sowie der Volksbank Freiburg und ist Berater der Victoria Versicherung AG – tritt er natürlich für die kapitalgedeckte private Altersvorsorge ein. Dass er außerdem Mitglied des Kuratoriums der Augustinum-Gruppe ist, die dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche angehört, spricht weniger für Raffelhüschen als gegen die Kirche.
9. Arnulf Baring,
geboren am 8. Mai 1932 in Dresden, ist Geschichtsprofessor, Talkshowdauergast und eifriger Unterstützer der INSM. 1983 flog er aus der SPD, weil er im Bundestagswahlkampf die FDP unterstützt hatte. Seither schreibt er Bücher wie
Scheitert Deutschland?
oder
Es lebe die Republik, es lebe Deutschland!
und verbreitet marktradikales und deutschnationales Gedankengut. So verteidigte er im Jahre 2003 den Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, den die CDU wegen Antisemitismus ausgeschlossen hatte. Bei einem Auftritt während einer CDU-Veranstaltung im September 2006 hatte er laut
Frankfurter Rundschau
die Nazi-Verbrechen als »beklagenswerte Entgleisung«, die Darstellung der Judenvernichtung als »einzigartiges und unvergleichbares Verbrechen« als »übertrieben« bezeichnet und sich für das Ersetzen des Wortes
Integration
durch
Eindeutschung
stark gemacht. 108
Unvergessen bleibt sein
FAZ
-Artikel »Bürger, auf die Barrikaden«, in dem er Ende 2002 »Deutschland auf dem Weg zu einer westlichen DDR« wähnte und unter der Losung »Wir sind das Volk« zu einer Revolution für marktradikale Reformen aufrief.
Im Oktober 2008 kritisierte
Zeit
-Redakteurin Susanne Gaschke Barings »dröhnendes Schweigen« zur Finanzkrise. Jahrelang hätten er und andere alle Schuld an Fehlentwicklungen dem Staat und den Politikern angelastet. Als sich aber das Verhalten von Bankiers und Spekulanten als viel größere Krisenursache entpuppt habe, schwiegen die »Neunmalklugen«. 109
10. Die Propagandisten der Ausplünderung – Die INSM
Unsere »Experten« liefern politischen Dadaismus in Reinkultur, und ihre wortreichen Statements wirken wie die Antwort der deutschen »Eliten« auf den Dada-Klassiker
Drei Chinesen mit dem Kontrabass.
Ihre Zielgruppe sind allerdings nicht – auch wenn sie zehnmal in Regierungskommissionen sitzen – die Macher und Entscheider: Die können mit diesem Nonsens sowieso nichts anfangen. Es ist vielmehr die Heerschar der Halbgebildeten: Nicht zu blöd, um eine Talkshow einzuschalten oder sich den
Spiegel
zu kaufen, aber auch nicht klug genug, die Inhalte als Mischung aus Schwachsinn und Indoktrination zu erkennen.
In einer formalen Demokratie muss die Politik Mehrheiten nicht nur bei Wahlen, sondern zumindest teilweise für ihre Aktionen gewinnen, um das Land sturmreif zu machen für die grenzenlose Ausplünderung. Und genau dies ist die Aufgabe des Arbeitgeberflaggschiffs Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Man betreibt »Kooperation« unter anderem mit Printmedien wie
Wirtschaftswoche, Financial Times Deutschland, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Focus
und
Handelsblatt.
Dessen Chefredakteur Bernd Ziesemer moderierte am 2. Juni 2009 eine Podiumsdiskussion auf einer INSM-Veranstaltung im Berliner Nobelhotel Adlon. Mit der INSM hat Ziesemer keinerlei Probleme: »Die Lobbyarbeit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft richtet sich auf viele Ziele, die wir im
Handelsblatt
ausdrücklich teilen.«
Berüchtigt sind auch die INMS-Rankings für Bundesländer und Städte. Hier werden diejenigen Länder und Kommunen ausgezeichnet, die den Superreichen, Bankstern und Konzernen die besten Voraussetzungen für die skrupellose Ausplünderung unseresGemeinwesens bieten, während der »Bildungsmonitor Bestandsranking« und der Titel »Reformer des Jahres« die höchstmögliche neoliberale Indoktrination und Verblödung würdigt, wohingegen halb sozial denkende Personen als »Blockierer des Jahres« verunglimpft werden. Diese Rankings, deren Maßstab fast ausschließlich die Ziele der INSM sind, werden dennoch von den Printmedien häufig kritiklos und ohne Aufklärung über die Quelle übernommen.
Fast noch schlimmer sieht’s im Fernsehen aus. So berichtete das ARD-Magazin
plusminus
schon am 13. Oktober 2005, dass die Talkshow-Dauergäste der INSM zuweilen zu dritt in einer
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