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Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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scheinen das Sagen gehabt zu haben. Eines aber ist den Römern klar: Dieser riesige Tross, der seit fast 20 Jahren plündernd und brandschatzend durch Mitteleuropa vagabundiert, muss aufgehalten werden. Und die Gefahr wird konkret: Im Jahr 102 ziehen die Stämme auf verschiedenen Wegen südwärts – nach Italien. »Auf die Kimbern fiel das Los, von Norden her gegen Catulus zu marschieren«, berichtet Plutarch, »die Teutonen und Ambronen sollten die Küste entlang durch Ligurien gegen Marius ziehen.«
    Rom hatte also von den Plänen Wind bekommen. Während Konsul Quintus Lutatius Catulus die Alpenübergänge verteidigen soll, entscheidet Marius, dem Feind im Rhônetal entgegenzumarschieren. Er hat 32000 Mann zur Verfügung, rund sechs Legionen, dazu Hilfstruppen. An der Mündung der Isère in die Rhône, nördlich des heutigen Valence, schlägt er sein Lager auf – eine kluge Entscheidung, denn von hier aus überwachen seine Späher sowohl das westliche Alpenvorland als auch das Gebiet bis zum Mittelmeer. Der Fluss dient als Nachschubroute für die hungrige Armee. Jede Woche benötigen die Legionäre rund 230 Tonnen Getreide, Futter für die Tiere noch nicht eingerechnet. Dagegen leben die Germanen vom Lande; ist es ausgeplündert, müssen sie weiterziehen. Die Römer folgen ihnen, halten enge Fühlung.
    Bei Aquae Sextiae (heute Aix-en-Provence) kommt es eher zufällig zum Treffen, als römische Hilfstruppen Wasser holen. Die Ambronen greifen an, werden aber zurückgeschlagen. Am folgenden Tag herrscht gespannte Ruhe. Beide Heere bereiten sich auf die Schlacht vor. Am nächsten Morgen geht Marius’ Plan, den Feind mit seiner Kavallerie auf einen Hügel zu locken, auf. Die mit wildem Kriegsgeschrei bergan stürmenden Teutonen unter König Teutobod verlieren ihren Angriffsschwung und werden von der römischen Phalanx talabwärts gedrängt. Nun fallen ihnen 3000 Legionäre in den Rücken. Die hinteren Reihen beginnen zu straucheln. Plutarch: »Diese Wankenden aber brachten auch die vor ihnen Stehenden in Verwirrung und verursachten bald im ganzen Heer ein heilloses Durcheinander.«
    Die Besiegten wenden sich zur Flucht. Viele Tausende schlachten die Römer ab; auch gegen Frauen und Kinder gibt es keine Gnade. Mit den Knochen der Toten, so wird überliefert, seien Weinberge eingehegt worden; die verwesenden Kadaver sorgten jahrelang für üppige Ernten. Die wenigen Überlebenden werden versklavt, König Teutobod gefangengenommen. Er ist die Attraktion des Triumphzuges durch Rom. Wie Jugurtha wird er danach in den Katakomben erdrosselt. Teutonen und Ambronen verschwinden aus der Geschichte. Aber noch drohen die Kimbern.
    Ein Jahr später kommt der entscheidende Augenblick. Prokonsul Catulus bezieht mit seinen 20000 Legionären Stellung nahe der Stadt Vercellae, heute Vercelli. Marius, der Sieger von Aquae Sextiae, steht ihm bei; zusammen befehligen sie wohl 50000 Mann. Wie viele Krieger die Kimbern unter Boiorix aufbieten können, ist ungewiss. Hier im Piemont westlich von Mailand, auf den Raudischen Feldern, wird Ende Juli 101 das Schicksal des Stammes besiegelt.
    Wenn man dem spätantiken Historiker Paulus Orosius glauben kann, spielen sich entsetzliche Szenen ab: »Die Frauen entfachten eine fast noch härtere Schlacht, als sie die Wagen wie ein Lager aufbauten und die Römer lange abwehrten. Doch als diese sie mit einer neuen Art des Mordens erschreckten – sie schnitten nämlich die Kopfhaut mitsamt dem Haar ab und ließen sie so zurück –, richteten sie das Schwert gegen sich und die Ihren.« Manche sollen eine Schlinge aus ihren Haaren gemacht und sich an den Bäumen erhängt haben. Nur wenige hundert Tote haben die Römer zu beklagen. Die Kimbern dagegen sind ausgelöscht, ihre Anführer sterben mit ihnen.
    Damit ist die Bedrohung aus dem Norden für die Römische Republik erst einmal gebannt. Aber die Erinnerung an die frühen Niederlagen lebt fort: Cäsar beschwört später die Angst vor dem »furor teutonicus«, um seine politischen Ziele zu erreichen. Und der Satiriker Juvenal erinnert noch um 115 nach Christus an die »terribiles Cimbri«, die schrecklichen Kimbern.

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