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Die Germanin

Titel: Die Germanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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der Ankunft in das Festzelt, in dem Varus die großen Gelage veranstaltete, während er sich für die kleinen, im vertrauten Kreise, auf seine Galeere zurückzog. Hier sah Nelda ihren Bräutigam Gaius wieder und wurde seinem Vater, dem Senator Lucius Sempronius, vorgestellt. Der quicklebendige alte Herr, den man trotz seiner grauen Schläfen und gerundeten Körpermitte für den älteren Bruder seines Sohnes halten konnte, war gleich so von ihr eingenommen, dass er ihr kaum von der Seite wich. Er hakte sich bei ihr und Gaius unter und führte die beiden zu seinem Freund Varus. Der Statthalter war nicht weniger von Nelda beeindruckt. In seiner Ansprache während des Festmahls erwähnte er die Heirat, rühmte die Schönheit der Braut, die einen Praxiteles begeistert hätte, und beglückwünschte den Senator zu einer solchen Schwiegertochter. Lobende Worte fand er auch für ihren Vater Segestes und dessen unverbrüchliche Bündnistreue.
    »Möge diese Verbindung zweier edler Geschlechter ein Beispiel für die Zukunft sein, in der Römer und Germanen für immer in Freundschaft und Treue vereint sein werden!«, rief er begeistert unter dem Beifall der Gäste.
    Zu all dem lächelte Nelda – und stand dabei Qualen aus. Nicht die Aufregung beim Wiedersehen mit ihrem Bräutigam und der ersten Begegnung mit seinem Vater hatten ihr Herzklopfen verursacht. Die Lobpreisungen und Schmeicheleien der hoch gestellten Persönlichkeiten berauschten sie nicht. Fast gleichgültig nahm sie das alles wahr, so wie man, von Schmerzen geplagt, nicht imstande ist, etwas Angenehmes zu genießen.
    Im Festzelt befand sich auch Arminius. Von Segithank hatte sie bereits zuvor erfahren, dass er im Sommerlager des Statthalters zu den hochgestellten Gästen zählte. Er trug seine römische Uniform mit allen Auszeichnungen und saß unter Tribunen und Präfekten auf einem Ehrenplatz in der Nähe des Gastgebers. Auch diesmal war Nelda betroffen, weil sie ihn wieder so verändert fand, dass er dem, den sie zuletzt gesehen hatte, dem strengen, ernsten Wintergast auf dem Wehrhof, kaum noch ähnelte. Unter seinesgleichen, den römischen Offizieren, schien er sich wohlzufühlen, er trank und scherzte mit ihnen, brach immer wieder in lautes Gelächter aus. Er wirkte verjüngt, die lange Narbe verlor sich unter dem nach römischer Mode tief in die Stirn gekämmten Haar. Weiß und nach wie vor lückenlos blitzten die Zahnreihen im gebräunten Gesicht. Einmal sah er sich nach dem Tisch um, an dem sie unter ihr unbekannten Frauen und Mädchen saß, bemerkte sie ohne besonderes Erstaunen, nickte ihr zu und wandte sich wieder ab, bevor sie den Gruß erwidern konnte. Später sah sie ihn vor dem Festzelt umhergehen, diesem und jenem auf Schulter und Rücken klopfen, einem anderen lachend zuwinken.
    Schon bevor sie die Reise antrat, hatte sie sich vor diesem Tag gefürchtet. Im Grunde war sie es ja, die das gegenseitige Versprechen gebrochen hatte, wenn auch unter dem Zwang der Verhältnisse. Seine Botschaft, sie möge »standhaft und geduldig« sein, hatte er nie widerrufen, allerdings auch nichts getan, was ihr, einem achtzehnjährigen Mädchen, das unter der Vormundschaft eines übermächtigen Vaters stand, den Mut und die Kraft dazu gegeben hätte. Nichts hatte er unternommen, um ihrer Verbindung mit dem Römer, von der er natürlich erfahren hatte, zuvorzukommen. Und dass er den Statthalter die bevorstehende Heirat preisen hörte, schien seiner guten Laune nicht den geringsten Abbruch zu tun. Nelda musste sich eingestehen, dass nun das allerletzte Fünkchen Hoffnung verglommen war. Obwohl sie sich seit Monaten, seit jenem Besuch im Winter, gezwungen hatte, nicht mehr an Arminius zu denken, war sie doch töricht genug gewesen, von Zeit zu Zeit – meist in der Einsamkeit ihrer Höhle – allerlei abenteuerliche Geschichten zu spinnen, mit einem glücklichen Ende für die Liebenden. Noch auf der Reise an den Visurgis hatte sie den heimlichen Wunsch nicht unterdrücken können, der Geliebte möge nur ihretwegen dorthin kommen und die Gelegenheit nutzen, sie zu entführen und auf seinen Herrenhof zu bringen.
    Der Abend schien ihr ewig zu dauern. Sie wurde noch mehreren bedeutenden Männern vorgestellt, man bewunderte ihre Schönheit und ihr Latein und sie musste einige kluge und viele alberne Fragen beantworten. Endlich brach der Statthalter auf und zog sich mit wenigen Vertrauten, zu denen auch die beiden Sempronier gehörten, auf seine Galeere zurück. Segestes

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