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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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wurde nicht aufgefordert, sich anzuschließen, worauf er gehofft hatte, doch blieb ihm wenigstens die Genugtuung, dass auch keinem anderen germanischen Stammesführer diese Ehre zuteil wurde. Arminius, den er eifersüchtig beobachtet hatte, war jedenfalls auch nicht dabei. Der schien sogar, was er respektlos fand, schon vor dem Legaten das Festgelage verlassen zu haben.
    Stumm und missgestimmt kehrte Segestes mit Nelda zu den Zelten am Flussufer zurück. Während er sich sofort auf sein Lager warf, saß sie noch lange draußen am Wasser, genoss die Sommernacht und den Anblick des majestätischen Stroms mit seinen im Mondlicht schimmernden Wellen. Nach dem Lärm und den Aufregungen des Gelages tat ihr die nächtliche Stille gut, denn sie dämpfte den Schmerz, der immer wieder in ihr aufzuckte. Sie nahm sich vor, nun endlich vernünftig zu sein, eine liebende, treue Braut zu werden und Arminius zu vergessen.
    Wenn es sich irgendwie einrichten ließe, wollte sie ihm auch in diesem Sommerlager nicht wieder begegnen.

 
11
     
    An Abwechslung fehlte es nicht in den nächsten Tagen.
    Vater und Sohn Sempronius führten Nelda im Lager umher und taten alles, um sie schon jetzt an das Stadtleben, das sie erwartete, zu gewöhnen. Gemeinsam geleiteten sie sie durch die Gassen der Händler, wo sie nie gesehene, seltene, herrliche Dinge bewundern konnte. Allerdings wagte sie bald kaum noch, vor einem der Tische mit den Auslagen stehenzubleiben, weil schon der Blick auf ein seidenes Tuch, einen Ring oder ein Armband von ihren Begleitern als Wunsch verstanden und unverzüglich erfüllt wurde. Dann musste sie ihren künftigen Schwiegervater umarmen und sich bei Gaius mit einem Kuss bedanken, was sie immer noch Überwindung kostete.
    Eine eigenartige Welt begegnete ihr, als die beiden sie in ein Zelt führten, in dem grotesk kostümierte Mimen ein Possenspiel aufführten. Sie verstand nur wenig und erschrak immer wieder über die krachende Heiterkeit, welche die derben Späße, die Sprünge und Balgereien auf dem Podium ringsum unter den Zuschauern auslöste. Noch befremdlicher fand sie das Schauspiel einer von Sklaven aufgeführten Seeschlacht in dem kleinen Flusshafen. Das Wasser war zum Schluss mit brennenden Bootstrümmern übersät und vom Blut vieler Verletzter und sogar eines Toten gefärbt. Ein einziges Schiff mit einer sehr schönen Frau an Bord entkam der allgemeinen Vernichtung, indem es auf den Fluss hinausfuhr, und der Senator erklärte Nelda, dies sei der Schlacht bei Actium mit dem glorreichen Sieg des Augustus nachgebildet und die Schauspielerin auf dem Schiff stelle Kleopatra dar, die verloren hatte und floh.
    Grellbunt und aufregend waren diese Tage und es gab auch so manche Annehmlichkeit für Nelda. Ein römisches Bad mit allen Raffinessen war etwas anderes als der spärliche Wasserstrahl in ihrer Höhle. Sie verließ es, nach Pomade duftend, mit gekräuseltem Haar, gezupften Augenbrauen und blauem Lidstrich und genoss das Entzücken ihrer Bewunderer. Als sie dann aber in ihren neuen Silberspiegel blickte, fand sie sich etwas lächerlich, wusch rasch ihr Gesicht und versuchte, die Haare wieder zu glätten. Fast täglich folgten die beiden Sempronier und ihr Vater irgendeiner Einladung, gewöhnlich von einem der vornehmen, reichen Besucher aus Italien oder Gallien. Da es an weiblichen Gästen mangelte, erregte Nelda jedes Mal Aufsehen, zumal sie ein so gutes Latein sprach und über eine erstaunliche Bildung verfügte. Es gelang ihr immer besser, die Schüchternheit und Unsicherheit der ersten Tage zu überwinden. Bald zweifelte niemand mehr daran, dass sie sich auch unter den dünkelhaften Damen der römischen Gesellschaft als Gattin des Gaius Sempronius behaupten würde.
    Alle diese Vergnügungen und Erfolge konnten jedoch ein schleichendes, sich immer wieder bemerkbar machendes Unmutsgefühl nicht betäuben. Seltsame Geschäftemacher tauchten auf und umlagerten ihren Vater, den Senator und ihren Bräutigam. Diese Negotiatoren, vom römischen Staat gefördert, brachten Geld in die neue Provinz und versuchten, noch mehr davon herauszuholen. Von der Aufteilung des eroberten Landes war die Rede, von großen Gütern mit Wäldern und Wiesen, deren Ankauf vom Fiskus sie vermögenden Herren vermitteln wollten. Für die Arbeit auf diesen Gütern stand ein wachsendes Sklavenheer bereit, ehemals freie Bauern, die ihre Abgaben nicht mehr leisten konnten und alles veräußern mussten – am Ende ihre Freiheit. Viele hatten

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