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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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bis die Hecke plötzlich den Blick auf offene Felder beidseits des Weges freigab.
    Die Felder waren bis zur nackten Erde abgebrannt. Bäume, unter viel Mühen als Windschutz gegen den heftigen Wind vom Hügelland und von den Mooren gepflanzt, hoben sich als verkohlte Skelette vor dem dunkler werdenden Himmel ab. An den kahlen Ästen baumelten Fetzen. Im Näherkommen sah Portia, dass die Fetzen Leichen waren und sich mit dem auffrischenden Wind drehten. Sie hingen wohl schon mehrere Tage da und trugen die Farben von Lord Newcastles königlichen Truppen.
    Portia wandte sich geschockt ab. Verwesungsgeruch, leere Augenhöhlen, schwarze Krähenschwärme, die ihr grausiges Mahl krächzend umkreisten, dies alles bereitete ihr Übelkeit.
    Als sie dem schrecklich en Anblick entfliehen wollte, vernahm sie jämmerliches Gewinsel ganz schwach aus dem Graben neben dem Galgenfeld. Sie wollte das Geräusch ignorieren, doch es verfolgte sie, mitleiderregend und dennoch beharrlich wie in letzter Verzweiflung. Schließlich machte sie kehrt und hielt auf das Geräusch zu, während sie es vermied, zu den Gehenkten hinzusehen.
    Das Geräusch kam von einem Hündchen, das erst wenige Wochen alt sein konnte.
    Sicher nicht alt genug, um ohne Mutter zu überleben. Es lag im Graben und blickte sie aus glänzenden braunen Augen unter verfilztem Fransenhaar hervor flehentlich an. Sein senfgelbes Fell strotzte vor Disteln und Schmutzknötchen.
    »Ach, du armes kleines Ding«, murmelte Portia, in der sich sofort Mitleid mit dem verlassenen Tierchen regte. Als sie sich nach ihm bückte, spürte sie es zittern, ganz Haut und Knochen und Nässe. Ein Stück Stoff hing ihm um den mageren Hals, der Fetzen einer königlichen Flagge.
    Unwillkürlich warf Portia einen Blick zum Schlachtfeld hin. War das Hündchen ein Truppenmaskottchen? Gut möglich.
    Ein Maskottchen, das in den Nachwehen der Gräuel zu verhungern drohte.
    »Komm, Hündchen. Irgendwie drängt sich mir der Eindruck auf, wir beide haben viel Ähnlichkeit.« Sie steckte das Tier unter ihren Mantel, drückte es an ihr Herz und spürte seinen Herzschlag und das Beben, das langsam nachließ, als der Hund sich erwärmte.
    Nun galt es, ein Nachtlager zu finden. Es war fast ganz finster, der aufkommende Wind brachte noch mehr Kälte. Die plündernden Haufen der Parlamentstruppen, die hier gewütet hatten, konnten sich noch in der Gegend aufhalten. Selbst wenn sie längst über alle Berge waren, würden die Bauern einer Fremden aus Angst argwöhnischer als sonst begegnen.
    Sie erreichte eine kleine Ansiedlung etwa zwei Meilen weiter an der Straße. Die Häuser waren fest verschlossen, nur die dünnen Rauchfahnen über den Schornsteinen zeigten an, dass sie bewohnt waren. Sie wählte das Haus, das der kleinen Kirche am nächsten war und klopfte mit einer Kühnheit, die sie nicht empfand, an die Tür.
    Keine Antwort. Wieder klopfte sie und wartete. Kein Laut, kein Lebenszeichen. Und doch wusste sie, dass jemand vor dem Feuer sitzen musste, dessen Rauch sich über dem Dach kräuselte. Wieder klopfte sie an und rief leise und beruhigende Worte. Vielleicht würde man einer Frau eher öffnen.
    Nichts. Sie ging zurück zur Straße und betrachtete von dort aus das Haus, das sich inmitten eines kahlen Gemüsegartens duckte. Die Fensterläden waren geschlossen und ließen auch nicht den winzigsten Lichtstrahl durch.
    Portia schauderte zusammen. So allein und verzagt hatte sie sich noch nie gefühlt. Und sie hatte große Angst, vor einem Überfall ebenso wie vor der Kälte, da kein Mensch eine eisige Februarnacht im Freien überleben konnte. Das Hündchen winselte leise. Es musste fast verhungert sein. Ob es alt genug war, um Brot, Fleisch und Käse zu fressen?
    Aber als erstes mussten sie sich vor der eisigen Nacht in Sicherheit bringen. Der Himmel war schwarz und wolkenverhangen, der Wind wurde immer stärker. Die Kirche würde Zuflucht bieten. Drinnen war es zwar auch kalt und die Bänke hart, doch würden sie vor dem Wind und vor Menschen sicher sein.
    Sie öffnete die Friedhofspforte und ging den Weg zur Kirche entlang, einem gedrungenen normannischen Bau aus grauem Stein mit einem Rosettenfenster über der gewölbten Eichentür. Portia hob den Riegel und lehnte sich gegen die Tür, ein Stoßgebet auf den Lippen, sie möge unversperrt sein. Laut knarzend öffnete sich die Tür auf einen dunklen, feuchten Vorraum.
    Portia stand da und versuchte, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Langsam nahmen das

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